Hockey-Kooperation zwischen VfL Pinneberg und SV Rissen als Gegengewicht zu Hamburger Hochburgen

Pinneberg. Wie radikal sich Stimmungen drehen können, wenn man Strukturen ändert, das hat Frank Laurich in den vergangenen Monaten erfahren. "Als wir vor acht Jahren anfingen, beim VfL die Hockeysparte aufzubauen, war die Nähe zu Hamburg 20 Prozent Ansporn und 80 Prozent Frust, weil wir so hoffnungslos hinterher hinkten. Jetzt ist es umgekehrt", sagt Laurich. Der 50-Jährige ist seit 2007 Hockey-Vorstandsvorsitzender des VfL Pinneberg. Seine Mission: Im Dunstkreis der Hockey-Hochburg Hamburg ein Gegengewicht zu schaffen.

Der VfL, im Prinzip ein Breitensportverein mit fast 6000 Mitgliedern, zählt im schleswig-holsteinischen Verband neben Phönix Lübeck und dem Kieler HTC zu den Topklubs. Allerdings gibt es dort bislang keinen Ligenbetrieb im Erwachsenenbereich. Erst zur kommenden Hallensaison wird ein Herrenteam den Spielbetrieb in der untersten Klasse aufnehmen.

Angefangen hatte die Beschäftigung mit dem Krummstock in Pinneberg über ein Schulprojekt. Seitdem ist es Jahr für Jahr gelungen, neue Nachwuchsteams zu rekrutieren, so dass mittlerweile eine durchgängige Jugendstruktur, angefangen bei den "Wuseln" im Alter von vier bis sechs Jahren, besteht. Waren vor einigen Jahren Itzehoe oder Elmshorn die härtesten Konkurrenten, misst man sich nun immerhin mit den zweitklassigen Hamburger Klubs wie Polo, Altona-Bahrenfeld, Blankenese oder Heimfeld.

Die Nähe zu Hamburg ist ein Segen und Fluch zugleich

"Die Nähe zu Hamburg ist für uns Segen und Fluch zugleich", sagt Laurich. Segen, weil durch das große Einzugsgebiet ein enormes Reservoir an Talenten vorhanden ist, von denen einige auch in der Metropolregion nach Vereinen suchen würden. Fluch, weil die besten Talente dann doch zu den starken Hamburger Klubs abwandern. Um diesen Exodus zu verhindern, hat der VfL nun eine Kooperation mit dem Rissener SV vereinbart. Diese soll es ermöglichen, den Talenten im Hamburger Westen umfangreiche Spielmöglichkeiten zu bieten, damit niemand mehr wegen fehlender sportlicher Perspektive den Verein wechseln müsse. Erste Maßnahme: Die männliche Jugend A läuft in der Feldsaison als Spielgemeinschaft auf.

"Unsere Jugendarbeit ist sehr gut, Rissen hat aber das professionellere Umfeld und bietet Spielmöglichkeiten bis hoch zur Bundesliga", sagt Laurich. Die Herren des RSV spielen in der Halle in der Bundesliga und auf dem Feld eine Klasse darunter. Vor allem aber hat der Klub einen Kunstrasenplatz, der beim VfL noch Zukunftsmusik ist. Bislang wurde auf einem unmarkierten Platz hinter der Eggerstedt-Kaserne gespielt. Nun hat man immerhin einen neuen Standort an der Gesamtschule Thesdorf gefunden, wo ein Naturrasen grundsaniert wird, der im zweiten Schritt in Kunstrasen umgewandelt werden soll.

Leuchtturm-Projekte sollen auf die Hockey-Asse aufmerksam machen

In den kommenden Monaten wollen Laurich und seine Mitstreiter umfangreiche Angebote an Schulen machen, um in Projektwochen oder Arbeitsgemeinschaften neue Talente zu gewinnen. Zusätzlich richtet der Verein regelmäßig deutsche Jugendmeisterschaften aus oder veranstaltet Trainingscamps mit ehemaligen Bundesligaspielern, um seinen Mitgliedern etwas bieten zu können. "Wir brauchen Leuchtturm-Projekte, um auf uns aufmerksam zu machen", sagt Laurich.

Der selbstständige Kommunikationsprofi, dessen Sohn, 16, und Tochter, 13, beim VfL Hockey spielen, legt allerdings Wert darauf, nicht nur auf seinen Verein zu schauen. "Wir wollen, dass unsere Arbeit auch auf den schleswig-holsteinischen Verband abstrahlt", sagt er. Der jüngst zum Sportdirektor des Deutschen Hockey-Bundes berufene Heino Knuf will seinen Posten als Landestrainer in Personalunion weiterführen. Aus der Diaspora soll eine blühende Landschaft werden.