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Quickborner Autist und Regisseur: Filmen kann ich nächtelang

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Burkhard Fuchs
Regieassistent Rémi Galtay hat auch eine kleine Rolle im Langfilm „Signale“. Hier bezirzt er die Mitschülerin Nina Viktoria Nowak. Kameramann ist Julian Glogau, Beleuchter Fabian Pehl.

Regieassistent Rémi Galtay hat auch eine kleine Rolle im Langfilm „Signale“. Hier bezirzt er die Mitschülerin Nina Viktoria Nowak. Kameramann ist Julian Glogau, Beleuchter Fabian Pehl.

Foto: Burkhard Fuchs

Filmemacher Louis Bennies dreht eine längere Version seines berührenden Kurzfilm-Debuts „Signale“. Worum es in dem Film geht.

Quickborn. Die Stadt Quickborn ist wieder einmal Filmkulisse. Zum wiederholten Mal dreht der Quickborner Filmemacher Louis Bennies (23) in seiner Heimatstadt, in der aufgewachsen und zur Schule gegangen ist. Nach drei Kurzfilmen ist es nun sein erster Langfilm, den er mit 20 Darstellern und 60 Komparsen an verschiedenen Orten in Quickborn, Barmstedt und Hasloh realisiert.

Es wird die 100 Minuten lange Fassung seines ersten 23-minütigen Kurzfilms „Signale“ von 2021 sein, mit dem der Jungfilmer mehrere internationale Preise auf Kurzfilmfestivals gewann.

Quickborn: Autist dreht Spielfilm über das Asperger-Syndrom

„Wir wollen näher auf die Charaktere eingehen“, erklärt Bennies seine Ambitionen für die erneute Beschäftigung mit der Geschichte um einen autistischen Jungen mit Asperger-Syndrom, der sich in seine Mitschülerin verliebt hat und an ihren abweisenden Reaktionen und seinen falschen „Signalen“ zu verzweifeln droht.

Die Figuren sollen mit mehr Leben und Filmzeit gefüllt, das Verhalten der Mitschüler ausführlicher beschrieben werden, erläutert Regieassistent Rémi Galtay weiter. Zudem möchte das Filmteam den Konflikt ihres Hauptdarstellers Lukas (gespielt von Björn Möller-Elsner) mit seinen Eltern deutlicher machen. „Die sind nämlich stark von Vorurteilen behaftet und haben wenig Verständnis für die Gefühlswelt ihres Sohnes“, erklärt Bennies.

Es geht wieder um Autismus und wie die Umwelt diese Krankheit fehldeutet

Der Quickborner Filmemacher, der sich inzwischen zum Werbefilmer hat ausbilden lassen, weiß, wovon er in seinen Filmen spricht. Sie haben allesamt emotionale Titel und heißen „Signale“, „Gefühle“ und „Ängste“. Bennies ist selbst Autist, hat das Asperger-Syndrom, eine spezielle Form des Autismus, und ADHS. Das bedeutet, dass er sich nicht lange auf eine Sache konzentrieren kann. Es falle ihm schwer, Freundschaften zu schließen, er fühle sich unwohl in großen Gruppen, habe wegen seiner speziellen Interessen und Hobbys oft im Abseits gestanden. „Kommunikation ist schwierig.“

Die Schulzeit am Mühlenberg und der Comeniusschule in Quickborn sei nicht einfach für ihn gewesen, erzählt der Filmemacher. Er musste lange starke Medikamente nehmen. Erst am Berufsbildungszentrum in Norderstedt machte er das Abitur. Andererseits könne er sich sehr gut auf ganz spezielle Dinge fast bis zur Selbstaufgabe konzentrieren, und das sei vor allem das Filmen, das er nächtelang machen könnte, bis alles fertig sei.

Der Spielfilm hat wieder autobiografische Züge des Autors und Regisseurs

Und so möchte er die innere Zerrissenheit und psychischen Probleme des Hauptdarstellers in den Mittelpunkt seines ersten Langfilmes stellen. Er müsse förmlich über sich hinauswachsen, um sein schwankendes Selbstbewusstsein zu überwinden und die Aufmerksamkeit seiner großen Liebe zu erreichen, erläutert Bennies. Und seine Umwelt wisse oft nicht, wie sie sich richtig verhalten solle.

Das gelte gerade für das Elternhaus. Die Mutter, eine Lehrerin, deute seine Signale oft falsch, weil sie seine Probleme nicht verstehe. Und sein Vater versuche, ihm zu helfen, scheitere aber daran, weil er nicht ahnen könne, wie er das am besten für den Jungen anstellen soll. „Der Film hat autobiografische Züge“, räumt der junge Filmemacher ein.

Trailer Signale Kurzfilm

Diese Krankheit ist heute noch von vielen Klischees und Vorurteilen behaftet

„Autismus ist heute immer noch sehr klischeebehaftet“, sagt Regieassistent Galtay. Viele dächten dann sofort an den berühmten Hollywood-Film „Rain Man“ mit Dustin Hoffman von 1988, in dem dieser mit seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten viel Geld beim Glücksspiel in Las Vegas gewinnt.

Doch das wahre Leben eines Autisten sei weit weg von solchen „Superhelden“, sagt Galtay. „Für viele Menschen ist Autismus nicht erkennbar, und sie verstehen nicht, dass es nicht unhöflich gemeint ist, wenn jemand in sich gekehrt ist.“

Der Spielfilm soll nächstes Jahr auf Festivals und im Internet zu sehen sein

Für Bennies hat sein Debütfilm ohne Weiteres „das Potenzial für eine längere Geschichte“, die er nun in Spielfilmlänge auserzählen möchte. Der fertig geschnittene Film soll dann im nächsten Jahr bei den bekannten Streamingdiensten im Internet laufen, ist die Idee. Auch seine Kurzfilme sind auf diesen Plattformen immer noch abrufbar. Zudem werde er den Langfilm auf Filmfestivals einreichen, kündigt der emsige Quickborner Filmemacher an.

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Auch diesen Langfilm habe er mit sehr kleinem Budget gedreht, sagt der Autor und Regisseur Bennies. Nur ein paar Tausend Euro stünden weitgehend aus Spenden zur Verfügung. Damit könne er den Schauspielern keine reguläre Gage zahlen, nur ihre Fahrtkosten ersetzen und das technische Equipment und die Beköstigung der 70-köpfigen Filmcrew am Set finanzieren. Für manche Drehorte, wie am Rantzauer See, habe er sogar ein Honorar an die Behörden zahlen müssen, damit er dort drehen durfte.

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