Deutschlands bester Querfeldeinfahrer Jan Büchmann tritt für die Radgemeinschaft Wedel in die Pedalen

Wedel. Zurzeit ist es sicher schwierig, eine kleine Heldengeschichte aus dem Radsport zu erzählen. Der ist ja endgültig und weltweit in Verruf geraten. Man muss nur den Namen Lance Armstrong nennen, schon hört man nur "Lügner" und "Betrüger", keiner will noch etwas wissen von diesem Dopingsport. Dabei wird allerdings übersehen, dass in Deutschland der Radsport boomt, mehr als je zuvor. Es sind Millionen Männer und auch immer mehr Frauen, die nach Feierabend in die bunte Radsportkleidung schlüpfen und auf ihren oft teuren Spezialmaschinen in die Pedalen treten. Radeln als Freizeit- und Gesundheitssport ist in Deutschland in der Beliebtheits-Skala mit an die Spitze gerollt.

Neuerdings ist es eine Spezialdisziplin, die immer mehr Freunde gewinnt. Mit dem Spezialrad querfeldein durch Parks, über Wiesen und durch Wälder. Bei fast allen Cross-Veranstaltungen herrscht heute der größte Andrang bei den Starts der Freizeit- und Hobbyfahrer. Es sind Ärzte und Rechtsanwälte, Handwerker und IT-Fachleute, die mit 30, 40 oder 50 Jahren ihre Leidenschaft für Radrennen in der Natur entdeckten.

In dieser wachsenden Gemeinschaft der Querfeldeinfahrer hat ein junger Fahrer der Radsportgemeinschaft Wedel für die größte Überraschung in diesem Winter gesorgt. Jan Büchmann wurde bei den deutschen Cyclocross-Meisterschaften in Bad Salzdetfurth (bei Hannover) Vierter im Rennen der Elite.

Na ja, Vierter werden jetzt viele denken, die sich in der Szene nicht so gut auskennen. Aber der 22 Jahre alte Industriemechaniker, der seit vier Jahren für die Wedeler fährt, wurde bei diesem Titelrennen einzig und allein von Profifahrern abgehängt. Neuer deutscher Meister ist Philipp Walsleben, Vizemeister Marcel Meisen. Die beiden leben und trainieren in Belgien, wo sie ihr Geld beim Profi-Team BKCP-Power-Plus verdienen.

Stars in der Radcross-Szene können Millionen verdienen

Als Dritter, aber nur zehn Sekunden schneller als der Amateur vom Wedeler Nannook Cycling Team, war Titelverteidiger Christoph Pfingsten im Ziel. Der ist bei einem Team in Holland unter Vertrag. Dort sind, genau wie in Belgien, zwischen 20 000 und 30 000 Zuschauer bei den populären Cross-Rennen an den Strecken. Das Fernsehen überträgt fast durchweg live, und die Stars können auch im Querfeldeinrennsport Millionen verdienen.

Während auch die deutschen Profis zwei- und dreimal am Tag trainieren, hat Jan Büchmann immer schon einen harten Arbeitstag hinter sich, ehe er sich zu Hause in Kiel in den Sattel schwingt und in den Wäldern jeden Hügel nutzt, um Kraft in Waden und Oberschenkel zu bekommen. "Wenn der Boden tief und matschig ist und mir der Wind kräftig ins Gesicht bläst, ist mir das am liebsten", sagt Deutschlands bester Amateurfahrer im Cross-Sport. "Nur dadurch bekommst du die Härte, die du für die Rennen brauchst".

Beim Querfeldein, anders als bei den Straßenrennen, müssen die Athleten schon mit den ersten Tritten die volle Power auf die Pedalen bringen. "Wir fahren die Rennen, die rund eine Stunde dauern, mit einer Durchschnittsleistung von 350 bis 400 Watt", sagt Jan Büchmann. Jeder, der schon beim Belastungs-EKG in der Arztpraxis geschwitzt hat, weiß, was das heißt. Wer dort 200 oder gar 250 Watt schafft, verlässt stolz die Praxis. Jan Büchmann zahlt rund 600 Euro aus eigener Tasche, um dreimal im Jahr bei einem Institut in Hannover seinen Fitness- und Leistungsstand zu überprüfen. Vom Wedeler Nannook Team bekommt er kostenlos das Material und auch Benzingeld für die Fahrten zu den Rennen. Als das außergewöhnliche Radsporttalent allerdings in das U-23-Nationalteam berufen und zu einem Weltcup-Rennen nach Belgien eingeladen wurde, hat Jan Büchmann eingesehen: "Am Wochenende 800 Kilometer durch halb Europa rasen, das Rennen fahren und montags wieder frisch bei der Arbeit sein, das lässt sich nicht vereinbaren".

Natürlich hatte der zielstrebige und ehrgeizige Junge über das Wagnis einer Profikarriere gegrübelt. "Aber ich habe ihm abgeraten", sagt Torsten Müller, der mit Jürgen Kreter das Nannook-Team leitet. "Denn unter den Radprofis gibt es viel mehr verkrachte Existenzen als strahlende Sieger". Trotz der Doppelbelastung durch Arbeit und Training bleibt Wedels erfolgreichster Cross-Fahrer dabei: "Allein auf dem Rad durch Wiesen und Wälder, so schnell wie du kannst, für mich gibt es keinen größeren Spaß". Außer bei der nationalen Meisterschaft die Profis zu attackieren und ein bisschen zu ärgern.