Itzehoe/Kreis Pinneberg. Steffen Paar tritt jetzt das Amt im Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf an. Was der Paradiesvogel mit einer Bierzeltgarnitur plant.

Wovon lebt Kirche? Für Steffen Paar ist das gar keine Frage. Der neue Propst des Kirchenkreises Rantzau-Münsterdorf ist fest davon überzeugt, dass Zuhören, die Sprache der Menschen sprechen, wissen, wo der Schuh drückt und was die Leute wollen das A und O sind, um die Kirche als lebendiges Gebilde darzustellen.

Steffen Paar ist nahbar und hat keine Berührungsängste. Schon an seiner vorigen Wirkungsstätte, der Gemeinde Sülfeld im Kreis Segeberg, hat er ordentlich für Wirbel gesorgt. Und das nicht nur, weil er schwul und mit seinem Mann Christoph verheiratet ist. Er war dort auch der „Pastor to go“, frei nach dem Motto „wenn die Leute nicht in den Gottesdienst gehen, kommt der Pastor eben zu ihnen“.

Evangelische Kirche: Der neue Propst ist da – mit rosa Fliege und roten Chucks

Bis zu 90 Minuten konnte man ihn buchen, Paar hat Rasen gemäht, den Blaumann angezogen und sich in die Küche gestellt – oder auch irgendetwas anderes gemacht. Was eben gewünscht war. Es gab allerdings eine Bedingung: Nach getaner Arbeit wurde ein Gespräch über Gott und die Welt geführt.

Das alte Harmonium hat der neue Propst des Kirchenkreises Rantzau-Münsterdorf, Steffen Paar, vom Sperrmüll gerettet.
Das alte Harmonium hat der neue Propst des Kirchenkreises Rantzau-Münsterdorf, Steffen Paar, vom Sperrmüll gerettet. © Sabine Skibbe

Propst Paar ist im positiven Sinne ein Paradiesvogel, einer, der auffällt in der eigentlich so nüchternen Evangelischen Kirche. Er postet Fotos auf Instagram, kommt zum Pressegespräch mit rosa Fliege und knallroten, knöchelhohen Chucks-Turnschuhen, er bezeichnet sich selbst als Wald- und Wiesen-Organist mit Orgelschein, er setzt sich spontan an sein Harmonium – „das habe ich mal vom Sperrmüll gerettet, das müsste auch mal repariert werden“ – und spielt.

Seine Welsh-Terrier-Hündin „Schoko“ (manchmal auch „Fräulein S.“) hat er nach einem Hund in einer Fernsehserie benannt, und er war auch schon in der Nachbarschaft unterwegs und hat sich vorgestellt.

„Kirche? Brauche ich das – oder kann das weg?“

In so manchem Geschäft in seinem neuen Wohnort Itzehoe hat er ebenfalls erzählt, dass er neu zugezogen und von Beruf Propst ist. „Propst? Was ist denn das?“, sei vielfach die Reaktion gewesen. Steffen Paar weiß genau, wie er die Menschen erreichen kann. Und er weiß auch, dass bei ganz vielen das Geld knapp und eine Mitgliedschaft in der Kirche womöglich nicht drin ist.

„Da stellt man sich dann eben die Frage: ‚Brauche ich das – oder kann das weg?‘“Aber für ihn ist eben klar: „Ja! Auf alle Fälle brauchen wir Gott, und wir brauchen auch die Kirche für die Gemeinsamkeit.“

Propst Paar sagt, dass er den Kontakt zu den Menschen braucht

Jetzt ist er Propst, wohnt mit Mann und Hund im Propstenhaus in Itzehoe und hat dort auch sein Arbeitszimmer. In seiner neuen Funktion ist Paar Dienstvorgesetzter der Pastoren im Kirchenkreis. Am 1. März ist offizieller Arbeitsbeginn. Hat er keine Angst, dass er nur noch administrative Aufgaben wahrnehmen kann und das muntere Auf-die-Menschen-Zugehen viel zu kurz kommt? Nein, sagt Steffen Paar, das war eine bewusste Entscheidung.

Steffen Paar und Alessa Pieroth, zuständig für die Medienarbeit im Kirchenkreis, im Propstenhaus in der Itzehoer Innenstadt.
Steffen Paar und Alessa Pieroth, zuständig für die Medienarbeit im Kirchenkreis, im Propstenhaus in der Itzehoer Innenstadt. © Sabine Skibbe

Es wird sicherlich mehr Sitzungsarbeit geben, er wird mehr repräsentieren und die Verbindung zur Landeskirche herstellen, „aber es bietet auch die große Freiheit, das Amt zu gestalten“, sagt er und fügt an: „Ich brauche den Kontakt, sonst kann ich nicht gut arbeiten. Ich hoffe, dass ich das hinbekomme.“ Auch Gottesdienste möchte er weiterhin gestalten.

Kirchenkreis: Steffen Paar startet das Projekt „Propst on Tour“

Sicher ist auch, dass Paar zwar nicht mehr „Pastor to go“ sein wird, dafür aber „Propst on Tour“. Das wird so ähnlich wie in Sülfeld, wie genau, steht aber noch nicht ganz fest. Auf alle Fälle wird er sich mit seiner kleinen Bierzeltgarnitur, Kaffee und Keksen auch mal in die Fußgängerzone setzen und Menschen zum Gespräch einladen.

Zumindest mit dem Transport von Tisch und Bank dürfte dieses Vorhaben noch eine Herausforderung werden. Denn der neue Propst fährt einen 40 Jahre alten, dunkelgrünen Mini, der aus einer Zeit stammt, als das Auto seinem Namen noch alle Ehre machte. „Mini fahren ist wie Tetris spielen“, schmunzelt Paar. Aber es passt alles in das Auto.

Evangelische Kirche: Neuer Propst wird am 5. März ins Amt eingeführt

Steffen Paar ist 42 Jahre alt und kommt aus dem Schwarzwald. Er war für die Württembergische Landeskirche tätig und hat anschließend in Hessen gearbeitet. Von dort ist er der Liebe wegen nach Norddeutschland gezogen und hat im März 2015 seine Pastorenstelle in Sülfeld angetreten. In Itzehoe wird er Nachfolger des wegen einer Finanzaffäre um Kreditkarten und Dienstwagen zurückgetretenen Thomas Bergemann. Paar teilt sich den Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf mit Propst Thielko Stadtland.

Der Einführungsgottesdienst von Propst Paar findet am Sonntag, 5. März ab 15 Uhr in der St. Laurentii-Kirche in Itzehoe statt. Bischof Gothart Magaard wird Paar in sein Amt einführen. Der Neue wünscht sich ein volles Gotteshaus. „Ich habe auch gute Musik ausgesucht“, verspricht er.