In 25 aktiven Jahren hat er sich schon (fast) alles gebrochen. Der 39-jährige Bokeler gehört zu einer Handvoll Profis in Deutschland.

Bokel/Brokstedt - Die "Wikinger" haben die Spitze der Bundesliga erobert. Die Fans der Speedway-Spektakel wissen, was das heißt: Die "Wikinger", das Spitzenteam des MSC Brokstedt, hat auf dem eigenen Renn-Oval den MC Güstrow besiegt. Fast 3000 Fans erlebten, wie Daniel Nermark, schwedischer Nationalfahrer, erstmals für Brokstedt im Team, mit dem Dänen Charlie Gjedde kämpfte - und am Ende feierten sie doch wieder Matthias Kröger aus Bokel, über zwei Jahrzehnte Brokstedts Lokalheld.

Nach dem neuen Austragungsmodus wurden insgesamt zwölf Vorläufe gefahren. Dabei müssen zwei Fahrer jeder Mannschaft gegeneinander antreten. Am Ende bekommt der Sieger drei, der Zweite zwei und der Dritte einen Zähler. Entscheidend für den Gesamtsieg aber ist, dass die zwei Teammitglieder auf der Bahn taktisch zusammenhalten. Und da leistete Matthias Kröger, den die Speedway-Szene nur "Matten" nennt, im Finale wieder Entscheidendes.

Zum letzten Rennen stand er gemeinsam mit Stephan Katt aus Neuwittenbek bei Kiel am Start. Katt schoss als erster los, Routinier Matten Kröger machte hinter ihm zu, wie die Rennfahrer es nennen, wenn einer die beiden Gegner nicht vorbei lässt. Dieses Manöver brachte Brokstedt den Gesamtsieg über Güstrow und die Führung in der Bundesliga.

Die Pinneberger Zeitung sprach mit dem Mann, der seit dem 15. Lebensjahr spektakuläre Rennen für den MSC Brokstedt an den Start geht.

Pinneberger Zeitung:

Herr Kröger, am 24. Mai werden Sie 40 Jahre alt, nicht Zeit, Schluss zu machen mit Ihrem gefährlichen Sport?

Matthias Kröger:

Ja, nein, vielleicht. Immerhin hatte ich die vergangenen beiden Jahre keinen ernsthaften Sturz mehr. So lange ich weiter von Verletzungen verschont bleibe, hänge ich den Stahlschuh noch nicht an den Nagel.

Pinneberger Zeitung:

Beim Rückblick auf 25 aktive Jahre im Speedway-Sport, was hatten Sie sich denn schon alles gebrochen?

Kröger:

Einfacher wäre es, ich würde aufzählen, was ich mir noch nicht gebrochen habe.

Pinneberger Zeitung:

Hatte der lebensbedrohlichste Unfall Ihres Lebens denn überhaupt etwas mit dem Motorradsport zu tun?

Kröger:

Nur indirekt. Ich war mit dem Auto unterwegs zu einer Siegerehrung, da erwischte es mich zwischen Bad Bramstedt und Neumünster. Ich musste aus der Karosserie herausgeschnitten werden, lag vier Tage im Koma. Mein rechtes Schienbein und der Knöchel waren nur noch Trümmer.

Pinneberger Zeitung:

Sie waren damals 20 Jahre jung und sind nach einem Jahr schon wieder Rennen gefahren

Kröger:

Und bekam gleich eine Einladung zu einer Rennserie nach Australien. Dort hat mich ein Amerikaner so in die Planken geschoben, dass diesmal meine linke Hüfte und mein linker Knöchel zusammengeflickt werden mussten. Drei Monate lag ich alleine dort unten im Krankenhaus.

Pinneberger Zeitung:

Reicht das nicht fürs ganze Leben?

Kröger:

Ein paar Unfälle sind in den 23 Jahren auf den Rennstrecken in Europa schon noch dazu gekommen.

Pinneberger Zeitung:

Und auch Brüche?

Kröger:

Es folgten nur noch der Oberarm, das Handgelenk, der linke Knöchel, das linke Schienbein, das linke Knie, beide Schlüsselbeine und natürlich auch ein paar Rippen.

Pinneberger Zeitung:

Sie haben zwei Söhne: den fünfjährigen Jannik und den sechsjährigen Niklas. Sagt Ihre Frau mittlerweile nicht, dass es mit 40 nicht endgültig genug ist?

Kröger:

Ich ernähre meine Familie mit meinem Sport. Im vergangenen Jahr beispielsweise bin ich fast jede Woche nach England geflogen und dort in der Profiliga mitgefahren. Am kommenden Wochenende fahre ich auf der Sandbahn in Bad Zwischenahn ein internationales Rennen.

Pinneberger Zeitung:

Bei wie vielen Saisoneinsätzen müssen Sie denn Kopf und Kragen riskieren?

Kröger:

Also, hinsichtlich des Riskierens ist es schon so, dass ich heute vorausschauender fahre und mich vor allem beim Start mehr konzentriere. Zu den Einsätzen: 68 Rennen bin ich im vergangenen Jahr gefahren.

Pinneberger Zeitung:

Sie sind Kapitän des Brokstedter Bundesliga-Teams. Ihr Saison-Traum?

Kröger:

Dass wir uns für das Finale qualifizieren. Das wäre für mich ein Höhepunkt. Im vergangenen Jahr wurde ich mit der Nationalmannschaft Team-Weltmeister auf der Langbahn.

Pinneberger Zeitung:

Wenn Sie aufhören werden, was macht ein Profi wie Sie dann?

Kröger:

Ich tune schon jetzt Rennmaschinen für andere Fahrer. Das will ich dann zu meinem Hauptberuf machen.

Interview: Norbert Scheid