Olympiateilnehmer Kai Rüder schult Nachwuchsreiter in Halstenbek. Die brauchen gute Pferde, müssen vor allem aber Angst im Gelände ausblenden

Halstenbek. Georg Otto Heyser stand etwas abseits vom Geschehen, hatte sich an einen Baum gelehnt und verfolgte zufrieden lächelnd, was sich auf seinem Gelände am Brander Hof in Halstenbek abspielte. Der Altmeister der Dressur, seit dem Jahre 1956 auf dem Brander Hof zu Hause, beobachtete die Lehrlinge der Vielseitigkeit in ihrem Bestreben, einen Einstieg in einen neuen pferdesportlichen Bereich zu finden. Dort gilt es nicht nur gute Pferde zu satteln, sondern auch Mut für die Prüfungen im Gelände mitzubringen. Als Basis dafür fand zum ersten Mal ein Lehrgang für Vielseitigkeitsreiter statt, gemeinsam veranstaltet vom Kreisreiterbund Pinneberg und dem Garstedt-Ochsenzoller Reit- und Fahrverein.

Während Georg Otto Heyser, der bei mehreren Olympischen Spielen (Athen, Sydney, Hongkong, Dressurbeauftragter in London 2012) als Gastgeber fungierte, übernahm der ehemalige Olympiateilnehmer von 2000 in Sydney, Kai Rüder aus Blieschendorf auf Fehmarn, die Leitung des Lehrganges. 48 Teilnehmer aus der Region hatten sich letztlich angemeldet. Sie alle wollten testen, ob sie neben dem Talent für Springprüfungen und Dressur auch welches für das Geländerreiten mitbringen. Erst dann wäre die Voraussetzung für die Vielseitigkeit gegeben.

Ein Olympionike in Halstenbek? Das wollten sich die ambitionierten Bewerber nicht zweimal sagen lassen. So mancher der Teilnehmer erinnerte sich ja auch an die Drei-Sterne-Prüfung Ende September in Schenefeld und fing als Besucher Feuer. Jetzt bot sich selbst die Chance, Geländesprünge wie Gräben, Baumstämme oder Billardtische (50 Naturhindernisse) zu überwinden.

„Mitmachen sollten vor allem diejenigen, die im Gelände noch keine Erfahrung haben, aber in der Lage sind, einen E-Parcours zu absolvieren“, sagte Trainer Kai Rüder. Der 42-Jährige verweist darauf, dass heutzutage immer mehr Buschreiter unterwegs sind. Zeiten, in denen der Vielseitigkeit wegen diverser schwerer Stürze mit Todesfolge weltweit ein schlechter Ruf vorausging, scheinen vorbei zu sein. Ein verbessertes Sicherheitsdenken und höheres Verantwortungsbewusstsein aller Beteiligten trügen dazu bei.

„Wir wollen etwas tun für die Vielseitigkeit, und zwar mit System“, sagt Medienbeauftragte Melanie Mallon. „Anfänger sollen ein Feeling für den Sport entwickeln, ihr Bewusstsein schärfen und erst dann mit ihrem Pferd ins Gelände hinaus galoppieren.“ Für Reitschülerin Nadine Oszkinat aus Schenefeld war schon schnell klar: „Heute ist der Funke bei mir übergesprungen. Ich bin so richtig begeistert, weil ich alles gut umsetzen kann.“

Kai Rüder achtete vornehmlich darauf, dass nicht Übermut oder eine Fehleinschätzung des eigenen Leistungsvermögens und das des Pferdes nachteilige Auswirkungen hatten. Ein perfektes Beispiel, wie es geht, lieferte der erst zehn Jahre alte Nane Dehn aus Lutzhorn. Der junge Bursche fegte mit seinem Pony Bingo, 17, so souverän über die Hindernisse, dass mancher Erwachsene ins Staunen geriet – der Grundschüler war der Liebling aller Beobachter. Ohne Furcht nahm der Junge seinen Parcoursweg, der zuvor intensiv mit Coach Rüder besprochen wurde. Nene: „Gute Wege und ein richtiger Rhythmus sind das A. und O.“

Über viele Jahre war Kai Rüder erfolgreicher Springreiter bei internationalen Turnieren, jetzt lehrte er geduldig die Theorie. Eine kleine Kostprobe: „Ihr dürft nicht runtergucken und mit dem Oberkörper nicht zu weit vorne sein. Da könnt ihr schnell einen Abgang hinlegen, da die Körperbalance dann nicht mehr stimmig ist. Beim Antritt zum Hindernis und der Landung soll das Pferd auf einer geraden Linie sein. Also richtet den Körper auf, dann stimmt die Ausrichtung. Das Pferdemaul darf vor dem Absprung nicht gestört werden – Hand also runter. Nach dem Sprung bitte nicht nur Gas geben, sondern im leichten Sitz reiten. Speed, also ein gutes Grundtempo, braucht ihr. Nicht so sehr auf der Bremse stehen, eure Pferde haben genug Power.“

Von der Insel Fehmarn ist es eine weite Anfahrt nach Halstenbek. Eine Reise, die er schon mal vergeblich im März unternahm, da fiel der Lehrgang jedoch wegen der Folgen des langen Winters aus. Noch in diesem Jahr, im Dezember, soll am Brander Hof ein weiterer Lehrgang stattfinden. Vielleicht ist dann auch Finja Henning aus Appen dabei, deren unerfahrenes Pferd ungehorsam und nicht zu regulieren war, sodass Finja gar nicht erst starten konnte.