Zum sechsten Mal holt die 13 Jahre alte Chantal Schröder den WM-Titel. Bei acht Top-Turnieren verlor sie nur einmal

Quickborn. Die frohe Botschaft erreichte die Heimat diesmal aus Taranto, der knapp 200.000-Einwohner-Stadt im Süden Italiens. Sie ist aber auch schon aus Sydney in Australien, aus dem spanischen Cadiz und der slowakischen Hauptstadt Bratislava gekommen.

„Chantal ist wieder Weltmeisterin im Kickboxen“, hat Jacqueline Schröder, die vier Jahre ältere Schwester, Verwandte, Freunde und Mitschülerinnen über Facebook wissen lassen. Es ist bereits das sechste Mal, dass die inzwischen 13 Jahre alte Chantal Schröder mit einem Weltmeistertitel montags ihre Klasse der Gesamtschule in Quickborn betritt. Die Zahl der EM-Titel und erst recht die nationalen Triumphe hat das zierliche, eher stille Mädchen lange nicht mehr addiert.

Nun muss man berücksichtigen, dass Kickboxen, Kung Fu, Karate, all diese Kampfsportarten, überwiegend in kommerziell betriebenen Sportschulen angeboten werden. Das wiederum hat zur Folge, dass es noch zahlreichere Weltverbände als bei den Profiboxern gibt. Und damit auch eine Inflation von Titeln.

Aber die Schülerin aus Quickborn (8. Klasse) mit den langen blonden Haaren hat nicht nur bei der WM der World Karate & Kickboxing Commission (WKC) in Italien triumphiert. Sie ist in dieser Saison bei acht großen internationalen Turnieren, unter anderem den Irish Open in Dublin mit 2900 Teilnehmern, nur ein einziges Mal besiegt worden. Man darf also sagen: Chantal Schröder, dieses 1,51 Meter große und 34 Kilogramm leichte Persönchen, ist das gefährlichste Mädchen in der internationalen Kickbox-Szene. Das Hamburger Abendblatt hat bei ihr nachfragt, wie sie mit den Erfolgen umgeht.

Abendblatt:

Chantal, du warst vier Jahre alt, als du mit deiner größeren Schwester und mit den Eltern zum Kampfsport gefahren bist. Mit neun warst du das erste Mal Weltmeisterin. Gibt es noch Gegnerinnen, vor denen du Angst hast?

Chantal Schröder:

Ja. Beim Finale in Italien musste ich gegen eine Engländerin antreten. Die war kräftig und richtig wild. Ich habe gesehen, wie die ihre Gegnerinnen vor allem mit Fußtritten fertig gemacht hat. Vor der hatte ich schon ein bisschen Angst.

Aber Du kämpfst im Leichtkontakt, sind da nicht die harten, voll durchgezogenen Faust- und Fußstöße verboten?

Chantal:

Doch, wenn Blut fließt, heißt es bei uns, wird man disqualifiziert. In einem Kampf passiert es aber immer mal wieder, dass ein Schlag oder ein Tritt nicht rechtzeitig abgebremst werden kann.

Hat sie dich denn erwischt?

Chantal:

Einmal richtig, mit einem Tritt in die Seite, in die Niere. Das hat schon wehgetan. Na ja, ein bisschen vielleicht.

Aber wie hast du die wild agierende Engländerin dann so überlegen mit 10:5 Punkten besiegt?

Chantal:

Ich überlege vorher immer, wo eine Gegnerin ihre Schwachstellen haben könnte. Also habe ich mich nicht vor ihren Fußtechniken in Sicherheit gebracht, im Gegenteil. Ich bin in ihre Angriffe gestürmt und habe sie mit Fauststößen attackiert. Damit hat sie nicht gerechnet.

Hast du Gegnerinnen schon mal richtig weh getan und sie verletzt?

Chantal:

Einmal habe ich ein Mädchen mit dem Fuß über dem Auge getroffen. Die hatte einen Cut. Die Wunde hat anschließend stark geblutet. Eine andere habe ich hart im Bauch getroffen. Die hat sich am Boden gekrümmt.

Hattest du kein Mitleid?

Chantal:

Doch, die Gegnerinnen tun mir dann schon leid. Aber man muss aufpassen, dass man das nicht mit in den nächsten Kampf nimmt. Sonst wird man vielleicht selbst schwer getroffen.

Deine Mutter meint, du seist in der Grundschule so schüchtern gewesen, dass du kaum gesprochen hast. Als Sportlerin hast du meist mit der Schwester und den Eltern die halbe Welt kennengelernt. Sprichst du heute mit den Gegnerinnen aus Kanada, England oder Australien?

Chantal:

(lacht ein bisschen verlegen): Englisch zu sprechen traue ich mich noch nicht. Obwohl ich in der Schule eine Eins darin habe, in Sport auch.

Wie häufig trainierst du?

Chantal:

Montags, mittwochs und am Sonnabend fährt meine Mutter mich und meine Schwester zum Training nach Reinbek. Freitags haben wir dann Kung-Fu-Training in Uetersen, dazu kommen noch die Turniere.

Du hast genau wie deine Schwester mehr als 100 Pokale und Medaillen erkämpft. Warum gibt es hier gar keine Puppen?

Chantal:

(lacht): Ich habe noch nie mit Puppen gespielt, das ist mir zu kindisch.

Besitzt du denn ein Maskottchen?

Chantal:

Drei Stück. Ein Meerschweinchen, eine Maus und ein Nilpferd. Die haben alle ein Nationaltrikot an.

Was macht dir beim Kickboxen Spaß?

Chantal:

Das schönste im Kampf ist, wenn du spürst, dass die andere dich nicht schafft, dass du ihr überlegen bist. Ich mag auch das harte Training und vor allem, dass ich immer besser werde. Ich will gewinnen. Auch in der Schule. Immer.