Dem Starkicker und Ex-St Pauli-Profi war Landesligist Blau-Weiß 96 beim 1:3 gegen den VfL 93 nicht gewachsen

Schenefeld. Blau-Weiß 96 zu Gast beim VfL 93 in der traditionsreichen Arena am Borgweg: Eigentlich Alltag im Hamburger Fußballbetrieb der Landesliga. Diesmal allerdings lief da ein Mann mit auf, der ein spektakuläres Ereignis daraus machte – im Amateurfußball jedenfalls. Marius Ebbers, 17 Jahre lang im Profigeschäft aktiv, die letzten sechs davon Torjäger beim FC St. Pauli. Mehr als 100 Treffer hat er in der zweiten Liga erzielt. Und dieser noch immer jugendlich wirkende 35-Jährige mit dem Ruhrpott-Klang in der Stimme gab seinen Einstand im grünen Trikot des VfL 93. Es war ein spektakulärer Neubeginn. Der VfL 93 mit vielen alten Haudegen bezwang die Youngster aus Schenefeld mit 3:1. Beim Abpfiff der Partie allerdings drängte sich die Frage auf: Hätte der VfL 93 dieses Spiel auch ohne Marius Ebbers gewonnen?

„Nein, ich glaube nicht“, lautet die Antwort von Andreas Wilken, dem Blau-Weiß-Ligamanager, der Trainer Selcuk Turan vertrat (Türkei-Urlaub). Wilken hatte den VfL 93 eine Woche vorher im Spiel beim SV Uhlenhorst/Adler beobachtet und ist sich ziemlich sicher: „Ohne Ebbers hätten wir drei Punkte mitnehmen können. Er hat nicht nur zwei Tore gemacht, er hat das Spiel geprägt, tolle Pässe geschlagen. Der war bei St. Pauli auch keine Blase, der nur den Kader aufgefüllt hätte. Er hatte oft entscheidenden Anteil am Erfolg der Mannschaft.“

Ebbers hatte ursprünglich Angebote aus dem Ausland

Deshalb lautete bei den Fans im Stadtpark die zweite interessante Frage: Warum landet so ein begehrter Spieler ausgerechnet beim VfL 93, dem Emporkömmling aus der Bezirksliga? Und in Bönningstedt wird man sich zusätzlich fragen, warum klappte es nicht mit dem SV Rugenbergen?

Die Ligaführung hatte schließlich schnell und als eine der ersten reagiert, als klar wurde, dass der 35 Jahre alte Ebbers keinen neuen Vertrag am Millerntor bekommen würde. Schon im Mai war Trainer Ralf Palapies in der Hamburger Fußballpresse zitiert worden: „Ein bisschen Führung auf dem Rasen durch Ebbers täte uns sehr gut. Wir haben sonst ja fast nur junges Gemüse herumlaufen.“

Ob er, der spektakuläre Landesliga-Neuling, damals mit Rugenbergen verhandelt habe? „Ja, ein Gespräch haben wir geführt. Das war nett. Ich glaube, es war der Trainer, mit dem ich zusammengesessen habe, aber da bin ich mir nicht mehr ganz sicher.“

Und warum ist der Wechsel in die Oberliga gescheitert? „Damals hatte ich nicht wirklich mit dem Profifußball abgeschlossen“, sagt der Stürmerstar. „Ich hatte Angebote aus dem Ausland, und auch in Deutschland habe ich mich noch umgesehen.“

Die große Ebbers-Show wurde am Borgweg in der 24. Minute eröffnet

Beim SV Rugenbergen wurde der Wunschkandidat denn auch längst abgeschrieben. Ligamanager Andreas Lätsch: „Irgendwann sind wir dem Thema nicht mehr nachgegangen. Außerdem haben wir ja auch viele gute junge Leute im Kader, von denen wir uns etwas erhoffen.“

Beim VfL 93 wiederum ist der Begehrte auch erst kürzlich eingetreten und trainierte am vergangenen Dienstag erstmals nach mehr als drei Monaten Pause. Der Deal sei auch deshalb zu Stande gekommen, weil Ebbers Kontakt zu Jörn Großkopf, dem Ex-St. Paulianer und jetzigen Trainer von Hessen Kassel, gesucht habe. Der wiederum hat in seinen frühen Fußballtagen mit Olaf Ohrt, dem Trainer und Mäzen des VfL 93, gemeinsam beim ETV gespielt. Olaf Ohrt sammelt ohnehin alte Haudegen aus dem großen Fußball ein, zu denen mit Hauke Brückner ein weiterer vom Millerntor zählt.

Es war dann Benjamin Smith, der die Gastgeber nach neun Minuten mit 1:0 in Führung brachte. Der wiederum hat seinen Ruhm an einem ganz anderen Schauplatz erlangt. Als er im Fernsehen bei „Schlag den Raab“ triumphierte, hatte er 2,5 Millionen Euro auf dem Konto. In der 14. Minute schlugen die Jungs aus Schenefeld (22 Spieler des Kaders kommen aus dem eigenen Nachwuchs) zu.

Nach einem Freistoß gelang Jannik Swennosen mit einem tollen Kopfball ins lange Eck das 1:1. Es dauerte bis zur 24. Minute, dann begann die eigentliche Ebbers-Show. Er stoppte den Ball knapp zehn Meter vor dem Schenefelder Tor mit der Brust und erzielte mit einem spektakulären Fallrückzieher seinen ersten Treffer in der Landesliga.

„So ein Tor ist mir vorher noch nie gelungen“, bekannte er hinterher lachend. Auf dem Spielfeld aber begann die lange Phase, die Andreas Wilken so zusammenfasste: „Unsere Jungen haben richtig gut mitgehalten und toll gekämpft. Natürlich zeigten sie Respekt vor Ebbers, hatten Angst, von ihm vorgeführt zu werden. Schließlich waren mein Sohn Fabio Bandow und auch Timo Carstens vor wenigen Jahren noch bei St. Pauli Balljungen für Brückner und Ebbers.“

Es dauerte bis zu 84. Minute, ehe der Mann, der nach 17 Profijahren wieder zur Basis des Fußballs zurückkehrte, die VfL-Fans noch einmal zum Jubeln brachte. Er sprintete in den Strafraum, bewacht und verfolgt von Jannik Swennosen. Doch der 21-Jährige hatte keine Chance. Marius Ebbers schoss ein zum 3:1, und die zahlreichen Fans feierten ihn, ein bisschen so wie vor Monaten noch bei den Partys am Hamburger Millerntor.