Motorsportler aus Sparrieshoop will nach Unfall beim Stadtpark-Revival nie wieder Sportwagen fahren. Staatsanwaltschaft ermittelt nach dem Crash

Klein Offenseth-Sparrieshoop. Der Mann wirkt gebrochen - zerrissen wie die Karosserie seines kostbaren Oldtimers. Auf regennasser Fahrbahn war der von ihm gesteuerte britische Sportwagen, ein Ronart mit Jaguar-Motor, beim "Hamburger Stadtpark-Revival" ins Rutschen geraten, hatte sich mehrfach gedreht und war in den Auffangzaun geschleudert. "Es ist der größte Fehler meines Lebens gewesen, dieses Auto zu zerstören", gesteht Gerd Röder aus Sparrieshoop. "Nie wieder werde ich einen alten Rennwagen bei einer Veranstaltung fahren."

Das ist das Ende einer Leidenschaft, die schon den jungen Gerd Röder packte. Als angehender Automechaniker lernte er, exotische Fahrzeuge zu reparieren. Sein erster Sportwagen war ein Triumph TR 4. "Der Maserati zählt nicht, den hatte ich nur kurz", erzählt Röder, und ein Lächeln huscht über sein Gesicht. Doch sofort sinken die Schulterblätter wieder, als sein Blick auf den total zerbeulten Ronart fällt, der vor ihm auf einem Anhänger steht. "Ich werde ihn nicht reparieren lassen. Ich lasse ihn als Warnung in der Ecke stehen." Seinen zweiten Sportwagen, den fast 50 Jahre alten Ford GTD 40, will er verkaufen. Nur vom stolzen Rolls Royce Silvercloud 3, Baujahr 1963, kann sich Röder nicht trennen.

Nur einmal hatte der Sportwagenfreund Röder einen ähnlich schweren Unfall erlebt: 1970. Doch damals war er mit 22 Jahren jung und risikofreudig. Zudem blieb er glücklicherweise unverletzt. Seitdem gab es nur eine, höchstens zwei Beulen im Blech - bis zum vorigen Sonntag beim "Rennen" am Hamburger Stadtpark. "Dabei bin ich überhaupt nicht schnell gefahren, vielleicht Tempo 50, höchstens 70", erzählt Röder. In der Wertungsklasse vor ihm waren mehrere Fahrer disqualifiziert worden, weil sie sich nicht an Geschwindigkeitsgrenzen hielten. Offiziell gilt das "Stadtpark-Revival", bei dem wieder mehr als 300 zumeist betagte Motorräder und Sportwagen an den Start gegangen waren, als "Zuverlässigkeitsfahrt". Einige der Teilnehmer jedoch ließen es auch diesmal unter den Augen der mehr als 20 000 Zuschauer richtig krachen. "Ich habe es zu Anfang bewusst langsam angehen lassen, wollte hier keinen Crash bauen", sagte Jochen Bunkus aus Bönningstedt, ein Pilot mit jahrzehntelanger Rennsporterfahrung. Nicht jeder der Fahrer beim "Stadtpark-Revival" verhielt sich vernünftig, berichtete Bunkus, der mit seinem 270-PS-Rennwagen hinter schwächeren Fahrzeugen hing: "Es gab die klare Ansage, rechts zu fahren und links zu überholen. Aber einige hielten sich nicht daran."

Warum sich sein Ronart auf gerader Strecke plötzlich unkontrolliert drehte, weiß Gerd Röder nicht. Wurden ihm Bodenwellen oder die noch regennasse Straße zum Verhängnis? Die Ursache für den Unfall, in dessen Folge die Großveranstaltung lange Zeit unterbrochen war, untersucht jetzt sogar die Staatsanwaltschaft. "Die schaltet sich automatisch bei Personenschäden ein", erklärt der Sparrieshooper. Während er eine kleine Schnittverletzung an der Hand erlitten hatte, musste sich seine Beifahrerin, die zu einem der Medienpartner des Spektakels gehört, ins Krankenhaus fahren lassen, weil sie sich beim Unfall einen Arm gebrochen hatte. Wie hoch der finanzielle Verlust ist, darüber will Röder nichts erzählen. Die Veranstalter des Stadtpark-Revival schätzen den Schaden am Ronart sowie an einem Jaguar und einem Maserati, die bereits am ersten Veranstaltungstag verunglückt waren, auf zusammen 250 000 Euro. Doch der wahre Wert ist damit immer noch nicht zu erfassen. "Sagen wir mal so, wenn mir jemand das Siebenfache des Normalpreises angeboten hätte, hätte ich diesen Wagen nicht verkauft", sagt der 63-Jährige.

"Doch es hätte alles viel schlimmer kommen können", weiß Gerd Röder. Zum Glück hätten die Organisatoren die Strohballen als Schutzwall gut platziert. Der Unfall am Sonntag hatte Publikum und Veranstalter erheblich beunruhigt. Röders Sohn, der das Unglück mit ansehen musste, war sofort an die Unglücksstelle geeilt. Und auch Werner Trapp sowie Dr. Thomas Niedermeier, zwei Freunde aus dem Hamburger Motorsportclub, kümmerten sich um die Verletzten, holten Gerd Röder aus der Klinik ab. Doch ihm war körperlich nicht viel passiert - und eine kaputte Leidenschaft wird im Krankenhaus nicht behandelt.