Jeden Sonnabend stellen wir im Hamburger Abendblatt Vereine und deren Mitglieder vor. Heute: Der SC Pinneberg.

Im Jahr 1985 klingelte es an der Tür von Claus Ricke. "Als ich aufmachte, stand Rolf Krohn vor mir. Er sagte: 'Wir brauchen einen stellvertretenden Vorsitzenden. Bitte mach du das'", erinnert sich Ricke. Krohns Vorstoß im Jahr 1985 veränderte Rickes Leben. Schon 1987 wurde er Vorsitzender, führt nun seit 25 Jahren den Sport-Club Pinneberg (SCP). "Es ist ein Verein, in dem Kameradschaft und Freundschaft im Vordergrund stehen", sagt Ricke. "In grauer Vorzeit haben wir uns sogar mit dem VfL Pinneberg zusammengesetzt und eine Absprache getroffen: Macht ihr mehr Wettkampf- und Leistungssport, wir kümmern uns mehr um den Spaß und die Geselligkeit", sagt SCP-Geschäftsführerin Bärbel Neubert.

Ein Breitensportverein ist der Pinneberger Klub erst seit 1975. Die verstärkte Aufnahme von Nichtfußballern sorgte zu diesem Zeitpunkt für eine Konsequenz, die andere Vereine scheuen: eine Umbenennung. Durch den Austausch nur eines Buchstabens wurde aus dem 1918 gegründeten Fußballklub Pinneberg (FCP) der Sport-Club Pinneberg. Das Profil eines Breitensportklubs hat der Verein seitdem verinnerlicht wie kaum ein zweiter. In neun von zwölf Sparten wird Sport getrieben, und das ohne Titelambitionen. Mehr als ein Viertel der Mitglieder (444) tut dies - in der größten Sparte - im kalten Nass. "Wir sind ein Verein im Verein, aber das Verhältnis zum Hauptverein ist gut", sagt Elke Matthiessen, Spartenvorsitzende des Schwimmclubs (PSC) im SCP.

Wie viele Spartenchefs ist sie gleichzeitig Übungsleiterin, hat mehreren Hundert Kindern in 23 Jahren das Schwimmen beigebracht, einige sogar bis zum Schwimmabzeichen in Gold geführt - in den vergangenen zwei Jahren unter erschwerten Bedingungen, denn die Schließung der Lehrschwimmbecken in der Hans-Clausen-Schule und der Grund -und Gemeinschaftsschule Pinneberg erforderte die Verlegung der Schwimmkurse ins Hallenbad der Stadt an der Burmeisterallee. "Dort sollen wir nun 60 Prozent mehr zahlen", sagt Matthiessen. Statt 800 Euro müsse die Sparte künftig 2000 Euro monatlich aufbringen, die auf die Mitglieder umgelegt würden. Die Schwimmer zahlen bereits pro Person ein sogenanntes Wassergeld von fünf Euro im Monat zusätzlich zu den Spartenbeiträgen.

Ein typischer Reflex nach dem Motto "Soll doch der Hauptverein helfen", ist keine Lösung. Beim SCP besitzen die Sparten große Autonomie. Die Sparten erheben ihre Beiträge, ziehen sie ein, finanzieren ihre Trainer und Materialien selbst. "Wir kümmern uns mit der monatlichen Abgabe von 2,50 Euro pro Mitglied um Veranstaltungen, Homepage und Vereinszeitung, Verwaltung und Werbung. Außerdem bezuschussen wir die Traineraus- und -fortbildung", sagt Geschäftsführerin Neubert.

Natürlich ist auch der Hauptverein aktiv. 2007 wurde die Geschäftsstelle runderneuert und ein neues Klubheim An der Raa wurde eingeweiht, das Ziel einer eigenen Halle damals aber verfehlt. Der Kreis wollte eine Förderung bewilligen, die Stadt nicht. Somit war nach den Richtlinien kein Zuschuss möglich. "Wir sparen aber eifrig. Benötigt werden rund 300 000 Euro. Eine neue Sporthalle auf unserem Klubgelände An der Raa zum 100-jährigen Bestehen 2018 wäre ein Traum", sagt Neubert. In die Diskussion um einen Kunstrasenplatz auf dem Gelände mischt sie sich hingegen nicht ein. Er sei für den Verein allein nicht finanzierbar.

Die Fußballsparte, mit 270 Mitgliedern Nummer zwei im SCP, hätte nichts gegen einen solchen Platz. "Wir können eben nicht alle Wünsche erfüllen. Auch bezahlter Amateurfußball ist hier leider nicht möglich. Ich unterstütze die Fußballer aber, wo ich nur kann", sagt Vorsitzender Ricke. Das kommt offenbar an. Spartenvorsitzende Karen Dangschat, die mit ihrem Mann, dem ehemaligen Fußballprofi Peter Metz (spielte 1974 in der 2. Bundesliga beim Hamburger Klub HSV Barmbek-Uhlenhorst), das Klubheim führt, bezeichnet die Zusammenarbeit mit dem Hauptverein als super. Profifußball-Ambitionen muss der Verein nicht fürchten. Die 1. Herren spielen in der Kreisliga, die Damen in der Landesliga. Sieben Jungen- und eine Mädchenmannschaft hat der SCP. Zum Vergleich: Die drei Tischtennis-Teams der Herren stehen in der Kreisklasse an der Platte, im Badminton gehören die 1. Herren zur Bezirksliga, Damenteams gibt es nicht.

In den städtischen Hallen bewegen sich die Kleinsten beim Kinderturnen (249 Mitglieder), frei nach dem Motto Vorbeikommen - mitmachen - Spaß haben. Letzterer steht auch hier im Vordergrund. "Es ist einfach schön, Kindern Freude an der Bewegung zu vermitteln", sagt die Spartenvorsitzende Marieta Franke. Gute Stimmung herrscht auch bei den erwachsenen Turnern der Gymnastikabteilung.

Für einen besonders farbenfrohen Touch sorgt der Spielmanns- und Fanfarenzug. Wenn 25 Musiker mit Pauken, Trompeten, Trommeln, Posaunen, Flöten, Schlagzeug und Xylophon, Klassiker wie den Radetzky-Marsch, Sister-Act, Star Wars oder Rivers of Babylon Fahnen schwingend zum Besten geben, verzücken sie die Zuschauer - und das nicht nur auf der Bühne. "Wir sind etwa 35 Mal im Jahr im Einsatz, oft auch draußen", sagt Spartenvorsitzender Hans-Peter Schiffer. Vor sechs Jahren ließ der Spielmannszug, in dem Schiffer die Trommel schlägt, seine alte Partnerschaft zu einem Kölner Karnevalsverein aufleben. Im Frühjahr treten die Pinneberger seitdem beim Umzug der Jecken in Wesseling (Rheinland) auf.

So beweist der SC Pinneberg mit seinen vielen Facetten, dass Sport und Sieg nicht zwangsläufig Geschwister sind. "Wir sind ein Verein zum Anfassen, und wir wollen es bleiben", sagt Ricke. "Hier darf jeder vorbeikommen und mitmachen", ergänzt Neubert. Rolf Krohn, der im Alter von 87 Jahren 2009 verstarb, würde bei diesen Worten sicher freundlich lächeln.