Blau-Weiß 96 und FC Elmshorn machen Werbung für den Landesliga-Fußball. In der spektakulären Partie siegt der Spitzenreiter am Ende 5:3

Schenefeld. Acht Tore, darunter ein traumhaftes, vier Platzverweise, zwei Elfmeter, Tempo und Spannung ohne Ende: Beim 3:5 (2:3) von Blau-Weiß 96 gegen den FC Elmshorn machten beide Teams Werbung für den Landesliga-Fußball.

"Solche Leistungen in dieser Spielklasse hätte ich niemals für möglich gehalten", staunte der Schenefelder Postbeamte Jürgen Krumm, der als eingefleischter Fan des FC St. Pauli nach eigenem Bekunden 25 Jahre kein Amateurspiel mehr sah und eigentlich nur seinem Arbeitskollegen Thomas Gerdau (FCE-Betreuer) einen Höflichkeitsbesuch abstatten wollte. Demnächst will er sich wieder aufs Fahrrad schwingen und sich im Stadion Achter de Weiden am erfrischenden Spiel der aufstrebenden Schenefelder erfreuen.

"Toni" Gerdau darf das eigentlich gar nicht wissen, aber Krumm rutschte ein Torschrei über die Lippen, als Danijel Peric den Ball in der zwölften Minute bei FCE-Keeper Tim Brüggemann untergebracht hatte. Das lag daran, dass sich die Heimelf von Anfang an bemühte, die Herzen der Besucher im Sturm zu erobern. Die Elmshorner Jan Philipp Zimmermann (5.) und Patrick Scheidt (11.) wussten sich nur mit Fouls zu helfen, die Schiedsrichter Jan Clemens Neitzel mit Verwarnungen ahndete. Da ahnte man schon, dass sich an diesem Abend ein Kartenfestival ereignen und Neitzels Entscheidung, Perics frühen Treffer aufgrund einer Abseitsposition zu annullieren, nicht die einzige umstrittene bleiben würde. Letztlich lags dann nicht am nach bestem Wissen und Gewissen auftretenden Unparteiischen von Eintracht Norderstedt, dass die Blau-Weißen verloren, um das von vornherein gleich klarzustellen.

Vielmehr gab die individuelle Klasse der Elmshorner den Ausschlag, zum Beispiel die des Nil von Appen, der in der 14. Minute einen Freistoß aus halblinker Position hoch in den rechten Winkel jagte. Der Ball war so hart und punktgenau getreten, dass er in der Netzbefestigung hängen blieb - 1:0 für Elmshorn, spektakulärer kann ein Weitschusstreffer ja gar nicht sein.

Torwart Nick Schmidt touchierte Len Strömer, Patrick Scheidt verwandelte den fälligen Elfmeter souverän, damit führte Titelfavorit FCE nach 20 Minuten bereits 2:0. Und ein Debakel für die Schenefelder schien es zu werden, als von Appen im Anschluss an einen Pfostenschuss von Patrick Ziller gar das 0:3 erzielte (31.). Doch das war nur der Auftakt einer Viertelstunde, die man so rasch wohl nicht vergisst. Erst scheiterte Rohollah Rohparwar mit einem Strafstoß an Brüggemann, nachdem Fabian Maaß den flinken Can Ünlü leicht gerempelt hatte (34.). Dann sahen Rohparwar und Len Strömer, bis vor zwei Jahren übrigens noch ein Blau-Weißer, gleichzeitig die Rote Karte, warum, das war Jan Clemens Neitzel dankenswerter Weise bereit, zu erklären: "Strömer hat den am Boden liegenden Schenefelder getreten, der ist aufgestanden und hat dem anderen ins Gesicht gefasst."

Blau-Weiß-Coach Selcuk Turan sah diese Szene in der 42. Minute ähnlich und ärgerte sich über seinen Spieler: "Wie kann man nur so behämmert sein und sich revanchieren, anstatt abzuwarten, ob es nicht die Rote Karte für den Gegenspieler gibt?" Unterdessen wurde es dem erfahrenen Trainerkollegen Bert Ehm mulmig. Erst drückte Can Ünlü im Fallen einen schlecht verteidigten Eckball zum 1:3 der Schenefelder über die Torlinie, das 1:3 (43.). Timm Thau haute sich mit allem, was er hatte, in eine Flanke von Kevin Fölsch rein - 2:3 (45.). 300 Fans dankten den Protagonisten mit prasselndem Beifall für einen aufwühlenden ersten Durchgang.

Antonio Ude drehte sich um den in dieser Szene arg nachlässigen Jan Düllberg und ließ Nick Schmidt mit seinem Schuss in die "kurze" Ecke keine Abwehrmöglichkeit, das war in der 54. Minute (2:4) dann doch die Vorentscheidung. Ständiges Schenefelder Anrennen wechselte sich ab mit riesigen Konterchancen der Elmshorn, von denen nur Patrick Ziller in der 85. Minute eine nutzen konnte (2:5). Nach Gelb-Rot für Sebastian Meyer (83.) und Rot für den eingewechselten Onassis Paschen wegen eines Fouls an Timm Thau (zweite Minute der Nachspielzeit) war Danijel Peric unmittelbar vor dem Abpfiff mit einem abgefälschten Freistoß gegen nur noch acht Elmshorner noch das dritte Tor der Gastgeber vergönnt. Als Belohnung für den leidenschaftlichen Auftritt hatten die Schenefelder am Wochenende trainingsfrei, die Gedanken der Elmshorner galten schon dem Nachholtreffen beim SC Sperber morgen um 19.30 Uhr.