Zweimal verlor Pinneberg zuletzt Heimspiele gegen Oberliga-Nachbar Halstenbek-Rellingen. Gestern nun glückt auswärts ein 3:0 vor 360 Zuschauern.

Halstenbek. Serdar Bahtiyar faltete die Hände und schickte Stoßgebete um Himmel. Der eingewechselte Mittelfeldspieler des VfL Pinneberg verfehlte in der 90. Minute aus ein paar Metern das leere Tor. Was hätte er als zukünftiger Akteur der SV Halstenbek-Rellingen wohl zu hören bekommen, wäre das spielentscheidend gewesen?

So aber löste der pünktliche Abpfiff von Schiedsrichter Jan Clemens Neitzel alles in Wohlgefallen auf. Die Pinneberger Oberliga-Fußballer feierten einen 3:0 (2:0)-Erfolg auf dem Rasen des Nachbarn, der ihnen zuletzt mehrfach mit Erfolgen im VfL-Stadion die Laune verdorben hatte. Wortlos schlich Thomas Brandt an der Traube jubelnder Blau-Rot Quergestreifter in die Kabine. "So, wie es lief, war es ein Fehler, ihn zu bringen", sagte sein Trainer Thomas Bliemeister ganz unverblümt.

Fast fünf Monate hatte Brandt wegen eines Innenbandanrisses pausiert. Nun sollte er im Hinblick auf das Oddset-Pokalspiel am Freitag beim SC Poppenbüttel Spielpraxis sammeln, patzte aber zweimal. In der 25. Minute flog der als Flanke gedachte Ball von Jan Eggers in hohem Bogen über ihn hinweg ins Tor. Der Unparteiische eilte noch zu seinem zuständigen Assistenten und klopfte ab, ob Brandt eventuell von einem abseits postierten Pinneberger irritiert gewesen sein könnte. Der Linienrichter schüttelte den Kopf, Neitzel zeigte zur Mitte. In der 42. Minute machte Brandt bei einem Flachpass von Thomas Koster einen Schritt vor und dann wieder einen zurück. Thorben Reibe brachte den Ball in der rechten Ecke unter.

Lediglich das dritte Gegentor war dem 22 Jahre alten Keeper nicht anzukreiden. Aus allzu kurzer Entfernung kam der Flachschuss des bei einem Freistoß mit aufgerückten Mark Müller. Doch wer Brandt kritisiert, sollte seine Krankengeschichte beachten. Und er sollte auch nicht vergessen, dass der Jungkeeper beim Halstenbeker 2:1 im Hinspiel einen Elfmeter von Dirk Hellmann abwehrte. Mal "Held", mal der Unglücksrabe, im Sport gehörts dazu.

Auf der Tribüne wünschte sich jemand Frank Rückert zurück

Hellmann wurde diesmal in der achten Minute auffällig. Erst foulte der schon vor geraumer Zeit zum Innenverteidiger umfunktionierte Ex-Stürmer Hendrik Boesten, dann löste er auch noch eine kleine Rangelei aus. Jan-Clemens Neitzel reagierte mit Gelb, doch dann hielt die Partie nicht, was der emotionale Anfang versprach.

+++ Die Statistik +++

Das lag vor allem an den Halstenbekern, deren Gegenwehr sich auf eine Torchance in 90 Minuten beschränkte. Yannick Bräuer flankte von links in die Mitte, Hendrik Boesten jagte den Ball in Bedrängnis volley über das Tor (23.). Später wurde unter dem Tribünendach Unmut über Boesten laut, total außer Form sei er, schimpften die Fans. Einer wünschte sich sogar Ex-Torjäger Frank Rückert, längst bei den Alten Herren gelandet, ins Team zurück. Rückert hielt sich links neben dem Kasten von VfL-Schlussmann Stefan Steen auf und wartete die gesamte zweite Halbzeit vergeblich auf eine zwingende Aktion der Spielergeneration nach ihm. "So ängstlich hätten wir uns vor eigenem Publikum nicht präsentieren dürfen", übte Yannick Bräuer Selbstkritik.

Kurz vor dem Anpfiff hallte den Besuchern der wuchtige Chorsatz von Carl Orffs "O Fortuna" entgegen. Das war die Musik, die sich das Halstenbeker Team von Stadionsprecher Sascha Jost zur Stimulation wünschte. Die große Oper ist es dann aber nicht geworden, eher "nichts Berauschendes", wie sich VfL-Coach Michael Fischer ausdrückte. Den Sieg der eigenen Mannschaft empfand er als "verdient und souverän. Wir sind mal wieder dran gewesen". Allerdings neiden die Pinneberger den Halstenbekern die Möglichkeit, noch Pokal-Lorbeeren ernten zu können. Als sich der VfL in Osdorf aus dem Wettbewerb verabschiedete, fehlte Abwehrrecke Mark Müller an allen Ecken und Enden - "Rückenblockade, ich konnte mich nicht mehr bewegen."

VfL-Spieler wunderten sich, dass von HR so wenig Druck kam

Diesmal wunderte sich Müller, im Abwehrzentrum kaum gefordert worden zu sein: "Von den Halstenbekern hatte ich wesentlich mehr Druck erwartet." Ein Bier tranken die Sieger noch, dann galten die Gedanken schon wieder dem nächsten Derby. Am Donnerstag um 18.30 Uhr gibt der SV Rugenbergen ein Gastspiel im Stadion I. Die Halstenbeker begannen gleich nach dem Abpfiff damit, ihren weißen Pavillon, indem der Vereinsvorsitzende Hans Jürgen Stammer und Gattin Karin die Sponsoren mit Kaffee und Kuchen bewirtet hatten, abzubauen. Wer sich die zweite Halbzeit überwiegend dort aufhielt und von den leckeren Torten naschte, der hatte im Grunde nichts verkehrt gemacht.