Nach einem DFB-Entscheid müssen sie die monatliche Mindestvergütung für Vertragsspieler ab Juli 2011 von 150 auf 250 Euro anheben

Pinneberg. "Die da oben machen sich doch gar keine Gedanken. Dies ist ein erneuter Schlag ins Gesicht des Amateurfußballs", klagt Hans Jürgen Stammer. Kaum durfte er einmal ein paar unbeschwerte Stunden im Rahmen der Weihnachtsfeier seiner Fußballsparte verbringen, sieht der 61 Jahre alte Vereinsvorsitzende der SV Halstenbek-Rellingen schon wieder Probleme auf sich zurollen.

"Erheblich höhere Kosten" sorgen für Verunsicherung bei HR

Es geht um einen Beschluss des DFB-Bundestages vom 22. Oktober, der sich nach Stammers Auffassung fatal auswirken könnte. Der Deutsche Fußball-Bund änderte seine Spielordnung dahin gehend, dass die monatliche Mindestvergütung für Vertragsspieler von 150 auf 250 Euro angehoben wird. Darauf sind weiterhin jeweils noch 30 Prozent Arbeitgeberanteile in die Sozialversicherung abzuführen. Die Änderung tritt mit dem 1. Juli 2011 in Kraft. "Wo soll das Geld herkommen?", fragt sich Hans Jürgen Stammer. Bei zurzeit sechs Akteuren mit Vertrag im Kader des HR-Landesligateams geht er von "erheblich höheren Kosten" als bisher aus - wenn die Halstenbeker nicht eine unsichere Planung in Kauf nehmen wollen.

Spieler "X" ist nicht vor Ende eines Halbjahres (30. Juni, 31. Dezember) aus seinem Verein ausgetreten, will sich aber aus welchen Gründen auch immer während der ersten Wechselperiode (vom 1. Juli bis 31. August) oder der zweiten (vom 1. Januar bis 31. Januar) neu orientieren. Das ist ohne Zustimmung seines Vereins nur gegen Zahlung einer Entschädigung möglich, die der abgebende Verein in einem gewissen Rahmen diktiert. Oder der Spieler wird von seinem neuen Klub eben mit einem Vertrag ausgestattet. Hat er auch nur ein Freundschaftsspiel absolviert, geht's nur noch mit Vertrag.

So ließen die Halstenbeker im August zum Beispiel Reservist Daniel Arndt anstandslos zur SV Lieth ziehen. Arndt hatte aber Testspiele für HR absolviert und musste in Klein Nordende mit einem Vertrag versehen werden. Dafür geriet SVL-Manager Torben Roß mit dem TV Haseldorf, der 600 Euro Ablösesumme für Torwart Tim Brüggemann forderte, in den Clinch. Roß verweigerte die Zahlung, Brüggemann kam ohne offizielle Haseldorfer Einwilligung zum Einsatz.

Die neue Regelung macht für den TSV Wedel durchaus Sinn

Das Ende vom Lied: 300 Euro Geldstrafe, zwei Spiele Sperre für Brüggemann, und dann musste der Keeper ja doch unter Vertrag genommen werden, um die Haseldorfer Forderungen zu umgehen und überhaupt spielberechtigt zu sein. "Nun gelten diese Verträge mit Tim und Daniel ja zum Glück nur ein Jahr. Danach werden wir sie anders an uns binden", wirft SVL-Ligaobmann Carsten Perner ein. "Immer machen wir so ein Theater nicht mit. Zur Not verzichten wir eben auf die eine oder andere Verpflichtung", so Torben Roß.

Im Umkehrschluss ergibt die neue Regelung einen Sinn. Das ist die Überzeugung von Walter Zessin, der in den zurückliegenden Monaten zur Sicherung des Spielbetriebs etliche Neuzugänge für den TSV Wedel verpflichtete und neun Verträge abschließen musste. "Man darf nicht die Interessen der ganz Kleinen vergessen. Aufgrund der höheren Kosten werden es sich die Oberliga- und Landesligavereine in Zukunft gründlich überlegen, Spieler aus der Bezirksliga oder Kreisliga abzuwerben", glaubt der TSV-Manager. Und dann stellt Zessin noch eine provozierende Frage in den Raum: "Seien wir doch ehrlich. Welcher Oberliga- oder Landesliga-Fußballer kickt denn noch für 150 Euro im Monat?"

Immer wieder wird der FC Elmshorn (fünf Vertragsspieler stehen im Kader der Elmshorn) in Zusammenhang mit guten Konditionen für sein Personal gebracht. Das heißt aber nicht, dass Präsident Helge Werner Melzer Verdienst und Leistung nicht in Einklang zu bringen weiß. "Wenn einer plötzlich 1200 Euro mehr im Jahr bekommen soll, dann muss man mit diesem Spieler einen Kompromiss finden", sagt der Geschäftsmann.

VfL rechnet im Falle des Aufstiegs mit einer höheren Zuschauerresonanz

Freiwilliger Verzicht auf Prämien und Fahrtkosten, ist das die Alternative? Beim VfL Pinneberg (zwölf Vertragsspieler) sieht Ligaobmann Christopher Dobirr vor allem zwei Möglichkeiten, den Etat zu sichern: "Wir benötigen zusätzliche Sponsorengelder und gehen zukünftig von einem höheren Zuschaueraufkommen aus, wenn wir in die Oberliga aufsteigen sollten." Oder es müssen eben Einsparungen vorgenommen werden.

Gar nicht vom Problem sind offenbar der SV Rugenbergen, der SC Egenbüttel und der TuS Holstein Quickborn berührt. "Bei uns wird alles per Handschlag geregelt", versichert SVR-Manager Andreas Lätsch. "Wir zahlen prinzipiell nichts", betonen der SCE-Vorsitzende Norbert Schroeder sowie der Quickborner Abteilungsleiter Torsten Hoffmann.

Christopher Dobirr erklärt die Risiken: "So ein junger, starker Spieler wie unser Nikola Maksimovic könnte auch anderswo Begehrlichkeiten wecken. Einem wie ihm werde ich immer einen Vertrag geben, sonst ist er nämlich plötzlich weg."

Lebensversicherung sei allerdings vor allem ein starker personeller Unterbau, über den die Pinneberger mit ihrer zweiten Mannschaft - potenzieller Bezirksliga-Aufsteiger - verfügen. Dobirr: "Die Zeit der aufgeblähten Kader ist vorbei."