Stellen Sie sich vor, die Hauptstraße unserer Stadt läge gespenstisch leer. Kein Mensch unterwegs, kaum ein Fahrzeug auf der Straße.

Nur eine Flugdrohne schwirrt auf Höhe der oberen Stockwerke durch die Häuserschlucht, aus ihrem integrierten Lautsprecher wiederholt sich, blechern monoton, eine permanente Ansage: „Bitte zügeln Sie das Bedürfnis Ihrer Seele nach Freiheit. Öffnen Sie nicht das Fenster, singen Sie nicht. Ihr Verhalten birgt die Gefahr, Viren zu übertragen.“ Auf anderen Straßen, in allen Orten unseres Landkreises patrouillieren Roboterhunde mit aufgeschnallten Megafonen, aus denen sie die Gegend mit Hygienetipps beschallen. Niemand soll ungenehmigt seine Wohnung verlassen. Versucht es trotzdem jemand, passiert es, dass blockwarteifrige Nachbarschaftskomitees die Haustür des Widerspenstigen verschweißen. Hungernde schreien von Balkonen nach Nahrung, weil die eigenen Vorräte aufgebraucht und die Lieferdienste überfordert sind.

Genau das alles passiert. Glücklicherweise (für uns jedenfalls) weder in Norderstedt noch andernorts im Kreis Segeberg. Aber im Großraum Shanghai. Lockdown für 25 Millionen Einwohner. Nicht so ein gepamperter Lockdown wie in den Vorjahren bei uns, so mit fortlaufender Einkaufsmöglichkeit, Joggingrunde und Gassigehen mit Hund, sondern: siehe oben. Also so extrem, wie sich so etwas überhaupt durchziehen lässt, wenn man denn will. Und nützt es wenigstens im Kampf gegen Corona? Nö.