Hermann Rieger steht vor einer Spielerkabine und lässt es sich schmecken. Am Imbissstand hatte er ein großes Stück Marmorkuchen gekauft. “Das ist sicherlich echte Rugenbergen-Spezial-Diät“, sagt das HSV-Urgestein.

Aufgrund seiner ehrlichen und fröhlichen Art und langer Tätigkeit als Physiotherapeut beim Hamburger Sportverein genießt der 67-jährige Pensionär heute noch Kultstatus.

Rieger stellt seinen Koffer in der Kabine ab, schaut auf das Spielfeld und sagte verschmitzt: "Hoffentlich verletzt sich jetzt keiner, sonst müsste ich mit dem Kuchen in der Hand hinlaufen." Noch ist er arbeitslos, im Wohltätigkeitsspiel zu Gunsten Not leidender Kinder und für die Jugendabteilung des SV Rugenbergen führen "Nico Hoogma & Friends" gegen ein Allstar-Team der Gastgeber 2:1.

Sie sind in die Jahre gekommen, die HSV-Stars der vergangenen Jahre, aber verlernt haben sie ganz gewiss nichts. Manch einer unter ihnen hat ein paar Pfunde zuviel auf den Rippen, doch sie können immer noch Fußball spielen. 250 Zuschauer, darunter Rodolfo Esteban Cardoso, Trainer des Regionalliga-Teams des HSV, sparen nicht mit Beifall. Das gilt für Nico-Jan Hoogma, den früheren HSV-Kapitän, genauso wie für Jörg Albertz, den die Fans einst "Hammer-Ali" nannten und ganz besonders natürlich für Sergej Barbarez, viele Jahre Publikumsliebling und heute im HSV-Aufsichtsrat. Zwei Treffer steuert der 37-Jährige in Bönningstedt zum 4:3-Sieg seines Teams bei.

Aber wo ist Harald Spörl?, fragen sich alle. "Lumpi", wie er in seiner aktiven Zeit häufig genannt wurde, hatte sich doch auch für den "Tag der Legenden" am Sonntag am Millerntor angesagt. Eine halbe Stunde nach Spielbeginn kommt der ehemalige HSV-Verteidiger dann doch noch um die Ecke. "Ich habe auf dem 600 Kilometer langen Weg von Bayern hierher mehrfach im Stau gestanden", sagt er zu seiner Entschuldigung.

Frau und Tochter hat Spörl nach der anstrengenden Autofahrt zuvor noch im Hotel abgesetzt. Mit großem Hallo empfangen ihn Nicos Freunde, und dann darf er in der zweiten Halbzeit noch mitkicken. Nico Hoogma, wenig später ausgewechselt, ruft ihm von der Seitenlinie zu: "Na, geht's noch, Harald?"

Hermann Rieger kann den Marmorkuchen zwar in aller Ruhe aufessen, aber kurz vor Spielende wird seine Hilfe doch noch gebraucht. Da zieht sich Börje Scharnberg vom Allstar-Team Rugenbergen bei einem Zusammenprall eine schmerzhafte Schien- und Wadenbeinverletzung zu.

Rieger und ein Betreuer nehmen ihn in die Mitte und leiten den Unglücksraben behutsam zum Krankenwagen, der innerhalb weniger Minuten vor Ort ist und Scharnberg ins Albertinen-Krankenhaus nach Schnelsen bringt. "Mehr kann ich im Moment nicht tun, aber dennoch alles Gute für dich", sagt der Kultmasseur beim Abschied und klopft ihm dabei mitfühlend auf die Schulter.