VfL Pinneberg besiegt Altona 93 im Spitzenspiel der Fußball-Oberliga mit 2:1. Joker Luis Diaz trifft doppelt

Pinneberg. „Altona 93 ist da“, sagte einer der Ordner, der vor dem Pinneberger Stadioneingang die leeren Bierflaschen einsammelte, ganz lässig. Die trinkfesten und sangesfreudigen Fans des Hamburger Traditionsclubs gaben dem Spitzenspiel der Fußball-Oberliga einen farbenfrohen Anst(r)ich. Danke dafür. Aber wie müssen sie doch immer wieder leiden.

Die „Landeier“ haben gewonnen. Mit einem 2:1 (0:0)-Erfolg über den AFC festigte der VfL Pinneberg seinen zweiten Rang in Hamburgs höchster Spielklasse. Michael Fischers Augen glänzten verdächtig. „Wenn ich daran denke, dass man uns vor fünf Monaten noch auseinander dividieren wollte“, sagte der VfL-Coach. Fischer spielte auf anonyme Schreiben und den Aufstand einiger Spieler gegen seine Person im Abstiegskampf der vergangenen Saison an. „Fischer muss weg“, hieß es damals. Der Vorstand hielt am Trainer fest.

Unter seiner Federführung boten die Pinneberger den 450 Zuschauern eine begeisternde zweite Halbzeit. Fischer tätigte den entscheidenden Glücksgriff. Anstelle des erschöpften Thomas Koster wechselte er in der 67. Minute Luis Diaz ein. Der Joker stach. Diaz verlängerte in der 73. Minute einen Flachpass von Alexander Borck mit der rechten Ferse über die Torlinie zum 1:0. Ein Hackentrick wie aus dem Fußball-Bilderbuch, das können auch ein Franck Ribery oder Zlatan Ibrahimovic nicht besser. In der 83. Minute preschte Borck, intern wegen seines Durchsetzungsvermögens „Schlachter“ genannt, wieder über die rechte Seite Richtung Strafraum. Ein Altonaer Verteidiger verfehlte seine Flanke. Sascha Richert stocherte den Ball zurück in die Mitte. Luis Diaz hatte keine Mühe, das leere Tor zu treffen – 2:0. Der zweifache Torschütze wurde von den Mitspielern fast erdrückt vor Freude.

„Schlachter“ Alexander Borck bereitet beide Tore der Gastgeber vor

Das Happy-End war es aber noch nicht. Mehdi Jaoudat erzielte mit einem abgefälschten Distanzschuss das 1:2 der Altonaer (87. Minute). Nach einem Freistoß rauschte Deniz Kacan nur knapp am 2:2 vorbei (89.). Dann kamen noch die dritte Minute der Nachspielzeit und ein Freistoß, den Christian Dirksen nach missglücktem Abwehrschlag an John Gyimah verursachte. Altonas Dennis Thiessen nahm Maß. Der Ball sprang vom linken Lattenkreuz ins Feld zurück. Dirksen stand der Schreck ins Gesicht geschrieben. „Wenn der einschlägt, hätte ich die Party abgesagt“, sagte der Mittelfeldspieler, der am Donnerstag 30 Jahre alt wurde und am Wochenende 60 Personen bei seiner Feier im VfL-Clubheim begrüßte. Verteidiger Steffen Maaß stimmte seine Teamgefährten nach dem Abpfiff, als alle einen Kreis bildeten, mit nicht jugendfreien Texten auf den exzessiven Abend ein.

Michael Fischer schaute auch bei der Feier vorbei. „Aber nur kurz“, kündigte der Trainer an. Ehefrau Martina wartete bei der Oldie-Fete des TuS Appen ein paar Schritte von der Wohnung entfernt auf ihn. Am Donnerstag hatte Fischer sein 46. Lebensjahr vollendet. Am Sonntag beging Mark Müller (eingewechselt) seinen 32. Geburtstag, Tim Vollmer wird einen Tag später 29. Die Pinneberger kommen aus den Feierlichkeiten gar nicht mehr heraus.

Seit dem 1:2 bei Germania Schnelsen am vierten Spieltag wurden sie nicht mehr bezwungen. Dabei ging es vor dem Saisonstart nur darum, nicht in Abstiegsgefahr zu geraten. Mit dem „Rückkauf“ von Thorben Reibe (FC Elmshorn), Bindeglied zwischen Mittelfeld und Angriff, verpflichteten die Pinneberger Spielkultur. Ein ums andere Mal brachten die Altonaer den Mann mit der Nummer 24 zu Fall. Sie konnten ihm aber nicht den Zahn ziehen, Reibe stand immer wieder auf. Den Preis für den wichtigsten Spieler des Tages hätte er ebenso wie Alexander Borck verdient gehabt. Coach Fischer entschied sich indes für Luis Diaz: „Wenn einer im Spiel davor überzeugte und trotzdem auf die Bank muss, wenn er nicht hadert, sondern nach seiner Einwechselung sofort präsent ist, dann ist das so, wie ich mir Teamsport wünsche.“

Auch zahlreiche Fouls der Altonaer konnten Thorben Reibe nicht stoppen

43 Minuten lang war es im Pinneberger Stadion eher langweilig gewesen. Dann prüfte Sascha Richert AFC-Keeper Marcel Kindler erstmals mit einem Freistoß. Jan-Philipp Zimmermann schlug am abgeprallten Ball vorbei. Im Gegenzug entschärfte der Pinneberger Torwart Tim Brüggemann einen gefährlichen Schuss von Sebastian Clausen. Das war dann die Einstimmung auf einen spannenden Schlagabtausch nach der Pause. In Abschnitt zwei sah sich der einwandfreie Schiedsrichter Jens Braun (Niendorfer TSV) gezwungen, die AFC-Trainer Oliver Dittberner und Andree Fincke wegen ihrer Kommentare hinter die Barriere zu schicken.