TSV Wedel kassiert das 1:1 gegen St. Pauli II in der 85. Minute

Wedel. Bis zur 85. Minute hoffte Fußball-Wedel auf die freudige Sensation. Der Abstiegskandidat Nummer eins (trotz allem) hatte den zukünftigen Meister der Oberliga am Rande einer Niederlage. Der TSV Wedel führte nicht nur mit 1:0, er hatte den Tabellenführer auch sicher im Griff.

Dann aber doch noch dieser Freistoß in der 85. Minute. Die Gastgeber ließen sich nervös machen, ordneten ihre Mauer nicht richtig, Torwart Nick Obeng Gyateng war noch nicht ganz auf dem Posten und Deran Töksöz, der Mann im braunen St. Pauli-Dress, zirkelte den Ball aus 20 Metern ins Netz. Der Tabellenführer hatte mit dem 1:1 wenigstens seine Ehre gerettet.

Überzeugen konnte er nicht. Allein die Gelben Karten, die St. Paulis zweite Garnitur kassierte, waren kaum noch zu zählen. In der 53. Minute hatte dazu noch Petar Filipovic seinem Gegnenspieler Sascha Kuzmannov mit der Hand ins Gesicht geschlagen. Schiedsrichter Dennis Krohn von der TSV Reinbek zögerte keine Sekunde und schickte den St. Pauli-Spieler in die Kabine.

Vorher schon, aber erst recht nach diesem Platzverweis, schallten immer häufiger Applaus und Anfeuerungsrufe über den Rasen, wenn die Gastgeber nach vorne stürmten.

Allein die Szene in der 62. Minute: Auf links hatte sich Mannschaftsführer Marc-Kemo Kranich durchgesetzt. Er schob den Ball quer zu Chiad Karakas. Das Tor vor ihm war frei, aber er stand falsch, passte noch einmal zurück zu Kranich. Als der endlich schoss, sprang ein Abwehrspieler dazwischen. "Wieder vergeben wir die größten Chancen", stöhnte Ligachef Walter Zessin auf und machte fünf Minuten später Luftsprünge.

Diesmal war es Berkan Algan, der Spielertrainer, der auf links blitzschnell zu Marc-Kemo Kranich spielte und der erzielte mit einem hohen Ball, der sich ins lange Eck senkte, das 1:0.

Hamburgs Fußball-Welt schien Kopf zu stehen. Wedel, diszipliniert, schnell, zweikampfstark schien den Frust der letzten Monate endgültig abzuschütteln. "Was hat dieser Algan aus dieser Mannschaft wieder gemacht", verkündete lautstark ein Wedeler Anhänger, was alle am Spielfeldrand spürten.

Von den 650 zahlenden Zuschauern waren zwar mindestens die Hälfte vom Millerntor, aber der Jubel kam von den Grünen. "Ich muss mich bei der Mannschaft für diesen großartigen Einsatz einfach nur bedanken", gab sich Berkan Algan am Ende bescheiden, "vor allem selbst bei denen, die auf der Bank sitzen mussten. Sie haben gezeigt, dass wir wieder eine Gemeinschaft geworden sind, die zusammensteht und zusammen kämpft. Ich rede nicht vom Klassenerhalt, sondern nur davon, dass bei uns wieder jeder stolz auf das sein kann, was wir auf dem Platz zeigen."

Die Wedeler hatten der spielstärksten Mannschaft der Oberliga letztlich zwar nicht komplett den Schneid abgekauft, aber doch gewisse Grenzen aufgezeigt. Und den Anhängern des TSV, die bisher so oft enttäuscht nach Hause gingen, macht Fußball in Wedel sichtlich wieder Spaß.