Die schleswig-holsteinischen Landesmeisterschaften im Sacklochwerfen stehen an. Der SC Pinneberg richtet sie aus

Pinneberg. Ist doch klar, das Runde muss ins Eckige. Nix da, genau andersherum! Das Eckige, nämlich das kleine, rund 400 Gramm schwere Wurfsäckchen, muss ins Runde, also das Zielloch. Wie das funktioniert, demonstriert Jörn Timm aus Schenefeld in der kleinen Turnhalle der Pinneberger Theodor-Heuss-Schule. Ein eleganter Schwung, ein präziser Wurf – und mit einem leisen Plopp verschwindet das Getreide(säckchen) im Loch. Deshalb heißt der Sport auf Englisch Cornhole, was übersetzt Getreideloch bedeutet. Wer im Internet nach Informationen zu dieser noch ganz jungen Sportart sucht, der findet auch die Bezeichnung Sacklochwerfen…

Die Pinneberger Sacklochwerfer, Cornhole-Spieler oder Cornholer klingt deutlich besser, trainieren für ihre ersten Titelkämpfe auf heimischem Boden: Am Sonnabend, 16. November richtet der SC Pinneberg die schleswig-holsteinischen Landesmeisterschaften aus. Los geht es dann um 10 Uhr in der neuen Turnhalle der Johannes-Brahms-Schule am Fahltskamp. Und das Tolle daran ist: Nicht nur Zuschauer sollten sich diesen Termin merken, sondern auch, wer sich spontan entscheidet, mitzumachen, ist am 16. November dabei. Eine Qualifikation ist nämlich nicht erforderlich. Einfach bis zum 11. November bei der Geschäftsstelle des SCP, Telefon 04101/691713, anrufen oder bei Übungsleiter Kim Kant per E-Mail unter cornhole-pinneberg@gmx.de anmelden.

Dass der Weg zu Meisterehren im Cornhole auch für Anfänger frei ist, weiß der Pinneberger Kant am allerbesten. Im vorigen Jahr trat er spontan bei den allerersten Deutschen Meisterschaften in Hannover an, dort, wo die Hochburg der deutschen Cornholer ist – und wurde gleich mal Deutscher Meister. Der frischgebackene Titelträger baute dann in seinem Heimatort eine Cornhole-Gruppe auf. Die schlug sich bei den diesjährigen Titelkämpfen in Lindhorst/Niedersachsen beachtlich. Kim Kant wurde im Herren-Einzel Vierter, Annette Timm aus Schenefeld wurde sogar Deutsche Vize-Meisterin im Damen-Einzel.

Was aber muss er nun mitbringen, der ambitionierte Sackloch-Werfer? Jörn Timm spielt auch Tischtennis, sein Trainingspartner Sven Jeromin aus Waldenau ist aktiver Bogenschütze. „Jeder, vom Teenager- bis zum Seniorenalter, kann Cornhole spielen“, sagt Jeromin. Erfahrungen beim Boule, beim Kegeln oder auch beim Eisstockschießen können von Vorteil sein. „Wichtig ist auf jeden Fall, Spannung und Konzentration über einen längeren Zeitraum hoch halten zu können“, so Timm.

Er und Jeromin stehen sich im Trainingsspiel gegenüber. Abwechselnd werfen die Spieler je einen der vier mit Mais gefüllten Säcke in Richtung der leicht geneigten Zielfläche. Das Brett mit dem Loch ist dabei acht Meter weit entfernt. Die Wurftechnik ist individuell unterschiedlich: Der eine fasst das Säckcken an einem Zipfel und schleudert es, der andere drückt das Spielgerät in der Hand etwas zusammen und vollführt einen Unterhandwurf.

Erfahrene Spieler werfen auf jeden Fall im hohen Bogen, damit der Kornsack nicht zu flach auf dem Zielbrett aufkommt und wegflutscht. Landet das Wurfgeschoss direkt im Loch oder wird bei einem späteren Wurf hinein geschoben, gibt es für den Werfer drei Punkte, ein Sack, der zum Abschluss des Durchgangs auf dem Brett liegt, bringt je einen Zähler. Die maximale Punktzahl je Durchgang ist ergo zwölf.

Der Gewinner eines Durchgangs bekommt die Differenz zu den Punkten des Gegners gutgeschrieben. Für den Gewinn eines Satzes sind 21 Punkte erforderlich. „Ein Satz kann schon einmal 30, 40 Minuten dauern, sagt Sven Jeromin.

300 bis 400 aktive Cornholer, so die Schätzung der Pinneberger, gibt es in Deutschland. Die allermeisten von ihnen dürften das Spiel erstmals vor zwei Jahren im TV gesehen haben, in der Gameshow „Schlag den Raab“. Ist das alles also nur ein großer Partyspaß? Das sehen die Mitglieder der Pinneberger Cornhole-Trainingsgruppe anders. Susanne Holländer aus Hamburg sagt: „Klar, das macht großen Spaß. Aber wir alle machen das schon mit ernstem Hintergrund. Und am Ende eines Turniers hat man echten Muskelkater.“ Und auch Trainingspartner Thorsten Schulz aus Wedel, der früher „klassische“ Ballsportarten wie Fußball oder Basketball trainiert hat, meint: „Das ist für uns nicht nur etwas für die Gartenparty. Ich konzentriere mich sehr dabei.“

Erfunden hat den Sport übrigens keineswegs TV-Tausendsassa Raab. Schon nordamerikanische Indianer sollen ein ähnliches Wurfspiel vor Jahrhunderten gespielt haben. Im vorigen Jahrhundert wurde Cornhole, in den USA auch „Bean Bag“ genannt, an den Universitäten in Ohio und Michigan wieder-entdeckt. In den Vereinigten Staaten wurde aus dem Freizeitsport ein Wettkampfsport mit eigenen Ligen. „In den USA gibt es Turniere, bei denen wird um Preisgelder bis zu 20.000 Dollar gespielt“, sagt Jörn Timm.

Davon sind die hiesigen Cornholer natürlich noch weit, weit entfernt. Aber auch Jörn, Timm, Sven Jeromin und ihre Mitstreiter haben immer ein Ziel vor Augen – „den idealen Wurf“. Mit dem Eckigen ins Runde.