Der bis zum 13. Mai gesperrte Gerrit Diederichsen denkt über einen Neuanfang in einem hiesigen Klub nach. Seine Zeit bei der SV HR ist vorbei

Halstenbek. Auf dem Gasherd brennt das Feuer und Gerrit Diederichsen die Zeit unter den Nägeln. Es ist weniger als zwei Stunden vor Feierabend und noch immer drücken ihm die Servicekräfte unentwegt die Abrisszettel mit den Bestellungen in die Hand. Der Mann in der weißen Kochjacke und mit der blauen Schürze um die Hüften schwenkt die Kartoffeln in der Bratpfanne, gibt noch eine Prise Salz dazu, schaut nach dem Fleisch auf dem Grill und schichtet nebenbei das Bauernfrühstück an die Tomaten- und Gurkenscheiben auf den Porzellanteller. Das sind diese hektischen Momente, in denen der Chefkoch keinen Gedanken daran verschwendet, was er am dritten Spieltag der Hammonia-Staffel anrichtete. Seitdem sind Blau und Weiß auf dem Fußballplatz nicht mehr seine Farben. Für die SV Halstenbek-Rellingen spielt Gerrit Diederichsen nie wieder.

Er fühlte sich vom Schiedsrichter provoziert und wurde wütend

Der 13. August, das Nachbarschaftsderby gegen den VfL Pinneberg, eine 0:1-Niederlage, das Unglücksdatum. Aus der Ferne ist zu sehen, wie sich der 26 Jahre alte Defensivspieler nach dem Abpfiff wild gestikulierend Schiedsrichter Michael Ehrenfort (TuRa Harksheide) nähert. Was sich dann genau zutrug, schildern beide Beteiligten unterschiedlich. "Er hatte mich das ganze Spiel über provoziert. Das hatte mich aufgeregt und ich habe ihm gesagt, dass er das nie wieder mit mir machen soll. Dabei kam mir der Schiedsrichter mit dem Kopf voraus entgegen. Zu einem Körperkontakt ist es aber nicht gekommen. Für meine aufbrausende Art habe ich mich hinterher in der Kabine entschuldigt, nicht aber für meine Vorwürfe", so lautet die Version des Spielers. "Er hat mich an Nase und Kinn berührt", gibt der Unparteiische während der Sportgerichtsverhandlung am 25. August kurz und bündig zu Protokoll.

In Abwesenheit des Rotsünders, der einen lange geplanten Urlaub auf Kreta angetreten hat, kämpft Abteilungsleiter Richard Peper nach dieser Aussage vergeblich um ein mildes Urteil. Diederichsen erfährt vom Spruch der Sportrichter, als er am Flughafen Fuhlsbüttel wieder in Empfang genommen wird - und fällt aus allen Wolken. Das Sportgericht legt ihn bis zum 13. Mai 2011 auf Eis.

Die folgenden Tage und Wochen ordnet Diederichsen sein Berufsleben neu - und sein Verhältnis zur SV Halstenbek-Rellingen. Vergeblich drängen ihn befreundete Mitspieler wie Robert Hermanowicz, Sascha Richert und Sebastian Munzel, sich doch zur Mannschaft zu bekennen und weiterhin regelmäßig am Training teilzunehmen. Doch Diederichsen folgt dem Ruf seines Vaters Jens, der in Eidelstedt eines von 36 Hamburger Schweinske-Restaurants führt und den Sohn dringend in der Küche benötigt. Schichten mit den Kollegen zu Gunsten des Fußballs zu tauschen, das kommt nun nicht mehr infrage. Die Halstenbeker aber sehen keine Voraussetzungen für eine weitere Zusammenarbeit. Ende Oktober wird der Vertrag mit dem Spieler aufgelöst. Diederichsen kickte fünf Jahre und einen Monat für die Halstenbeker.

Hat er sich eigentlich jemals richtig wohl gefühlt am Jacob-Thode-Platz? Nein, in die Pfanne will er jetzt keinen mehr hauen. "Aber ich hatte zum Schluss nicht mehr das Gefühl, dort eine wichtige Rolle zu spielen. Die Spieler werden unterschiedlich behandelt. Zum Klubvorsitzenden Hans Jürgen Stammer hatte ich ein gutes Verhältnis, aber nicht zu Manager Detlef Kebbe, mit ihm kam ich schon in meiner kurzen Zeit beim VfL nicht so gut klar."

Vielleicht hätte es sich Diederichsen einfach nicht gefallen lassen sollen, ausschließlich links hinten oder vor der Abwehr eingesetzt zu werden. Zu Landesligazeiten bei Blau-Weiß 96 weckte er jedenfalls als pfiffiger Torschütze und dynamischer Spielmacher das Interesse höherklassiger Klubs in der Nachbarschaft. An diese Qualitäten reichte er in Halstenbek nie heran. "Aber er hat in der vergangenen Oberligaserie alle 34 Spiele bei mir bestritten, auf einer Position, die er sich selbst gewünscht hat. Das ist, würde ich mal behaupten, auch ein Zeichen von Wertschätzung", sagt HR-Trainer Thomas Bliemeister.

Warten auf konkrete Angebote aus dem Kreis Pinneberg

Vielleicht liefert ja folgender Satz Gerrit Diederichsens die Erklärung für alles: "Ich bin ein geselliger Typ, aber auch ein Dickschädel." So geht er nun fast jeden Morgen vor der Arbeit ins Fitness-Studio, verabredet sich regelmäßig mit seinem jüngeren Bruder Kevin und Freuden zum Hallen-Fußball weit draußen in Bergedorf. Konkrete Anfragen von Vereinen liegen nicht vor. Und so bleibt die Frage, ob er jemals wieder die Welt der Speisekarten mit der Welt der Gelben und Roten Karten in Einklang bringen wird. Wenn doch, dann soll es trotz seines kürzlichen Umzugs von Schenefeld nach Langenhorn wieder ein Verein im Kreis Pinneberg sein: "Mit dieser Region bin ich verwurzelt."