Schöffen entscheiden zusammen mit Berufsrichtern über Schuld und Unschuld. Wie man sich für dieses Ehrenamt bewirbt.

Pinneberg/Itzehoe. Sie sind eine wichtige Säule unserer Demokratie: die Schöffengerichte. Ehrenamtliche Laienrichter entscheiden hier, zusammen mit Berufsrichtern, über Schuld, Unschuld und Strafmaß. Bundesweit werden jetzt neue Schöffinnen und Schöffen gesucht, für eine Amtsperiode von fünf Jahren. Dafür kann man sich bewerben – im Kreis Pinneberg betrifft das die Amtsgerichte Pinneberg und Elmshorn sowie das Landgericht mit Sitz in Itzehoe.

Die Rechtssprechung mit Einbeziehung ehrenamtlicher Richter, den Schöffen, gibt es in Deutschland in der heutigen Form seit 1924. Sie soll das Vertrauen der Bürger in die Justiz stärken, außerdem soll auf diese Weise eine lebensnahe Rechtsprechung erreicht werden. Schöffen werden an Amtsgerichten, Landgerichten und Jugendstrafgerichten eingesetzt.

Kreis Pinneberg: Schöffenwahl – wer will ehrenamtlicher Richter werden?

Schöffe werden darf fast jeder – es gibt aber ein paar Kriterien. Eine Schöffin oder ein Schöffe muss deutscher Staatsbürger, zwischen 25 und 69 Jahren alt und bisher straffrei sein. Ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache sind notwendig,

Man sollte auch gesundheitlich geeignet sein – und darf sich nicht in Insolvenz befinden. Ein weiteres, recht spezielles Ausschlusskriterium: Man darf nicht für die Staatssicherheit der DDR tätig gewesen sein.

Jede Kommune stellt eine Vorschlagsliste für die Schöffenwahl zusammen

Eine juristische Ausbildung ist für das Amt nicht notwendig. Die Bewerbung läuft über die jeweilige Stadt oder Gemeinde, in der man gemeldet ist. Die stellt dann, gemäß ihrer Bevölkerungszahl, eine Vorschlagsliste zusammen, die alle Gruppen nach Geschlecht, Alter, Beruf und sozialer Stellung berücksichtigen soll. Sie wird in der Gemeinde öffentlich bekannt gemacht, Einsprüche sind zulässig.

Die Listen gehen dann an den die Amtsgerichte Pinneberg und Elmshorn, wo jeweils ein Schöffenwahlausschuss die Auswahl vornimmt. Dieses Gremium entscheidet, wer Haupt- und wer Ersatzschöffe wird und welcher Gerichtsbarkeit – Amts- oder Landgericht – zugeordnet wird.

Wer Schöffe in Jugendverfahren werden will, sollte sich in der Materie auskennen

Eine Ausnahme bilden die Jugendgerichte. Wer hier als Schöffe tätig sein möchte, muss eine erzieherische Befähigung oder Erfahrung in der Jugenderziehung nachweisen. Am besten sollte dies bereits bei der Bewerbung kenntlich gemacht werden – ebenso wie der Wunsch, als Schöffe am Jugendgericht eingesetzt zu werden. Hier werden die Schöffen vom Jugendhilfeausschuss des Kreises vorgeschlagen.

Ein Bild aus dem Stutthof-Prozess des Landgerichts Itzehoe: In der Mitte die drei Berufsrichter, links und rechts davon die beiden Hauptschöffen. Bei der rechten Person handelt es sich um einen Ergänzungsschöffen.
Ein Bild aus dem Stutthof-Prozess des Landgerichts Itzehoe: In der Mitte die drei Berufsrichter, links und rechts davon die beiden Hauptschöffen. Bei der rechten Person handelt es sich um einen Ergänzungsschöffen. © dpa | Christian Charisius

Eine weitere Besonderheit gilt für die Schöffen in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen. Hier hat das Amtsgericht Itzehoe eine Sonderzuständigkeit für den ganzen Landgerichtsbezirk. Das heißt, dass alle derartigen Verfahren aus dem Kreis Pinneberg in Itzehoe verhandelt werden. Daher werden auch Schöffen aus dem Kreis für derartige Verfahren für Itzehoe benannt. Sie sollten sich mit der Thematik auskennen, also etwa Buchhaltungskenntnisse haben.

Schöffenwahl im Kreis Pinneberg: Amtsperiode geht von Januar 2024 bis Ende 2028

Bei der jetzt anstehenden Wahl geht es um die Amtsperiode vom 1. Januar 2024 bis 31. Dezember 2028. Für diesen Zeitraum benötigt der Landgerichtsbezirk Itzehoe, der aus den Kreisen Pinneberg, Steinburg und Dithmarschen besteht, insgesamt 548 Schöffen. Hinzu kommen 153 Schöffen für Jugendstrafsachen.

Die Zahl richtet sich nach den angenommenen Sitzungstagen der Strafkammern des Landgerichts und der Schöffengerichte der Amtsgerichte. Der Kreis Pinneberg schlägt 396 Schöffen vor (200 im Amtsgerichtsbezirk Pinneberg, 196 im Amtsgerichtsbezirk Elmshorn).

Schöffenwahl: Kreis Pinneberg schlägt mehr Schöffen vor als benötigt werden

Nicht alle werden dann tatsächlich auch in das Amt gewählt, weil kreisweit mehr als doppelt so viele Schöffen vorgeschlagen werden sollen als tatsächlich benötigt werden.

Die 548 ausgewählten Schöffen teilen sich auf in 184 Haupt- und 364 Ersatzschöffen. 240 Schöffen (80 Haupt- und 160 Ersatzschöffen) gehen an die vier Amtsgerichte des Bezirks, 308 Schöffen (104 Haupt- und 204 Hilfsschöffen) versehen ihren Dienst am Landgericht.

Schöffen werden laut Geschäftsverteilungsplan den Strafkammern zugeteilt

Die Zuordnung zu den verschiedenen Strafkammern erfolgt nach dem Geschäftsverteilungsplan der Gerichte. Die größte Anzahl von Schöffen erhält die 3. Strafkammer des Landgerichts, die am häufigsten tagt und 28 Hauptschöffen benötigt. Den anderen Strafkammern des Landgerichts und der Amtsgerichte werden zwischen sechs und 16 Hauptschöffen zugeordnet.

Die Bewerbungsfristen variieren je nach Kommune – in Rellingen ist eine Bewerbung etwa bis zum 24. April möglich, in Halstenbek bis zum 15. Mai. Dieser Bewerbungsschluss gilt auch für Quickborn. Interessierten sollten sich beider Verwaltung ihres Wohnortes nach den dort gültigen Fristen erkundigen. Häufig steht auch ein Bewerbungsformular auf der Homepage der Kommune bereit.

Kreis Pinneberg: Justizministerin fordert alle Bürger auf, sich zu bewerben

Schleswig-Holsteins Justizministerin Kerstin von der Decken (CDU) wirbt für dieses besondere Engagement: „Das Amt der Schöffin oder des Schöffen bietet nicht nur die einmalige Gelegenheit, hautnahe Einblicke in Kriminalfälle zu erhalten, sondern selbst vor Gericht über den Ausgang der Verfahren mitzuentscheiden“, sagt sie.

Und wie sieht die Arbeit der Schöffen genau aus? Diese haben das Recht und die Pflicht, vollständig an Gerichtsverfahren teilzunehmen, wenn sie für ein Verfahren herangezogen werden. Wie die Berufsrichter, dürfen sie Akten einsehen oder geladene Zeugen befragen.

Die Stimme des Schöffen ist gleichbedeutend mit der eines Richters

Zur Urteilsfindung ziehen sich das Gericht und die Schöffen zurück, um gemeinsam unter Ausschluss der Öffentlichkeit den Sachverhalt zu erfassen, die Schuldfrage zu klären und im Fall des Falles über eine Strafe zu entscheiden. Die Stimme der Schöffen ist gleichbedeutend wie die der Berufsrichter. Das bedeutet, die Schöffen können einen Berufsrichter sogar überstimmen.

Für den Einsatz bei Gericht werden die Schöffen vom Arbeitgeber freigestellt, so will es das Gesetz. Außerdem bekommen Schöffen eine Entschädigung für Verdienstausfall, Zeitversäumnis und Fahrtkosten.

Wie hoch der zeitliche Aufwand als Schöffe ist, kann schwer abgeschätzt werden

Wie hoch der zeitliche Aufwand ist, kann nicht abgeschätzt werden. Wer in einem aufwendigen Strafverfahren mit vielen Sitzungstagen landet, das sich über viele Monate hinzieht, wird stark gefordert sein. andere Schöffen werden nur vereinzelt oder – in Einzelfällen – auch gar nicht zu Sitzungen herangezogen.

Wer mehr über die Arbeit von Schöffen wissen möchte, findet auf der offiziellen, bundesweiten Webseite zur Schöffenwahl einige Erfahrungsberichte.

Im Extremfall können Bürger als Schöffen auch zwangsverpflichtet werden

Schöffin oder Schöffe kann man allerdings auch unfreiwillig werden. Denn oft melden sich gar nicht genügend Freiwillige zu den Schöffenwahlen. In diesem Fall können auch einfach Personen, die sich nie beworben haben, ernannt werden – diese erfahren dann meistens davon, indem sie einen Brief im Briefkasten finden.

Sich dagegen juristisch zu wehren, ist sehr schwer. Bestimmte Berufsgruppen wie Ärzte und Hebammen dürfen das Amt ablehnen, außerdem Menschen, die Angehörige pflegen. Alle anderen müssen in der Regel ihr unfreiwilliges Ehrenamt antreten – und dann auch fünf Jahre lang ausüben. Wer etwa unentschuldigt bei einer Gerichtsverhandlung fehlt, dem droht ein Ordnungsgeld.

Kreis Pinneberg: Schöffenwahl – welche Ansprechpartner es wo gibt

Eigentlich ist die Sache anders gedacht: Die Gemeinden sollen volle Wahllisten bei den Amtsgerichten einreichen, aus denen die Wahlausschüsse dann eine Auswahl treffen. Und natürlich ist es eine gute Grundvoraussetzung, wenn sich künftige Schöffinnen und Schöffen aus freien Stücken zur Mitarbeit am Rechtsstaat entschließen.

Wer sich für das Schöffenamt interessiert, findet auf https://schoeffenwahl2023.de/ weitere Informationen und auch die Bewerbungsunterlagen. Zudem gibt es in jeder Kommune Ansprechpartner für die Bewerbung.