Bundestrainer Otto Becker plant nach den EM-Medaillengewinnen im Springreiten mehr denn je mit Janne Meyer und Carsten-Otto Nagel

Schenefeld/Wedel. Die Helden von Madrid sind wieder zu Hause. Am frühen Mittag landete die Maschine mit Deutschlands Topreitern Carsten-Otto Nagel (Norderstedt) und Janne Friederike Meyer (Schenefeld) an Bord auf dem Flughafen Fuhlsbüttel. Sie strahlten vor Glück, denn sie hatten drei Medaillen in ihrem Gepäck: Mannschafts-Gold für beide und Einzel-Silber für Nagel. Das war der Lohn für fünf aufregende Tage bei den Europameisterschaften der Springreiter im Hexenkessel des Reiterstadions in der spanischen Metropole.

Es war eine EM mit allen Höhen und Tiefen. Für den erfahrenen Haudegen Nagel, der am Freitag 49 Jahre alt wird, genauso wie für seine Teamkollegin und EM-Debütantin Janne Meyer, 30. Nach dem zweitägigen Nationenpreis-Stress in der Hitze von Madrid hatten sie noch allen Grund zum Jubeln, als sie hoch oben auf dem Siegerpodest standen und als siegreiches Team gefeiert wurden.

Zwei Tage später, am Schlusstag der Titelkämpfe, mussten die beiden aber auch erfahren, dass manchmal auch bittere Niederlagen eingesteckt werden müssen: Carsten-Otto Nagel, mit seiner 13 Jahre alten Schimmelstute Corradina in der Einzelwertung lange in Führung liegend, musste sich am Ende wie vor zwei Jahren in Windsor (England) mit Silber abfinden.

Janne Meyer hatte nach zwei Fehlern ein Einsehen mit Cellagon Lambrasco und verzichtete auf den Start im zweiten Umlauf: "Mops war ziemlich müde. Mein Pferd hat schon so viel für mich getan und sich immer als großer Kämpfer erwiesen. Jetzt wollte ich ihm die Strapazen eines weiteren schweren Durchgangs ersparen."

"Am Ende überwiegt natürlich die Freude über Silber", sagte Nagel, der sich relativ schnell von der ersten Enttäuschung über entgangenes Gold erholt hatte. "Pferd und Reiter sind jung, wir schaffen es noch." Was er damit meinte: Bei Olympia 2012 in London haben die beiden wieder eine Chance auf den Gewinn eines großen Titels. Bundestrainer Otto Becker, der im Gegensatz zu manchem Fußball-Bundestrainer fest im Sattel sitzt, weiß, dass er auf die beiden Holsteiner Springreiter und ihre tollen Pferde in seinen Planungen auch künftig bauen kann. Nach der Ankunft in Hamburg trennten sich die Wege der beiden EM-Helden: Carsten-Otto Nagel fuhr mit seiner Lebenspartnerin Mylene Diederichsmeier, die ihn nach Madrid begleitet hatte, ins neue Heim nach Norderstedt. Für ihn beginnt der Arbeitsalltag am Dienstag im Stall Moorhof in Holm, wo seine Superstute Corradina, die Janne Meyer als derzeit "bestes Springpferd der Welt" bezeichnet, eine wohlverdiente Pause erhält.

Janne Meyer ließ sich nach Schenefeld kutschieren. Ihre Eltern, die in Madrid auf der Tribüne gesessen hatten, saßen in einem anderen Flugzeug. Ihre Schwester Anna Sophie war eigens für das Mannschaftsspringen nach Spanien geflogen, aus beruflichen Gründen flog sie vor dem Einzelfinale vorzeitig zurück.

Ihre Schwester, die Mannschafts-Europameisterin, freut sich sehr darüber, dass sie als einzige Frau unter den deutschen Spitzenreitern eine feste Größe ist. "Vor einem Jahr, als es um die Nominierung für die Weltmeisterschaften in Kentucky ging, war ich schon froh, als ich zunächst als Ersatzreiterin nominiert wurde", sagt Janne Meyer. "Ich glaube, jetzt habe ich mich in der Hierarchie eine Stufe hochgearbeitet. Es ist unglaublich: Letztes Jahr Weltmeister, jetzt Europameister. Man muss aber aufpassen, dass man nicht wieder hinunterfällt, weil man irgendwann nicht über ein geeignetes Spitzenpferd verfügt, so wie es derzeit bei Meredith Michaels-Beerbaum der Fall ist."

Wie auch immer: Meyer und Nagel haben ein großes Ziel vor Augen - die Teilnahme an den Olympischen Spielen im kommenden Jahr in London.