So wird der zwölfjährige Vincent Hildebrand norddeutscher Jugendmeister im Eisstockschießen und stellt einen neuen Rekord auf.

Klein Nordende . Auf den ersten Blick hat die Erfolgsmeldung nichts Überraschendes. Vincent Hildebrand, ein zwölf Jahre alter Junge aus Elmshorn, wurde norddeutscher Jugendmeister und stellte dabei einen neuen Rekord auf - und zwar im Eisstockschießen. Das aber ist es, was einen hellhörig macht. Eisstockschießen? In Elmshorn? Ja, gibt es denn da überhaupt eine Eisbahn?

"Nein, nicht wirklich", sagt Karl Hildebrand. Der ist nicht nur der Vater des zielsicheren jungen Meisters, sondern auch der erste Vorsitzende des Eisstock-Clubs Klein Nordende. Das wiederum ist eine kleine, verschworene Gemeinschaft, die sich vielleicht für den außergewöhnlich Sport in Elmshorn begeistern. Die eigentliche sportliche Arena der Elmshorner Anhänger dieses urbayerischen Wintersports ist die Auffahrt zu einem Firmengelände in der Daimler-Straße - in den Sommermonaten jedenfalls.

Dann wird nämlich nicht auf Eis, sondern auf Asphalt mit den bis zu acht Kilogramm schweren Scheiben gezielt, in deren Mitte der Griff, also der Stock, eingeschraubt wird. "Als wir vor zwei Jahren unseren Klub gründeten, sind wir durch Elmshorn gefahren und haben eine glatte asphaltierte Fläche gesucht, die für unseren Sport geeignet ist", sagt Karl Hildebrand. "Die Besitzerin des Firmengeländes stimmte zu. Sie wollte die Eisstockschützen nicht auf dem Trockenen sitzen lassen." Zum Training brachte der Vorsitzende Sohn Vincent mit. "Meine erste Aufgabe war, im Radio die Bundesligaergebnisse abzuhören und den Erwachsenen mitzuteilen", sagt der Junge. "Aber dann habe ich meinen ersten eigenen Stock bekommen. Und Eisstockschießen hat mir danach immer mehr Spaß gemacht."

Nur mit der Mathematik hat es Vincent nicht so

Wenn Vincent sich für etwas begeistert, dann ist er voller Konzentration und mit Ehrgeiz bei der Sache. Das gilt nicht nur für den Sport, sondern auch für den Unterricht an der Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule in Elmshorn (KGSE). Bei Mathematik denkt er aber im Stillen: "Nein, danke." Deutsch mag er hingegen sehr. "Und in Erdkunde bin ich der Beste. Zurzeit sind wir beim alten Ägypten, darüber schaue ich mir auch mal interessante Dokumentationen im Fernsehen an."

Nordmeister und neuer Rekordhalter wurde Vincent Hildebrand in der Eissporthalle in Harsefeld im Einzel-Zielschießen. Dabei muss er mit der für Jugendliche fünf Kilogramm schweren Scheibe über die 27 Meter lange Eisbahn auf eine Daube zielen. Die ist etwa so groß wie ein Puck beim Eishockey und sie liegt, wie bei einer Zielscheibe, in der Zehn. Der nächste Ring ergibt dann acht Punkte.

Fünfmal hintereinander zielt der Youngster in die Acht

Wie nervenstark der Youngster ist, demonstrierte er, als er fünfmal hintereinander in die Acht zielte. Diese Konstanz war in Harsefeld nicht einmal einem der starken Männer gelungen. "Dabei kann ich mich ganz wild ärgern, wenn mir ein Schuss daneben geht", erzählt der Meisterschütze mit der guten Note in Deutsch. "Aber mein Trainer Wilfried Lintzhöft hat mir beigebracht, nicht gleich auszurasten. Als Eisstockschütze musst du ganz cool bleiben. Das hilft mir enorm, auch manchmal in der Schule."

Zum Wettkampf des Zielschießens gehört übrigens auch, einen im Zielbereich postierten Stock "rauszuknallen", wie die Sportler in diesem Metier sagen. "Dabei habe ich die meisten der 203 Punkte in vier Durchgängen für meinen Nordtitel gesammelt", sagt Vincent Hildebrand. Wäre er dann als "Abräumer" nicht schon eine Verstärkung für die Damenmannschaft seines Klubs? "Wenn ich jetzt Ja sage", sagt der selbstbewusste Junge, "würde ich mich doch selbst loben. Aber das will ich auf keinen Fall."

Bis April trainieren Klein Nordender in der Volkspark-Arena

Bis zum April noch dürfen die Elmshorner Eisstockschützen jeden Montag um 20 Uhr in der Volksbank-Arena im Hamburger Volkspark (Hellgrundweg) ihre schweren Stöcke schwingen und auf die Dauben oder gegnerischen Stöcke schlittern lassen. Vincent, der frisch gekürte norddeutsche Jugendmeister, allerdings kann diese Trainingsstunden nicht so häufig nutzen.

"Wir sind dann erst gegen 23.30 Uhr zu Hause", bedauert der junge Meisterschütze. "Aber ich muss morgens kurz nach sechs Uhr raus. Um acht Uhr steht Naturwissenschaft auf dem Stundenplan. Da muss ich natürlich hellwach sein." Wie bei seinem ungewöhnlichen Lieblingssport.