Ursula und Friedrich Meyer fieberten beim Triumph ihrer Tochter im Großen Preis von Aachen auf der Tribüne mit

Schenefeld. Es war schon weit nach Mitternacht. Ein dunkelfarbiger Audi A 6 rollte auf den Parkplatz der Raststätte Holmmoor an der Bundesautobahn A 7 bei Quickborn. Aus dem Auto stiegen Friedrich Meyer und Ehefrau Ursula aus Nottfeld, einem Dorf mit 139 Einwohnern in der Nähe von Süderbrarup. "Nach all den Aufregungen wollten wir vor unserer Weiterfahrt nach Hause noch eine Tasse Kaffee trinken und über die Sensation von Aachen sprechen", begründete Ursula Meyer den nächtlichen Stopp. Erst um 3 Uhr morgens waren sie schließlich wieder auf ihrem heimatlichen Hof.

Wenige Stunden zuvor hatten sie auf einem Reiterhof in der Lindenallee in Schenefeld zwei junge Damen abgeliefert: Ihre Töchter Janne Friederike (30) und Anna Sophie (23). Janne, die glanzvolle Siegerin im "Rolex-Grand-Prix" beim CHIO-Reitturnier in der Aachener Soers und Anna Sophie, ihre pferdesportliche Beraterin. "Der blonde Engel und Lambrasco gewinnen den Großen Preis", hatte der ARD-Fernsehreporter gegen 18.30 Uhr ins Mikrofon gebrüllt, und seine Stimme hatte sich dabei fast überschlagen.

Für die Mannschaftsweltmeisterin von Kentucky (USA) 2010 war es "der genialste Tag in meiner bisherigen Reiterlaufbahn." Jannes Mutter, die mit ihrem Mann und mit ihrer jüngeren Tochter auf der Tribüne des Aachener Reiterstadions saß, hatte ebenso wie die 40 000 Reitsportfans im weiten Rund und Millionen Pferdefreunde vor den Fernsehern dem sympathischen Blondschopf die Daumen gedrückt.

Als Janne Friederike den 13 Jahre alten Holsteiner Wallach, den sie "Mops" nennt, mit letztem Einsatzwillen und großem Engagement erfolgreich über das abschließende Hindernis geführt hatte - fehlerfreie Ritte in beiden Umläufen hatte außer ihr kein Mitbewerber geschafft - fielen sich die drei Familienmitglieder glückstrahlend in die Arme.

Vater Friedrich erhält als Besitzer eine Siegprämie von 110 000 Euro

"Ich bin stolz auf meine Tochter und auf Lambrasco, der mit seinem Stockmaß von nur 1,61 Metern zu den kleinsten Springpferden im Kreis der Weltklasse gehört", sagte Friedrich Meyer. "Seine körperlichen Nachteile macht er mit seinem riesigen Einsatzwillen wett. Wenn Janne ihm zuruft, dass das nächste Hindernis auf dem Parcours kein Problem darstellt, dann springt er auch hinüber. Der Wallach ist sehr anhänglich, und er versteht sich blind mit seiner Reiterin." Der passionierte Züchter von Holsteiner Pferden ist der Besitzer von Lambrasco, und er bekommt die stolze Siegprämie von 110 000 Euro.

Ehefrau Ursula begleitet den sportlichen Werdegang ihrer ehrgeizigen Tochter, die in Schenefeld derzeit elf Pferde trainiert und ausbildet, bereits seit vielen Jahren. "Die Spannung beim Turnier in Aachen war wieder einmal furchtbar", sagte sie. "Dieser Sieg ist natürlich ein verdienter Lohn für ihre erstklassige Arbeit."

Lambrasco, das Pferd mit dem großen Kämpferherzen, ist unverkäuflich. Darüber ist sich die Familie einig. "Zwar hatte es schon nach der Weltmeisterschaft in den USA einige Anfragen und Angebote gegeben, aber Lambrasco bleibt im Familienbesitz", sagte Janne Meyer in Aachen. Ihre Mutter bekräftigte das am Montag noch einmal: "Er hat, das hoffe ich stark, mit Janne im Sattel noch einige erfolgreiche Jahre als Springpferd vor sich."

Das Holsteiner Springwunder kam am 3. April 1998 auf dem Hof der Pferdezüchter Heike und Jörg Bigeng in Borgwedel an der Schlei zur Welt. Später kaufte ihn Friedrich Meyer - mit Unterstützung des Unternehmens Cellagon, das mit Ergänzungsmitteln für eine gesunde Ernährung wirbt. "Cellagon T.GO macht schön und stark, gibt Kraft, macht erfolgreich", preist das Unternehmen ihre Produkte an.

Carsten-Otto Nagel belegt mit Corradina den sechsten Platz

Janne Friederike Meyer versteht es geschickt, ihren Sponsor in der Öffentlichkeit noch bekannter zu machen. Als eine TV-Reporterin sie nach dem Triumph im "Großen Preis" von Aachen zu ihrem Sieg mit "Lambrasco" beglückwünscht, verbessert die deutsche Meisterin blitzschnell: "Mein Pferd heißt Cellagon Lambrasco, und ich danke meinem Sponsor sehr für seine Unterstützung."

Janne Meyer hat ihr nächstes Ziel fest im Visier. Sie möchte zur fünfköpfigen deutschen Equipe bei den Europameisterschaften in Madrid (13. bis 18. September) gehören. Ihr Reiterkollege Carsten-Otto Nagel (Stall Moorhof/Holm), der mit Corradina im "Großen Preis" den sechsten Platz belegte, hat als aktueller Mannschafts-Weltmeister und Vize-Europameister den Platz wohl sicher, aber spätestens seit Aachen gehört Janne Meyer auch für Bundestrainer Otto Becker zum engsten Kandidatenkreis.

"Seit Aachen bin ich der festen Überzeugung, dass sie in Madrid mit dabei ist", meint Ursula Meyer. "Sie verlangt alles von sich und ihrem Pferd, und sie legt höchste Priorität auf den Nationenpreis, der ihr viel Freude bereitet. Janne ist eine unglaublich mannschaftsdienliche Reiterin, und das kommt ihr bei bedeutenden Wettkämpfen wie Welt- oder Europameisterschaften zugute."