Oberliga-Neuling VfL Pinneberg bezwingt den Vorjahresdritten SV Curslack-Neuengamme bei Saisonpremiere 2:0

Pinneberg. "Vor vier Jahren haben wir hier mal 1:0 gewonnen und uns so den Klassenerhalt gesichert", erzählte Torsten Hencke (SV Curslack-Neuengamme). "Und wir sind dadurch abgestiegen", entgegnete Michael Fischer (VfL Pinneberg). Zwei Fußball-Trainer und ihr Elefanten-Gedächtnis. Nun kehrte der VfL Pinneberg mit einem 2:0 (2:0) über den Vorjahresdritten aus dem Hamburger Osten auf die Bühne der höchsten Spielklasse (Oberliga) zurück. Roland Lange, früherer Torjäger, Ligaobmann und Coach, schon immer die Stimme des VfL, verneigt sich innerlich: "Für mich persönlich ist dies ein toller Tag. Michael, du hast etwas Großartiges geleistet."

Fischer bedankte sich für die Glückwünsche: "Dieser Sieg war die Krönung von drei Jahren intensiver Arbeit." Dabei hatte der Familienvater aus Appen für seine Begriffe eine altertümliche Taktik gewählt. Ganz hinten sollte Heiko Barthel im Stile eines Ausputzers den Ball aus der Gefahrenzone schlagen. Direkt vor ihm beschäftigten sich Mark Müller und Rafat Waseq mit den Curslacker Sturmspitzen. Libero, zwei Innenverteidiger, das ging gut. Da gehen die Gedanken gleich noch einmal zurück. Und zwar ins Jahr 2004, als Otto Rehhagel die griechische Nationalmannschaft sensationell zur Europameisterschaft führte und alle Kritiker an seiner überholten Spielweise mit folgenden Worten entwaffnete: "Meine Herren, modern ist, wenn man gewinnt."

Fischers Taktik war der Tatsache geschuldet, dass ihm Dennis Lünstäden und Serge Haag nicht zur Verfügung standen. Druck über die Außenpositionen konnten die Pinneberger trotzdem erzeugen, vor allem über die linke Seite, wo Gianluca DAgata die Curslacker vor der Pause schwindelig spielte und zu Fehlern nötigte. In der siebten Minute schlug der frühere Weltenbummler, der die Hälfte der vergangenen Saison wegen eines Auslandsaufenthalts nicht zur Verfügung stand, eine Flanke in den Strafraum, die Mekan Barlak über den "Scheitel" rutschte, ein Eigentor, der Treffer zum 1:0.

In der 39. Minute umkurvte DAgata drei Gegenspieler und passte nach innen. Thorben Reibe spazierte mit dem Ball am Fuß über die Torlinie - 2:0. "In der ersten Halbzeit haben wir hervorragend harmoniert", freute sich Mark Müller, der den giftigen Sinisa Veselinovic übrigens gut in den Griff bekam. Dann aber spielte sich noch eine Szene, in der Michael Fischer, wie er freimütig einräumte, "das Herz in die Hose rutschte". Torwart Stefan Steen blieb sichtbar mitgenommen am Boden liegen, nachdem er von Veselinovic im Luftkampf heftig gerempelt worden war.

Weitere Torleute standen nicht zur Verfügung, so dass sich Fischer schon bei seinen Feldspielern auf der Reservebank erkundigte: "Wer von euch will ins Tor?" Florian Holstein und Fabian Knottnerus meldeten sich freiwillig, doch dann rappelte sich Steen wieder hoch und trug mit seiner soliden Leistung zum Erfolg bei. Der redegewandte Torsten Hencke lieferte die Pointe zum Thema: "Dieses Spiel hätte der VfL auch mit einem Feldspieler im Kasten gewonnen."

Vermutlich. Trotz einer Steigerung im zweiten Durchgang verbreiteten die Gäste kaum einmal Torgefahr. Allenfalls bei einem Seitfallzieher des Curslacker Kapitäns Marco Theetz drohte dem VfL Unheil, doch dann flog der Ball links am Tor vorbei (65.). "Brotlose Kunst", sagen Fußballer dazu. Sicher "schaukelten" die Pinneberger den Vorsprung nach Hause, dann soll es eine Feier bis in die Morgensonne hinein geworden sein, dass die Wände im Container am Stadion wackelten. "Natürlich müssen wir für den Klassenerhalt noch ein paar Spiele mehr gewinnen. Für den Kopf war das aber ein besonders wertvoller Sieg", freute sich Michael Fischer, der während der Saisonvorbereitung manches Mal an seinem Team gezweifelt hatte.

Letztlich aber sind die Pinneberger ja auch keine Anfänger auf ihrem Gebiet. Mit Ausnahme von Stefan Steen, Jan Eggers und dem kurzfristig vom ETV dazu geholten Serdar Bahtiyar standen ausschließlich Akteure mit Oberligaerfahrung in der Startelf. Ein paar von den weniger erfahrenen kommen gewiss im Oddset-Pokalspiel morgen um 18.30 Uhr bei Gencler Birligi zum Einsatz.