Pinneberg. Wir Deutschen werden für unsere Sprache und ihren Klang nicht oft beneidet. Dabei sind wir Weltmeister im Wortezusammensetzen!

Manchmal ist die Realität so schwer zu fassen, dass sogar uns Deutschen die eigene Sprache dafür zu kalt und funktionell ist. Und dabei können doch gerade wir Worte zusammenbauen und damit Dinge ausdrücken, für die Menschen aus anderen Ländern ganze Sätze brauchen. Stichwort: „Waldblütenbienenhonig“.

Aber um es auf den Punkt zu bringen: Wir Deutschen werden für unsere Sprache und ihren Klang ja nicht so sehr oft beneidet – die Band Rammstein sei da jetzt mal ausgenommen: Links, zwo, drei vier …

Kuriose Worte: „Sitzpinkler“, „Zeitenwende“ – wie klingt das denn?

Was aber weltweit stets verlässlich begeistert, sind die unermüdlich zusammengesetzten Substantive, wie zum Beispiel „Schadenfreude“, „Kindergarten“ oder aktuell natürlich die „Zeitenwende“, die sich ja momentan überall schön liest, wobei niemand wirklich weiß, ob es eine Wende zum Guten oder Schlechten werden wird.

Am Ende bleibt aber wie so oft ein Gefühl, das eine Sprache und ihre Auswüchse hinterlassen. Und wenn Sie mögen, spüren Sie sich doch mal hinein in die „Waldeinsamkeit“ oder in den „Sitzpinkler“. Wie wäre es mit dem „Fußgruß“, der „Mietpreisbremse“, dem „Spuckschutz“ oder dem „Rettungsgassensünder“? Oder was machen „Zwirbelwutzbärte“ und das „Wrackbeseitigungskostendurchsetzungsgesetz“ mit Ihnen und Ihrer Laune?

Weltweit können sprachlich nur die Finnen mit uns mithalten

Eigentlich können weltweit nur die Finnen mit uns mithalten, die Worte wie „Maahanmuuttovirasto“ (Einwanderung) oder Sätze wie „Älä sää rääkää sitä kissaa“ (Quäle diese Katze nicht) erfunden haben und deren Sprache ich schon immer lustig gefunden hatte, weil mich das sehr an meine Kindheit erinnerte, wenn es bei uns zu Hause Buchstabensuppe gab und ich die abstrusesten Satzgebilde auf dem Tellerrand legte.

Bei derart bandwurmlangen Monstern (Erklärung: Worte, die durch ihre Länge auffallen) machen/ergeben Abkürzungen natürlich einen sehr großen Sinn, wie etwa dieser ausgezeichnete Titel, den ich kürzlich nicht ganz unfallfrei in einer Traueranzeige las: „Prof. em. Dr. agr. Dr.-Ing e. h. Ludwig Narziß.“

Deutsche Sprache: Egozentrischer Geltungswille nach akademischen Hochwürden

Ohne diesen Menschen jemals gekannt zu haben oder zu nahetreten zu wollen, muss ich gestehen, dass bei diesem Nachnamen der egozentrische Geltungswille nach akademischen Hochwürden und dem eigenen ICH – sogar nach dem Tod noch – im Vordergrund stehen musste und daher nicht wirklich überrascht.

Und um es nun wirklich, wirklich, wirklich mal kurz zu machen: Das ist das Ende dieser Geschichte. Ich danke Ihnen sehr für die Aufmerksamkeit und wünsche allen LeserInnen von ganzem Herzen eine gute Zeitenwende – an diesem Wochenende und danach...