Was Berkan Algan in Halstenbek von Trainer Thomas Bliemeister erwartet. Der Regisseur (34) unterschrieb für ein Jahr

Halstenbek. Die Szene nach dem 0:0 am 27. Mai bei Altona 93, das den Abstieg des TSV Wedel aus der Oberliga besiegelte, rührt immer noch: Von einem Weinkrampf geschüttelt sinkt Wedels Spielertrainer Berkan Algan zu Boden und kann nur mühsam von Freunden und Verwandten aufgerichtet werden. Diese Tränen sind fast sechs Wochen später noch nicht getrocknet, verrät der 34 Jahre alte Schenefelder, der sich nun Aufsteiger SV Halstenbek-Rellingen angeschlossen hat. Wir sprachen mit dem Mittelfeldspieler und Regisseur.

Hamburger Abendblatt:

Hallo, Herr Algan, hatten Sie einen schönen Urlaub, haben Sie sich gut erholt?

Berkan Algan:

Sie wissen ja, dass ich in Altona eine Sportsbar betreibe. Insofern war aus geschäftlichen Gründen an Urlaub nicht zu denken. Demnächst schicke ich meine Familie für zwei Wochen in die Heimat, ich selber bleibe hier, um mich auf meine Zeit bei der SV Halstenbek-Rellingen vorzubereiten.

Die Halstenbeker äußerten schon vor einem Monat starkes Interesse. Sie haben sich Zeit gelassen mit der Vertragsunterschrift und sich außerdem nur für ein Jahr verpflichtet. Warum?

Algan:

Eine zeitlang hatte ich mir Hoffnungen gemacht, bei meinem Ex-Verein Altona 93 als Trainer einsteigen zu können. Ich hatte dort auch ein schlüssiges Konzept eingereicht, leider hat man sich anderweitig entschieden. Es wären eine Riesenherausforderung und eine Herzensangelegenheit gewesen, für diesen Klub zu arbeiten. Das Thema AFC ist für mich deshalb nicht abgehakt, denn meine Zukunft sehe ich für mich als Trainer, als Spieler bin ich ja schließlich nicht mehr der Jüngste.

Sind Sie als Wortführer bei allen Ihren bisherigen Stationen und Mann, um den sich in Wedel das letzte halbe Jahr fast alles im Umfeld der Mannschaft drehte, überhaupt noch in der Lage, sich einzuordnen?

Algan:

Ich will Ihnen mal was sagen. Dem Halstenbeker Trainer Thomas Bliemeister, den ich schon seit meiner Anfängen als Spieler beim VfL Pinneberg kenne, bringe ich allein wegen seiner Erfahrung höchsten Respekt entgegen. Ich trete bei der Spielvereinigung an, um von ihm zu lernen, vielleicht auch etwas von seiner Gelassenheit in bestimmten Situationen für mich mitzunehmen.

Wie soll denn ein Trainer mit Ihnen, einem emotionalem Typ mit der Neigung, sich ungerecht behandelt zu fühlen, umgehen?

Algan:

Es stimmt, es ist nicht leicht mit mir. Aber nur, wenn die verkehrten Gespräche geführt werden oder gar keine. Es geht mir nicht darum, mal nur Ersatz zu sein oder ausgewechselt zu werden, sondern wie man mir das erklärt. Es geht um die Balance, einem Spieler einerseits Kummer zu bereiten und ihm andererseits die neue Situation verständlich zu machen. Gleichgültigkeit gegenüber Spielern funktioniert nicht, deshalb hätte ich als Trainer des VfL Wolfsburg niemals einen Ausnahmekönner wie Diego aufs Abstellgleis geschoben, sondern den Zugang zu ihm gesucht. Man muss Voraussetzungen schaffen, dass so ein genialer Spieler gar nicht erst auf die Idee kommt, vor einer wichtigen Partie die Mannschaftsbesprechung zu verlassen.

In Wedel hatten Sie die Spieler neu eingeschworen und nach aussichtslosem Punkte-Rückstand fast das Wunder vom Klassenerhalt hinbekommen. Warum hat es am Ende doch nicht ganz gereicht?

Algan:

Von einigen dieser Spieler bin ich enttäuscht. Sie haben nicht alles der Aufgabe untergeordnet. Aber ich räume auch ein, dass die Verpflichtung dem realen Leben gegenüber größer geworden ist. Früher war die höchste Hamburger Spielklasse eine ganz andere Welt, da haben sich die Sponsoren stärker engagiert. Auch in Wedel haben die finanziellen Rahmenbedingungen zum Schluss nicht mehr gestimmt, offenbar hatte man die Mannschaft frühzeitig abgeschrieben. Dann haben uns unglückliche Schiedsrichterentscheidungen in Bramfeld und Schnelsen Punkte gekostet, die am Ende bitter fehlten.

Tut es denn noch weh?

Algan:

Es ist verarbeitet, aber es wirkt noch nach, das können Sie ja meinen Worten entnehmen.