Pinneberg. Musiker, die in kleineren, hochspezialisierten Ensembles spielen, gehören zu denen, die die Pandemie mit am meisten gebeutelt hat, denn die Absage so vieler Konzerte empfinden viele als Berufsverbot. So ist es fast ein kleines Wunder, dass doch hier und da noch Musik erklingt, mit schütterer Besetzung der Sitzreihen, Abstand und Masken.
Auch das Ensemble Hamburger Ratsmusik ist davon betroffen. Die Musiker haben sich aber nicht unterkriegen lassen: Leiterin Simone Eckert ist dabei, ein großes, von ihr initiiertes Alte-Musik-Projekt zu realisieren, und am kommenden Sonnabend, 18.30 Uhr, tritt das Ensemble mit sehr ungewöhnlichem Programm in der Pinneberger Luther-Kirche auf.
Ensemble Hamburger Ratsmusik spielt in Pinneberg
Diesmal ist zwar auch Musik aus der Renaissance und dem Barock zu hören. In dem ausgefeilten Dialog zwischen der Blockflöten-Spielerin Katrin Krauß-Brandi und der Gambistin Simone Eckert erklingen aber außerdem Werke von Leonard Bernstein, Bach, Bartok, Telemann und, neben anderen, Auszüge aus dem mittelalterlichen Robertsbridge Codex, der frühesten überlieferten Musik für Tasteninstrumente, mit italienischen Tänzen und Motetten.
„Man kann das sehr gut mit Flöte und Gambe wiedergeben“, sagt Katrin Krauß-Brandi. Während die Gambe sonst eher begleitend als Basso continuo eingesetzt würde, seien hier beide gleichberechtigt. Die Spielfolge ist das Ergebnis musikalischen Schatzgräbertums.
Der Ansatz für dieses Feinschmeckerprogramm: „Sehr ungewöhnliche, extravagante, anspruchsvolle Stücke, die man normalerweise selten hört“, sagt sie. Manche wie das rare „Upon Ut Re Mi Fa“ von John Baldwin (1560 bis 1615) seien „wahnsinnig schwer zu spielen“, andere schlicht Exoten. Dazu gehört auch die west-östliche Ode II des Japaners Ryohei Hirose (1930 bis 2008).
Flötistin Katrin Krauß-Brandi spielt Bernstein
Bernstein hat sein Stück für Blockflöte und Cello komponiert, „mit Gambe klingt es genauso gut“, so die Flötistin. Katrin Krauß-Brandi liebt an der Blockflöte besonders die Nähe zur Sprache: „Dadurch, dass man direkt, fast ohne Widerstand hineinbläst und unterschiedlich artikuliert, fühlt sich das Spielen an wie Sprechen oder Singen. Musikalisch kann ich mich so am besten ausdrücken.“
Um ihr Können zu vervollständigen, hat sie bei dem Mittelalter-Experten Pedro Memelsdorff in Mailand studiert und durfte sogar mit dem weltberühmten Ensemble „Il Giardino Armonico“ spielen. „Ein fantastisches, sehr emotionales Ausnahmeorchester“, erinnert sich die Blockflötistin. Aber inzwischen gebe es solche Formationen auch anderswo in Europa.
Konzert „Bizarr und Bicinium“: Sa, 26.2., 18.30 Uhr, Lutherkirche, Kirchhofsweg 76B, Pinneberg. Eintritt: 14, ermäßigt zehn Euro.
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