Kreis Pinneberg. FDP, Linke und Vertreter anderer kleiner Parteien kritisieren das Vorhaben, die Mindestgröße für Fraktionen heraufzusetzen.

Wäre das ein Angriff auf die Demokratie oder würde es die Arbeit der Politiker in den Kommunen erleichtern? Auf der jüngsten Kreistagssitzung protestierten Vertreter von FDP, Linke, AfD und KWGP gegen das Vorhaben der schwarz-grünen Landesregierung, den Kreistagen und Gemeindevertretungen nach der Kommunalwahl im Mai anheimzustellen, die Bedingungen zur Fraktionsbildung zu erschweren.

Demnach soll es künftig möglich sein, dass diese Gremien die geforderte Mindestanzahl von Abgeordneten und Gemeinderäten von zwei auf drei heraufsetzen können, was „den kleinen Parteien das Leben schwer machte“, warnt die Abgeordnete Marianne Kolter: „Das ist undemokratisch.“

Kreis Pinneberg: „Das ist ein Eingriff in die demokratischen Gepflogenheiten“

Die Fraktionschefin der Linken im Kreistag wäre davon direkt betroffen. Sie bildet mit dem Kollegen Klaus-Dieter Brügmann eine Zweier-Fraktion, was dann zu wenig wäre. Zwar war die Linke 2018 mit drei Abgeordneten in den Kreistag gewählt worden, aber durch den Austritt von Heike Maser-Festersen wurde aus dem Trio ein Duo.

Maser-Festersens kurzes Gastspiel mit der Abgeordneten Alexandra Waßong, die aus der FDP austrat, sich aber inzwischen der CDU angeschlossen hat, zur Bürgerlichen Mitte bekäme dann ebenfalls keinen Fraktionsstatus mehr. Und die Kreiswählergemeinschaft (KWGP) wäre von Anfang an keine Fraktion gewesen, deren beide Mitglieder sich aber längst entzweit haben.

Kreis Pinneberg: Nur Fraktionen besitzen ein Antragsrecht

Darum kritisiert auch KWGP-Vorsitzender Burghard Schalhorn, der sich als Einzelkämpfer im Kreistag inzwischen der AfD-Fraktion angeschlossen hat, auch die mögliche Neuregelung auf Kreis- und Ortsebene. „Es geht darum, dass den kleinen Parteien die politischen Spielregeln versagt werden. Ihnen fehlt dann der politische Einblick.“

So besitzen nur Fraktionen Antragsrecht in den Ausschüssen und erhalten Fraktionszuschüsse aus Steuermitteln, die bei der Linken etwa 5000 Euro im Jahr ausmachen. Und auch nur die Fraktionschefs gehören dem wichtigen Ältestenrat mit dem Kreispräsidium an, der über die Formalien, Aktuelle Stunden und Tagesordnungspunkte einer Kreistagssitzung befindet.

Vor allem die Freien Demokraten im Land stellen sich gegen das Vorhaben

Wortführer des Protests ist die FDP – landesweit. Ihr Kreistagsabgeordneter Tobias Heisig kritisierte die Reform mit scharfen Worten. „Hier findet etwas statt, was ein echter Anschlag auf die Demokratie in unseren Kommunalparlamenten ist. Hier findet Demokratieabbau statt“, sagt er. Er appellierte an den Kreistag, mit einer Resolution gegen den geplanten Gesetzesentwurf zur Änderung der Gemeindeordnung zu protestieren – dies wurde aber mit den Stimmen von CDU, SPD und Grünen abgelehnt.

FDP-Fraktionschef Olaf Klampe warnt vor einer „dramatischen“ Erosion der Bürgerbeteiligung, sollte sich der geplante Gesetzesentwurf im Land durchsetzen. „Das ist ein Eingriff in die demokratischen Gepflogenheiten. Sie werden an die Seite gedrückt.“ Auch wenn es die Liberalen auf Kreisebene mit vier Abgeordneten und auf Ortsebene in Pinneberg mit drei Stadtvertretern nicht unmittelbar betreffe, würde es zur Folge haben, „dass der Wählerwille in den kleinen Gruppierungen keine Stimme mehr hat“, so Klampe.

Kreis Pinneberg: CDU befürwortet den Vorstoß der Landesregierung

Die Gegenposition vertritt Kreispräsident Helmuth Ahrens (CDU). Der Landkreistag habe es schon vor einem Jahr befürwortet und der Landesregierung vorgeschlagen, die Mindestgröße für Fraktionen in den Kommunen von zwei auf drei Mitglieder hochzusetzen. „Jeder Abgeordnete behält ja sein Rederecht“, sagt Ahrens.

Aber er bezweifle doch sehr, ob einer Fraktion mit nur zwei Mitgliedern dieselben Rechte eingeräumt werden müssen wie der mit 22 Abgeordneten bei der CDU oder der mit 15 wie bei der SPD. Schon heute würde es die Arbeit im Pinneberger Kreistag behindern, dass die 62 Abgeordneten in allen sechs Fraktionen dieselben Antragsrechte haben, auch zur Einberufung einer Aktuellen Stunde.

Kreis Pinneberg: Grüne wollen erst beraten, „wenn es soweit ist“

Ob es auf Kreisebene soweit kommt, ist ungewiss. Grünen-Fraktionschef Thomas Giese würde seine Zustimmung davon abhängig machen, ob der neue Kreistag wie gesetzlich vorgesehen aus 49 Abgeordneten oder wie heute wegen der vielen Überhangmandate aus 62 Abgeordneten bestehe. Im ersten Fall würde eine Zweier-Fraktion immerhin noch rund fünf Prozent der Stimmen repräsentieren, im zweiten nur noch etwa drei Prozent. „Aber wir müssen darüber erst beraten, wenn es soweit ist.“

Ähnlich äußert sich SPD-Fraktionschef Hans-Peter Stahl. „Es besteht überhaupt keine Notwendigkeit, jetzt auf Kreisebene darüber zu entscheiden.“ Er sei in dieser Frage „völlig leidenschaftslos“, sagt Stahl. „Ich könnte auch weiter mit Zweier-Fraktionen leben.“ Aber ein „Anschlag auf die Demokratie“, wie von der FDP behauptet, sei es mitnichten.