Halstenbek. Die Weltklasse-Beachvolleyballerin lebt jetzt im Kreis Pinneberg. Wie es dazu kam und wie es ihr gefällt, verrät sie im Gespräch.

Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, lebt seit mehr als einem Jahr eine veritable Sportlegende in Halstenbek, Weltmeisterin, mehrfache Europa- und vielfache Deutsche Meisterin, der 2016 der maximale Erfolg glückte: Mit Kira Walkenhorst an ihrer Seite gewann Laura Ludwig Olympisches Gold im Beachvolleyball. Das Super-Duo trennte sich Anfang 2019. Ludwig war schwanger, Walkenhorst von permanenten Verletzungen geplagt.

Danach lief es für Laura Ludwig sportlich nicht mehr richtig rund. Sie fand keine kongeniale Partnerin. Der laufende Versuch mit Deutschlands bester Hallenvolleyballerin, Louisa Lippmann, dürfte der letzte seiner Art sein. Die beiden haben sich vorgenommen, sich für die Olympischen Spiele 2024 in Paris zu qualifizieren, treten an diesem Wochenende beim Turnier „Queen & King of the Court“ auf dem Hamburger Heiligengeistfeld an.

Laura Ludwig lebt jetzt mit Familie im Kreis Pinneberg

Ein hehres Ziel. Die Konkurrenz ist schon im eigenen Land stark, von den Topteams aus Brasilien, den USA, aus Japan oder China ganz zu schweigen. Und das neugebildete Team hat kaum Weltranglistenpunkte auf dem Konto, muss ganz unten anfangen und sich bei Challenge-Turnieren der zweiten Kategorie Zähler für Zähler zusammenkratzen.

Beachvolleyballerin Laura Ludwig wohnt jetzt mit Familie in Halstenbek. Hier mit ihrem Lebensgefährten Imornefe „Morph“ Bowes – zugleich ihr langjähriger Trainer – sowie den Söhnen Theo und Lenny.
Beachvolleyballerin Laura Ludwig wohnt jetzt mit Familie in Halstenbek. Hier mit ihrem Lebensgefährten Imornefe „Morph“ Bowes – zugleich ihr langjähriger Trainer – sowie den Söhnen Theo und Lenny. © HA | privat

Im Februar 2022 kurz vor der Geburt ihres zweiten Sohns Lenny zog Ludwig mit ihrem Lebensgefährten Imornefe „Morph“ Bowes nach Halstenbek. Der Brite ist zugleich ihr langjähriger Trainer. Ihr erstgeborener Sohn Theo Johnston ist vier Jahre alt. Lenny kam vor ziemlich genau einem Jahr zur Welt, ist mithin schon ein gebürtiger Halstenbeker.

Olympiasiegerin wird häufiger in Halstenbek erkannt als sie dachte

Das Hamburger Abendblatt sprach mit Laura Ludwig über ihren neuen Lebensmittelpunkt und die sportlichen Perspektiven im Hinblick auf eine dritte Olympiateilnahme nach dem Triumph 2016 und dem fünften Platz 2021 in Tokio.

Hamburger Abendblatt: Wieso ist Ihre Wahl auf Halstenbek gefallen und nicht auf eine glamourösere Gegend?

Laura Ludwig: Ehrlich gesagt, war es weniger die Umgebung als das Haus selbst, auf das die Wahl gefallen ist. Halstenbek-Krupunder kannte ich vorher nur aus dem Stauradar und bestimmt gibt es coolere Adressen als diese. Das finde ich aber nicht so wichtig. Ursprünglich hatten wir im Nordosten Hamburgs gesucht, wegen der günstigeren Lage zur Trainingsanlage am Olympiazentrum Hamburg-Dulsberg und auch zu meiner Heimatstadt Berlin. Aber in dem Gebiet fingen wir nirgendwo wirklich Feuer, während wir uns in die Halstenbeker Immobilie auf Anhieb verliebten.

Warum?

Es ist ein solides Haus mit Terrasse und Garten, mit schönen, alten Bäumen und Beeten. Das hört sich erstmal romantisch an, macht aber auch eine Menge Arbeit. Der Wohnraum erstreckt sich über drei Ebenen, also mit ausgebautem Dachboden. Alles ist schön hell und geräumig. Die Gegend ist ruhig, eine Kita liegt in der Nähe. Wir haben hier als vierköpfige Familie viel Platz, ohne aufwändige, bauliche Veränderungen vornehmen zu müssen. Dafür hätten wir auch kaum die Zeit gehabt.

Das heißt, das Haus ist bereits energetisch saniert und hat eine zukunftsfeste Heizungsanlage?

Nein, leider nicht. Da wird noch einiges auf uns zukommen. Aber mit dem Problem stehen wir ja nicht allein in Deutschland.

Also alles bestens, nur die Nachbarn nerven?

Ach was, die sind total nett, das läuft alles völlig entspannt. Wir haben allerdings nicht viel miteinander zu tun, weil mein Mann und ich ja doch die meiste Zeit des Jahres in Sachen Beachvolleyball unterwegs sind, zuletzt zur Saisonvorbereitung in Brasilien, in Ipanema. Aber immer, wenn wir mal eine Zeit am Stück zuhause sind, fühlen wir uns hier sehr wohl.

In Halstenbek trainiert Ludwig mit Partnerin Louisa Lippmann, Deutschlands bester Hallenvolleyballerin.
In Halstenbek trainiert Ludwig mit Partnerin Louisa Lippmann, Deutschlands bester Hallenvolleyballerin. © HA | Werner Langmaack

Werden Sie im Kreis Pinneberg auf der Straße erkannt?

Mitunter schon, jedenfalls häufiger als ich dachte. Dachdecker, Postbeamte, Leute aus der Nachbarschaft, die wissen häufig was mit meinem Namen anzufangen. Aber ich bin ja nun kein A-Promi, der andauernd im Fernsehen auftritt. Dadurch hat es nie Ausmaße angenommen, dass es mir lästig wäre. Im Gegenteil.

Und damit, dass Sie jetzt quasi auf der für Sie falschen Seite Hamburgs wohnen, haben Sie sich inzwischen arrangiert?

Im Großen und Ganzen schon. Nur die häufigen Autofahrten zum OSP stressen. Wenn ich Pech habe und in Staus gerate, bin ich eine dreiviertel Stunde unterwegs. Da wäre es nicht schlecht, wenn es einen Fahrdienst gäbe.

Wie wäre es, die Strecke mit dem Fahrrad zurückzulegen?

Oje, dann wäre ich ja schon kaputt, wenn das Training beginnt. Nein, das ist keine echte Alternative, die Strecke von Halstenbek in den Hamburger Osten ist einfach zu lang. Wobei ich betonen möchte, dass ich, als ich noch in Hamburg wohnte, gern und oft mit dem Rad gefahren bin. Zum Glück haben wir im Sommer vorigen Jahres zwei Beachvolleyballplätze der Halstenbeker Turnerschaft in der Nähe unseres Eigenheims entdeckt. Auf denen trainieren wir jetzt, so oft es Sinn macht, bis zu dreimal am Tag. Außerdem haben wir im Keller unseres Hauses einen kleinen Kraftraum installiert, der den im OSP natürlich nicht komplett ersetzen kann, aber doch hilft. Dadurch verlieren wir insgesamt nicht mehr so viel Zeit durch zähe Autofahrten nach Hamburg und zurück.

Kommen wir zu Ihrer sportlichen Zukunft. Erklärtes Ziel ist ja die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2024 in Paris mit Ihrer neuen Spielpartnerin Louisa Lippmann. Wie realistisch ist dieses Projekt für ein frisch gegründetes Tandem?

Das lässt sich noch nicht abschließend beurteilen. Wenn wir beide in Topverfassung sind, die erforderliche Harmonie zustande bringen und auch die mentale Stärke, die entscheidend sein kann, wenn das alles hinhaut, traue ich uns sehr viel zu.

In Halstenbek trainiert Ludwig mit Partnerin Louisa Lippmann, Deutschlands bester Hallenvolleyballerin.
In Halstenbek trainiert Ludwig mit Partnerin Louisa Lippmann, Deutschlands bester Hallenvolleyballerin. © HA | Werner Langmaack

Ihr seid Anfang des Jahres auf Position 199 in die Weltrangliste eingestiegen und werdet inzwischen auf 116 registriert. Sollte es in diesem Tempo weitergehen, wäret ihr in absehbarer Zeit wieder in den Top 30 angelangt.

Wenn es nur so einfach wäre. Momentan ist das Reglement mit der Punktvergabe durch den Weltverband FIVB so ausgestaltet, dass sehr viel Bewegung ins Ranking gekommen ist. Die Platzierungen wechseln laufend. Wir müssen es zuallererst mal schaffen, von vornherein für die Hauptfelder in den Elite-Turnieren der Worldtour gesetzt zu sein. Denn die Wege über Qualifikationsrunden ins Hauptfeld ziehen natürlich gewaltig Energie. Hinzukommt, dass die Leistungsdichte im Beachvolleyball weiter zugenommen hat. Du musst praktisch bei jedem Match an die Leistungsgrenze gehen, sonst verlierst du.

Wie lange wird es dauern, bis Ihr in der Weltspitze angekommen sein werdet?

Je schneller, je lieber. Aber ich rechne offen gestanden damit, dass es noch eine Weile dauern wird. Wir müssen uns in Geduld üben, eine Eigenschaft übrigens, die nicht unbedingt zu meinen Stärken gehört.

Ist es überhaupt schon ausgemacht, dass Euer Leistungsvermögen reicht, um ganz oben mitzumischen? Oder ist da eine gute Prise Gottvertrauen im Spiel?

Gute Frage. Ich denke schon, dass es keine Träumerei ist, sonst könnten wir ja gleich aufhören. Aber wir sind noch längst nicht da, wo wir hinwollen. Fortschritte in der gesamten Systematik des Spiels müssen wir uns Step by Step erarbeiten. Das Teamwork mit Louisa bringt sehr viel Spaß, und ich habe richtig Bock drauf, 2024 in Paris zu spielen.

Zum Zeitpunkt der nächsten Olympischen Spiele werden Sie, verzeihen Sie die ungalante Bemerkung, 38 Jahre alt sein. Ungewöhnlich für eine Leistungssportlerin. Spüren Sie Ihr Alter hin und wieder?

Tatsächlich weniger als zu befürchten war. Physisch fühle ich mich ausgezeichnet. Auch an Ehrgeiz, also Motivation mangelt es nicht. Aber die Techniken, die Abläufe, die Automatismen, die sitzen nach der langen Pause noch nicht wieder zu hundert Prozent.

Da gibt‘s Optimierungsbedarf?

Allerdings, und das ärgert mich, weil ich eigentlich weiß, wie’s geht, weil ich alles schon mal draufhatte und es nun doch wieder neu lernen muss. Das gilt auch für den mentalen Bereich. Sich bei Turnieren auf fünf Matches kurz hintereinander, mitunter sogar zwei am Tag, voll zu fokussieren, das muss man erstmal hinbekommen. Also, unser Prinzip kann nur lauten: Vertrauen haben und weiterarbeiten.

So kennt man Laura Ludwig: Hier baggert sie am Timmendorfer Strand.
So kennt man Laura Ludwig: Hier baggert sie am Timmendorfer Strand. © dpa | Frank Molter

Nun kommt erschwerend hinzu, dass ihre Partnerin Louisa Lippmann direkt vom Hallenvolleyball kommt, eine ziemlich andere Sportart als die im Sand. Ein Nachteil?

Ja, klar. Aber Louisa lernt sehr schnell und wenn sie ihre überragenden Fähigkeiten auch im Sand voll zur Geltung bringt, die Systematik des Spiels perfekt verinnerlicht hat, dann wird sie eine unglaublich gute Beachvolleyballerin und wir zusammen ein richtig starkes Team.

Welches sind die nächsten Aufgaben?

Da wir für die Welt-Tour nicht genügend Punkte haben, müssen wir uns über Challenger-Turniere langsam nach oben kämpfen, und werden Ende Mai beim „Queen and King of Court“ auf dem Heiligengeistfeld antreten. Dieses besondere Format …

… es sind fünf statt zwei Teams an einem Spiel beteiligt und es gilt eine andere Zählweise.

Ja, genau, und es ist ein sehr schnelles Spiel. Man muss dauernd rauf- und runterfahren. Ich denke, dass uns das in unserer momentanen Entwicklungsphase echt weiterbringen kann. Außerdem freue ich mich, mal wieder in Deutschland spielen zu können. Die Hamburger sind ja erwiesenermaßen begeisterte Fans des Beachvolleyball – und die Menschen im Kreis Pinneberg ja wohl hoffentlich auch. Es würde mich jedenfalls freuen, wenn viele kämen, um uns anfeuern.