Uni-Auswahl mit drei Handballerinnen des Kreises kommt bei der Studenten-EM in Polen einen Tag zu spät an, erlebt dann ein großes Event.

Ellerbek/Tornesch. Lena Thürich hatte alles bis ins Detail geplant. Die Anreise zu den Europameisterschaften der Universitäts-Mannschaften ins polnische Katowice, auf die sie sich und ihre Teamkameradinnen aus dem Hamburger Handball-Uni-Team sehr gefreut hatte, sollte ohne Störungen und vor allem pünktlich vonstatten gehen. Die 22 Jahre alte Handball-Oberligatorhüterin des TSV Ellerbek beabsichtigte den VW Passat ihres Vaters Klaus zu steuern, der diesen zur Verfügung gestellt und vorsorglich extra noch zur Inspektion in eine Werkstatt gebracht hatte.

Als Lena Thürich am frühen Abend mit ihrer Teamkameradin Julia Steinberg, 22, Sofia Schlage, 23, vom benachbarten Hamburg-Ligisten TuS Esingen sowie Sabrina Wrage und Nina Schilk vom SV Henstedt-Ulzburg am Eidelstedter Busbahnhof losfuhr, schien für die fünfköpfige Fahrgemeinschaft die Welt in Ordnung zu sein - es schien allerdings nur so.

Was war geschehen? Die fünf Handballerinnen, die im Gegensatz zum Rest des zwölf Damen umfassenden Hamburger EM-Kaders nicht per Bus, Bahn oder Flugzeug die Reise in die schlesische 300.000-Einwohner-Stadt antraten, schaffte es - anstatt in einem Rutsch durchzufahren - nur bis ins Brandenburgische.

"Im Wagen ging nach gut 200 Kilometern die Motorkontrollleuchte an", sagt Lena Thürich. "Wir haben in Neuruppin sofort eine Werkstatt angesteuert, die trotz später Stunde zum Glück noch geöffnet war. Dort wurde eine defekte Zündspule entdeckt." Die Weiterfahrt konnte nach einer Übernachtung im Hotel am See trotzdem erst am nächsten Tag erfolgen. "Das war alles schon sehr nervig", bemerkte Julia Steinberg, die kürzlich zum TSV Ellerbek zurückgekehrt ist.

Alles scheinbar dennoch kein Problem, um noch rechtzeitig das Eröffnungsspiel gegen die Universität Sud Toulon zu erreichen. Die Französinnen hatten nämlich einer Verlegung der Partie von mittags auf abends zugestimmt. "Und unser Navi hatte uns dann, als es wieder weitergehen konnte, ungefähr 19.10 Uhr als Ankunftszeit ausgerechnet", so Lena Thürich, die an der Uni ein Lehramt für Sport und Arbeitslehre absolviert. "Das hätte für die Begegnung noch knapp gereicht."

"Hätte", wohlgemerkt. Denn schon bei Berlin war wieder Schluss. Ein gewaltiger Stau ließ für über zwei Stunden kein Vorankommen mehr zu. Das Eröffnungsspiel musste ohne die Fahrgemeinschaft auskommen, womit ein Kuriosum entstanden war: Hamburgs Trainer Patrice Giron - er ist Trainer beim Zweitbundesligaclub SGH Rosengarten - standen somit nur noch fünf Feldspielerinnen und eine Torhüterin zur Verfügung. Was noch erschwerend dazu kam: Die verspäteten Hochschulmädels, zusammengeschlossen in einer Wettkampfgemeinschaft der Uni Hamburg, Technischen Universität und der HAW Bergedorf, hatten in ihrem Wagen die Trikots sämtlicher Spielerinnen dabei, dazu auch noch die Schuhe.

Wie sollte das alles noch gehen? Die in Katowice rechtzeitig angekommenen Handballerinnen wussten sich jedoch irgendwie zu helfen, machten das Beste aus der misslichen Situation. Die permanente Unterzahl ließ das Spiel für die Hamburgerinnen dann aber zu einer Mission Impossible werden. Bei der 21:30 (11:14)-Niederlage gegen Toulon waren es immerhin die Deutschen, die sich wiederholt Szenenapplaus verdienten und lange Paroli boten. Sabrina Wrage: "Schade, dass wir die Partie verpassten. Ich denke, dass wir Toulon in voller Besetzung geschlagen hätten."

Mit vollem Kader gewannen die Hamburger Uni-Handballerinnen das nächste Spiel gegen die Akdeniz Universität (Türkei) mit 38:27 deutlich. Dann hieß es gegen den späteren Europameister aus Lwow in der Ukraine zwar 28:21, "aber bis zum 13:13 zur Pause haben wir gut mitgehalten", betonte Torhüter Lena Thürich. "Alle anderen Teams haben deutlicher, teilweise mit erheblichem Abstand, gegen die verloren. Unter normalen Umständen wäre für uns Platz drei drin gewesen."

So blieben den Hamburgerinnen immerhin die weiteren Erfolgserlebnisse gegen die Teams aus Leira/Portugal (26:23), Krakau/Polen (34:25) und letztlich im Spiel um Platz sieben gegen die Kastamonu Universität (Türkei/40:33). Aber Siege sind bekanntlich nicht alles, darin waren sich die Gäste aus der Hansestadt einig. "Es war ein spannendes Erlebnis, bei dieser top organisierten Europameisterschaft dabei gewesen zu sein. Es waren unvergessliche Stunden", sagt die Tornescherin Sofia Schlage, beim TuS Esingen als Allroundspielerin geschätzt.

Wenigstens die Heimfahrt aus Polen verlief reibungslos für die drei Damen des Kreises und ihre Mitspielerinnen aus dem Hamburger Umland. So wie es auch bei der Anreise zu den anschließenden deutschen Hochschulmeisterschaften in Münster der Fall war, wo auch die Titel im Schach und im Basketball vergeben wurden. Sportlich lief es aber auch nicht unbedingt besser: Angesichts einiger Absagen von Spielerinnen reichte es unter acht Mannschaften nur zu Rang sechs.

Unter dem Strich üben Spiele mit dem Uni-Team dennoch einen hohen Reiz aus - so sieht es jedenfalls Lena Thürich. "Auch wenn man häufig verstärkt in den Punktspiel- und Trainingsbetrieb der Vereine eingebunden ist, überwiegt doch der Reiz, zum Teil mit Klassespielerinnen höherer Klassen gemeinsam aufzulaufen und zu versuchen, Hamburg würdig zu vertreten."