Pinneberg. Langjährige Rathauschefin bittet um Entlassung. Ihre Erklärung lässt Fragen offen – und klingt etwas amtsmüde. Das sagt die Politik.

Nach elf Jahren hat sie genug: Überraschend hat Urte Steinberg, Bürgermeisterin der Stadt Pinneberg, am Dienstag angekündigt, ihr Amt niederlegen zu wollen. Die Rathauschefin werde den Hauptausschuss am 9. März um die Versetzung in den Ruhestand bitten. Darüber habe sie bereits die Bürgervorsteherin und die Fraktionsvorsitzenden informiert.

Noch vor dem Ende ihrer regulären Amtszeit möchte Steinberg, inzwischen 64 Jahre alt, in den Ruhestand wechseln. Sie werde die Politik bitten, sich schon mit dem Ablauf des 9. Januar 2024 zur Ruhe setzen zu können – ein Jahr früher als vorgesehen.

Pinneberg: Bürgermeisterin Urte Steinberg legt Amt überraschend nieder

Persönliche Gründe nennt Steinberg in ihrer offiziellen Erklärung nicht. „Es ist der beste Zeitpunkt, um aufzuhören“, sagt die Bürgermeisterin. „Ich habe mich mehr als zehn Jahre unermüdlich und mit viel Freude und Energie dafür eingesetzt, meine Heimatstadt fit für die Zukunft zu machen.“ Wer möchte, kann eine gewisse Amtsmüdigkeit herauslesen.

Die Bürgermeisterin führt in ihrer Erklärung weiter aus, dass sie mit Politik und Verwaltung viel erreicht habe. „Darauf bin ich unendlich stolz. Nun stehen die Kommunalwahlen vor der Tür. Es ist daher sinnvoll und gut, wenn die neu gewählte Ratsversammlung die Chance hat, mit einem neuen Bürgermeister oder einer neuen Bürgermeisterin zusammenzuarbeiten.“

Urte Steinberg wird noch mit neuer Ratsversammlung zusammenarbeiten

Bekanntlich werden am 14. Mai dieses Jahres in ganz Schleswig-Holstein neue Kreis-, Stadt- und Dorfparlamente bei der Kommunalwahl gewählt. Das bedeutet, dass die neu zusammengesetzte Ratsversammlung in Pinneberg noch gut ein halbes Jahr mit Steinberg zusammenarbeiten wird, bis sie am 9. Januar 2024 ausscheidet.

Die Pinneberger Bürgermeisterin Urte Steinberg im Jahr 2018, als sie wiedergewählt wurde.
Die Pinneberger Bürgermeisterin Urte Steinberg im Jahr 2018, als sie wiedergewählt wurde. © Chris Reiner | Chris Reiner

Wann die Wahl eines neuen Pinneberger Bürgermeisters oder einer neuen Bürgermeisterin stattfinden wird, ist noch unklar. Turnusmäßig wäre wohl im Herbst 2024 gewählt worden. Nun ist eine vorzeitige Bürgermeisterwahl in der Kreisstadt wahrscheinlich. Die Bürgermeisteramtszeit beträgt in Pinneberg sechs Jahre. Steinbergs Amtszeit wäre offiziell am 9. Januar 2025 geendet.

Nach dem Schleswig-Holsteinischen Beamtengesetz können Beamte auf Lebenszeit und Beamte auf Zeit, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet haben, einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand stellen.

In Pinneberg geboren, in Pinneberg geblieben – als Bürgermeisterin

Urte Steinberg ist parteilos, sie wurde 1958 in Pinneberg geboren und ist in der Stadt aufgewachsen. In ihre erste Amtszeit ist die heutige Rathauschefin im November 2012 als gemeinsame Kandidatin von CDU mit SPD mit 57,46 Prozent der Stimmen gewählt worden; ihr Amt trat sie dann offiziell im Januar 2013 an. 2018 setzte sie sich bei ihrer Wiederwahl mit 72,5 Prozent der Stimmen gegen den indischstämmigen Taxifahrer Jitendra Sharma durch.

Derzeit ist Urte Steinberg seit zehn Jahren im Amt. Unumstritten war sie während ihrer Zeit als Bürgermeisterin bei den politischen Parteien nicht. Sie sei gut im Repräsentieren und Ankündigen, sagte etwa SPD-Parteichef Kai Vogel einmal. Bei der Umsetzung hätten sich aber Defizite gezeigt. Auch ihre Kommunikationspolitik stieß nicht immer auf Gefallen – etwa, als Steinberg die Nutzung des Geschwister-Scholl-Hauses zur Chefsache erklärte.

Bürgermeisterin ist nicht unumstritten, erwehrte sich jedoch aller Angriffe

Und doch: Steinberg erwehrte sich aller Angriffe. So parierte sie harsche Kritik von der Schulallianz der Stadt und blieb auch im Amt, als es in der Politik zu diversen Indiskretionen durch die Weitergabe vertraulicher Informationen kam. Zuletzt verlegte sie sich immer mehr auf das Repräsentieren bei positiv besetzten Terminen in der Stadt.

Zu ihren größten Erfolgen während ihrer Amtszeit zählt die Noch-Bürgermeisterin selbst die Schulbausanierung, die Ansiedelung der Internationalen Schule, die Fertigstellung der Westumgehung, die Schaffung neuer Quartiere wie der Parkstadt Eggerstedt und des Ilo-Parks sowie die Verdoppelung der Gewerbesteuereinnahmen während ihrer Amtszeit.

Urte Steinberg im Jahr 2012, als sie im November des Jahres erstmals zur Bürgermeisterin gewählt wurde. Das Bürgermeisteramt trat sie dann offiziell im Januar 2013 an.
Urte Steinberg im Jahr 2012, als sie im November des Jahres erstmals zur Bürgermeisterin gewählt wurde. Das Bürgermeisteramt trat sie dann offiziell im Januar 2013 an. © Claudia Eicke-Diekmann | CED

Auch die Planung und den Bau von rund 300 zusätzlichen Kita-Plätzen hebt sie in ihrer ersten Bilanz hervor. Die Aufarbeitung der zuvor jahrelang liegengebliebenen Jahresabschlüsse, die Sanierung des Bahnhofs, die beginnende Digitalisierung der Verwaltung und der Schulen nennt sie als weitere Erfolge.

Als positive Beispiele ihrer Amtsführung zieht sie zudem den Ausbau des Nahverkehrs, die Verbesserung der Fahrradfreundlichkeit der Stadt, diverse Klimaschutzprojekte sowie die Verabschiedung des Sportentwicklungsplans und den Bau des Kunstrasenplatzes im Stadion 2 heran.

Das sagt die Politik zur Rücktrittsankündigung von Steinberg

Durchaus unerwartet traf der angekündigte Rückzug langjährige politische Begleiter, etwa Pinnebergs SPD-Chef Kai Vogel: "Der vorzeitige Rücktritt vom Amt der Bürgermeisterin Urte Steinberg hat mich sehr überrascht. Mein Verständnis ist: Wer sich für sechs Jahre wählen lässt, sollte auch sechs Jahre das Amt ausüben. Es sei denn, dass die Gesundheit dagegen steht, und das ist bei Urte Steinberg laut ihrer eigenen Aussage nicht der Fall."

Während Urte Steinberg in ihrer Anfangszeit unbestritten Themen wie die Westumgehung vorangetrieben und umgesetzt habe, sei es ihr in der zweiten Amtszeit immer schwererer gelungen, in der Fülle der Aufgaben den Überblick über den eigenen roten Faden zu behalten und sich nicht im Kleinklein zu verlieren, sagte Vogel dem Abendblatt.

CDU meint, die Bürgermeisterin habe einen "guten Job" gemacht

Auch Pinnebergs Bürgervorsteherin und CDU-Vorsitzende Natalina di Racca-Boenigk traf die Ankündigung Steinbergs aus heiterem Himmel: "Ich war durchaus überrascht, kann den Schritt nach ihren nunmehr 45 Berufsjahren aber auch nachvollziehen", so di Racca-Boenigk.

Bürgermeister sei ein stressiger Job. "Mit einer 40-Stunden-Woche kommt man nicht hin", so die Unionsvorsitzende. "Und das Leben ist zu kurz, um es am Ende nicht zu genießen." Alles in allem habe Steinberg einen "guten Job" gemacht, "auch wenn wir nicht immer einer Meinung waren".

Ruhestand der Bürgermeisterin sei "recht und billig"

Als Leistungen der Bürgermeisterin hebt die CDU-Vorsitzende etwa die Lösung der Probleme an der Westumgehung hervor oder auch den Umbau der Verwaltung mit einem Ersten Stadtrat, den es seit ein paar Jahren in der Kreisstadt gibt.

"Jetzt wird Urte Steinberg 65, da ist es nur recht und billig, sich aus dem Berufsleben zurückzuziehen", so di Racca-Boenigk. "Und als Bürgermeisterin hat sie in der Rückschau viel Gutes für Pinneberg getan – mehr kann man von einer Verwaltungschefin nicht verlangen."

Bürgermeisterin Urte Steinberg – ein Leben für Pinneberg

Die Frau an der Spitze des Rathauses blieb ihrer Heimatstadt ein Leben lang treu. Nach dem Abitur 1977 wurde Urte Steiberg bei der Sparkasse Südholstein zur Bankkauffrau und Sparkassenbetriebswirtin ausgebildet. Zunächst arbeitete sie in Filialen, danach war sie zwölf Jahre für Kredite zuständig.

Später wechselte sie ins Controlling und dann ins Multiprojekt-Management. Von 1998 an war sie Referatsleiterin im Vorstandsstab der Sparkasse Südholstein, dann für die Unternehmenskommunikation verantwortlich. Seit Januar 2013 ist sie offiziell Bürgermeisterin der Stadt Pinneberg. Sie hat zwei erwachsene Kinder.