Kreis Pinneberg

Homeoffice ist auch in der Verwaltung möglich

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Louis Le Bacquer und Henrike von Usslar
Wedel Bürgermeister Gernot Kaser an seinem Schreibtisch. Während Corona arbeiteten mehr als ein Drittel der Rathausmitarbeiter von Zuhause.

Wedel Bürgermeister Gernot Kaser an seinem Schreibtisch. Während Corona arbeiteten mehr als ein Drittel der Rathausmitarbeiter von Zuhause.

Foto: Stadt Wedel / Sven Kamin

Vergleich zwischen Kommunen und Unternehmen zeigt: Mobiles Arbeiten ist überall auf dem Vormarsch. So sieht es im Kreis aus.

Kreis Pinneberg.  Die Maßnahmen für den betrieblichen Infektionsschutz wegen der Corona-Pandemie sind ausgelaufen. Zuvor gehörte das Homeoffice, also das Arbeiten in den eigenen vier Wänden, ganz selbstverständlich zur Arbeitswelt in Covid19-Zeiten. Wie wird aktuell in den großen öffentlichen Verwaltungen und Firmen im Kreis gearbeitet – mobil Zuhause oder in Präsenz im Büro? Das Abendblatt hat sich umgehört.

Homeoffice: Wie Firmen und Verwaltungen im Kreis mit dem Thema umgehen

Die Stadtverwaltung Pinneberg verfügt über 463 Mitarbeiter, davon hatten in der Coronazeit 215 eine Homeoffice-Vereinbarung. Laut Sprecher Marco Bröcker wird die Stadt „dort wo es möglich ist, auch zukünftig Homeoffice oder mobiles Arbeiten den Mitarbeitern anbieten“. Für manche Dienstleistungen, beispielsweise beim kommunalen Servicebetrieb oder auch in den Abteilungen mit viel Kundenverkehr, ist Homeoffice nur eingeschränkt möglich. Trotzdem hat sich die Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung verändert. „Neue Arbeitsstrukturen haben sich entwickelt“, so Marco Bröcker. So gebe es vermehrt Videokonferenzen anstatt persönlicher Treffen. Und das Telefonieren habe an Bedeutung zugenommen.

In Wedel stieg laut Pressesprecher Sven Kamin die Homeofficequote der Mitarbeiter im Rathaus von 25 Prozent durch Schichtdienstregelungen bis auf 37 Prozent. Seit dem Auslaufen der Coronamaßnahmen gebe es weiterhin Homeoffice-Regelungen, allerdings auf der arbeitsrechtlichen Basis, die bereits vor Corona gegriffen habe. Ähnlich wie in anderen Verwaltungen könne eine Vielzahl von Mitarbeitern wegen der Art ihrer Tätigkeit nicht ins Homeoffice geschickt werden.

Homeoffice bekam durch Corona einen enormen Schub

Zahlreiche Bereiche müssten noch auf die Akte aus Papier oder spezielle Geräte zurückgreifen, sodass eine Anwesenheit im Rathaus erforderlich sei. Trotzdem sei es der Stadt möglich gewesen, ihre Aufgaben für die Bürger im vollen Umfang weiterzuführen. Mittels Videokonferenzen und E-Mail oder Telefon konnten sich die Mitarbeiter auf dem aktuellen Stand halten. Es hat sich laut Sven Kamin auch gezeigt, dass „in Teilen die Digitalisierung der Arbeitsprozesse schon zu Beginn der Corona-Krise so weit fortgeschritten war, dass eine überwiegende Erfüllung der normalen Arbeitsleistung auch im Homeoffice möglich war und ist“.

Diese Erfahrungen während der Corona-Krise haben sicherlich die ohnehin laufenden Digitalisierungsprozesse noch einmal beschleunigt. „Das war ein wichtiger Impuls“, meint Sven Kamin. Durch die Nutzung digitaler und kontaktloser Arbeitsmöglichkeiten habe außerdem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden können. Dennoch könne die gemeinsame Arbeit an den vielen komplexen Themen die eine Stadtverwaltung bearbeitet, grundsätzlich nicht ausschließlich kontaktlos und per Videokonferenz funktionieren.

Für die Elmshorner Stadtverwaltung ist Homeoffice keine Neuheit. Schon vor der Pandemie konnten Mitarbeiter von Zuhause aus arbeiten. Im Zeitraum der Coronamaßnahmen wurden von den 630 Mitarbeitern der Verwaltung etwa 80 Prozent ins Homeoffice geschickt. Nicht alle konnten in den heimischen vier Wänden ihrer Tätigkeit nachgehen, weil gewisse Dienstleistungen die Anwesenheit im Rathaus erforderlich machten.

Homeoffice: Barmstedter Rathaus setzt auf die Digitalisierung

Während der Coronazeit war der Abstimmungsbedarf zwischen den Kollegen größer als sonst. Aber „eigentlich hat es gut geklappt“, sagt Personalchefin Dorit Wilstermann-Fischer. Aktuell könnten die Mitarbeiter je nach Bedarf weiterhin von Zuhause arbeiten. Der Großteil wolle es laut Wilstermann-Fischer nicht mehr, doch einige Kollegen würden einen oder zwei Tage Homeoffice pro Woche nutzen.

Homeoffice habe zwar Vorteile, könne aber die menschliche Präsenz, die diese Berufe in der kommunalen Verwaltung erfordern, nicht ersetzen. „Das geht mit persönlichen Gesprächen besser. Es fehlt an Sozialkontakt“, so Wilstermann-Fischer., Schwierigkeiten würden auch deshalb auftreten, weil die Mitarbeiter von Zuhause nicht über alle Daten verfügen, da nicht alles digitalisiert worden sei.

Im Barmstedter Rathaus waren zwischenzeitlich 50 Mitarbeiter im Homeoffice tätig. Seit ein paar Jahren entwickele die Stadtverwaltung ein Datenmanagement, sodass viel digital gemacht werde. „Das hat gut geklappt, es hat nur wenige Tage für die Umstellung auf Homeoffice gebraucht“ sagt Sprecher Marcel Holz. Man könne auf vieles zugreifen, was man brauche.

Homeoffice: Auch im Amt Pinnau ist Heimarbeit möglich

Bereits zwei Jahre vor dem Ausbruch der Pandemie wurde im Rathaus den Mitarbeitern die Möglichkeit, von Zuhause aus zu arbeiten, eingeräumt. Auch daher sei die Umstellung problemlos verlaufen. Zusätzlich zum Homeoffice führte die Stadtverwaltung Wechselschichten ein, um das Infektionsrisiko zu senken. Wer Homeoffice machen wollte, jedoch nicht über die notwendige Ausstattung verfügte, konnte diese leihweise von seinem Arbeitgeber erhalten.

Im Amt Pinnau kann laut Amtsleiter Detlev Brüggemann auch aktuell von Zuhause aus gearbeitet werden. Momentan gebe es die Möglichkeit, bis zu zwei Tage die Woche nicht im Büro zu sein. Im Amt sind 50 Menschen beschäftigt. Zurzeit würden etwa zehn Prozent von Zuhause aus arbeiten. Während Corona hätte die Quote bei 30 Prozent gelegen und es wäre auch möglich gewesen, bis zu fünf Tage die Woche Homeoffice zu nutzen.

Vor Corona seien es drei Mitarbeiter gewesen, die ihren Job teilweise aus den eigenen vier Wänden erledigt hätten. „Von Zuhause aus arbeiten kann man hier zum Beispiel besonders gut im Finanzamt. Im Bau und Ordnungsamt ist Homeoffice schwieriger. Dort kommen Bürger hin. Aus diesem Grund nehmen wir das dort mit der Arbeit in Präsenz genauer“, sagt Brüggemann.

Tornescher Verwaltung zieht Schichtmodelle dem Homeoffice vor

Ein weiterer Punkt sei die Papierarbeit. „Die Verwaltung ist gerade ungefähr zu 50 Prozent Digital und zu 50 Prozent in Papier. Das soll sich aber immer weiter zum Digitalen hin entwickeln. Wenn man Zuhause arbeitet, aber etwas in Papier im Amt abgelegt werden muss, muss man das Dokument später im Amt ausdrucken.“ Eine Maskenpflicht bestehe im Amt nicht. Brüggemann: „Die Mitarbeiter im Amt Pinnau tragen derzeit keine Maske, könnten das aber selbstverständlich freiwillig zum Selbstschutz tun.“

In Tornesch waren laut Sprecherin Julia Prozies während der Corona-Pandemie lediglich 14 von 171 Mitarbeitern im Homeoffice tätig. Die Verwaltung habe Wechsel-Schichtmodelle vorgezogen und nur vereinzelte Mitarbeiter ins Homeoffice versetzt. Es bestand auch die Möglichkeit, erweiterte und flexiblere Arbeitszeiten zu bekommen. Homeoffice sei laut der Sprecherin langfristig der Verwaltungsarbeit nicht angemessen, da die Stadtverwaltung stark mit Akten arbeitet und nur wenig digitalisiert sei.

Annina Semmelhaack aus der Geschäftsleitung des Wohnungbauunternehmens Semmelhaack mit Zentrale in Elmshorn berichtet, dass von den 250 Mitarbeitern nicht viele von Zuhause aus gearbeitet haben. Trotzdem habe das Unternehmen während Corona die Arbeitsplätze umstrukturieren müssen. „Wir haben die Mitarbeitenden aus den verschiedenen Abteilungen durchmischt gesetzt, sodass im Fall einer Coronainfektion nicht eine ganze Abteilung in Quarantäne muss. Das hatte auch den positiven Nebeneffekt, dass sich die Abteilungen untereinander besser kennengelernt haben.“

Wedeler Firma Medac war gut auf Homeoffice vorbereitet

Außerdem habe darauf geachtet werden müssen, dass jeder Mitarbeiter mindestens zehn Quadratmeter zur Verfügung habe. Nach den strengen Coronamaßnahmen habe das Unternehmen den „Flexitag“ eingeführt. Der „Flexitag“ ermögliche mobiles Arbeiten, anders als beim Homeoffice müsse nicht unbedingt von zu Hause aus gearbeitet werden.

Beim Wedeler Pharmaunternehmen Medac sollte laut Firmensprecher Volker Bahr schon kurz vor Corona eine „Flexi Office“-Vereinbarung in Kraft treten, die mobiles Arbeiten ermöglicht. Er sagt: „Corona ist ein Katalysator für Mobiles Arbeiten, aber nicht der alleinige Grund“. Denn das Unternehmen brauche Menschen mit Spezialwissen und müsse diesen auch entsprechende Angebote machen.

Durch Corona sei dann das „Flexi Office“-Konzept auf die Probe gestellt worden. Dadurch, dass die Vereinbarung schon vor Corona getroffen worden sei, sei das Unternehmen verhältnismäßig gut vorbereitet gewesen. Während es gesetzlich vorgeschrieben war, hätten von den etwa 1250 Mitarbeitern in Wedel und Tornesch etwa 800 Zuhause aus gearbeitet. Momentan werde mobiles Arbeiten weiterhin ermöglicht.

Homeoffice ist nicht in allen Firmenteilen möglich

Dieses sei jedoch in der Produktion und in der Auslieferung nicht möglich. „Arzneimittel-Produktion ist zu Hause schließlich unpassend“ sagt er. Zur Zeit könne nicht gesagt werden, wie viele Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten. „Wir gehen im Augenblick von einer Belegungsquote von 50 Prozent aus. Eine Erfassung des Flexi-Arbeitstages sei zwar möglich, aber nicht erforderlich.“

Aktuell gebe es keine Maskenpflicht. Einige Mitarbeiter würden aber trotzdem Maske tragen. Bei Internationalen Treffen, die auch wieder stattfänden, merke man, dass die Deutschen besonders vorsichtig sind, was Corona betrifft. Auf dem Theaterplatz in Wedel plant Medac ein neues, zwölfstöckiges Bürogebäude. Ob die Planung sich wegen des mobilen Arbeitens ändert und ob deswegen Räume eingespart werden, kann Volker Bahr nicht so genau sagen. Umgeplant werde ohnehin häufig. Es sollen keine Großraumbüros entstehen, allerdings sollen die Arbeitsplätze flexibel genutzt werden. Das die Mitarbeiter keinen eigenen Schreibtisch mehr haben, könne sein.

Die circa 340 Mitarbeiter des Elmshorner Unternehmens Peter Kölln dürfen laut Berit Zonnev von der Unternehmenskommunikation momentan an zwei Tagen pro Woche von Zuhause aus arbeiten. Voraussetzung sei, dass die Art der Arbeit das zulasse und es mit den Vorgesetzten abgesprochen sei. Durch das Angebot würde allerdings nicht weniger Platz benötigt. So sagt Berit Zonnev: „Da wir nach wie vor darauf Wert legen, dass unser Team regelmäßig vor Ort arbeitet, werden langfristig keine Räume eingespart.“

Corona sorgt für Homeoffice-Boom bei Firmen im Kreis

Auch schon vor Corona habe es die Möglichkeit gegeben, unter bestimmten Voraussetzungen ins Homeoffice zu gehen und während der Pandemie habe das Unternehmen sehr flexible Arbeitsmöglichkeiten angeboten. Zur Zeit gebe es keine Maskenpflicht und es würden freiwillige Corona-Tests angeboten. Außerdem würde in regelmäßigen Abständen in Infonachrichten darauf hingewiesen, dass Abstandsregeln, aber auch mobile Trennwände immer noch sinnvoll seien.

Von den 220 Mitarbeiter des Mineralölunternehmen Orlen mit Sitz in Elmshorn, waren zeitweise fast alle im Homeoffice. Laut Monika Plucinski, Direktorin für Human Ressources, sei eine komplette Schließung der Büros aber nur in der ersten Phase des Lockdowns notwendig gewesen. „Danach haben sich die Mitarbeitenden in den Fachabteilungen aufgeteilt und abwechselnd im Büro oder im Homeoffice gearbeitet“, so Monika Plucinski.

Vor der Pandemie sei eher selten im Homeoffice gearbeitet worden. Durch Corona habe sich die Nutzung stark erhöht. Seitdem wird heute noch mobiles Arbeiten an zwei Tagen pro Woche angeboten. „Da darüber hinaus jede Abteilung selbst regelt, wie flexibel sie arbeitet, wird in manchen Abteilungen auch öfter als zwei Tage in der Woche mobil gearbeitet“, sagt die Direktorin für Human Ressources.

Homeoffice: Viele Beschäftigte arbeiten gern im Büro

Im Gegensatz zu anderen Unternehmen oder Verwaltungen habe mobiles Arbeiten das Team im ersten Corona-Jahr eher zusammengeschweißt. Laut Plucinski haben die Mitarbeiter „während der gesamten Corona-Zeit von Zuhause aus einen extrem guten Job gemacht“ – , und das Arbeitsverhältnis sei hervorragend gewesen.

Trotz einer reibungslosen Umstellung seien viele Mitarbeiter müde von der virtuellen Zusammenarbeit und hätten sich nach dem persönlichen Kontakt gesehnt. Auch wenn Homeoffice flexible Arbeitszeiten ermöglicht, „flüchten die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auch nicht aus dem Büro – sie sind dort gerne“, sagt Monika Plucinski. Ein Kompromiss sei ein hybrides Arbeiten: „Sie können selbst entscheiden, wann es Sinn macht, ins Büro zu kommen und wann sie von einem anderen Ort arbeiten möchten.“

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