Corona Pinneberg

Zu viele Fälle – Pinneberger Gesundheitsamt stark überlastet

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Burkhard Fuchs
Angelika Roschning (vorn), Leiterin des Gesundheitsamtes im Kreis Pinneberg, informierte die Politik jetzt über die Corona-Lage. Mitarbeiterinnen wie Petra Rejzek-Adomat haben derzeit enorm viel zu tun.

Angelika Roschning (vorn), Leiterin des Gesundheitsamtes im Kreis Pinneberg, informierte die Politik jetzt über die Corona-Lage. Mitarbeiterinnen wie Petra Rejzek-Adomat haben derzeit enorm viel zu tun.

Foto: Nico Binde / HA

Amtsleiterin erklärt, warum die tägliche Meldung eingestellt wurde und warum die Infektionen in Kitas und Schulen stark steigen.

Kreis Pinneberg. Wegen der aktuellen Corona-Lage mit enorm vielen Neuinfektionen haben die Mitarbeiter des Pinneberger Kreisgesundheitsamtes mehr als alle Hände voll zu tun. Die herausfordernde Situation im Amt erklärte Fachdienstleiterin Angelika Roschning jetzt dem Sozialausschuss des Kreistages. Ihre Mitarbeiter und sie kämen zurzeit mit der Erfassung der Infektionsfälle gar nicht nach. „Wir haben bei bis zu 500 neuen Fällen am Tag einen Rückstau von vier bis fünf Tagen.“ Insofern sei die Infektionslage höher als offiziell mitgeteilt.

Zurzeit liegt die Sieben-Tage-Inzidenz zum Stichtag 18. Januar etwa bei 680,6 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Allein am Montag sind laut Landesmeldestelle 351 neue Fälle im Kreis dazu gekommen. Laut der Leiterin des Gesundheitsamtes brauchen inzwischen auch die Labore mehr Zeit, um eine mögliche Infektion anzuzeigen oder auszuschließen. „Ein PCR-Test dauert inzwischen drei Tage. Vorher hatten wir das Ergebnis meist am selben Tag“, so Roschning.

Omikron verbreitet sich schnell, aber ohne die Intensivstation zu überlasten

Die stark verbreitete Omikron-Variante des Coronavirus sei nach bisherigen Erkenntnissen aber erheblich weniger gefährlich als die vorhergehenden, so die Gesundheitsamtschefin. Demnach befänden sich aktuell 33 Patienten mit einer Corona-Infektion in den beiden Krankenhäusern in Elmshorn und Pinneberg. Davon müssten nur zwei intensivmedizinisch behandelt werden. „Der Krankheitsverlauf der Omikron-Variante ist auf jeden Fall leichter und macht weniger intensivmedizinische Betreuung notwendig.“ Das liegt wohl aber auch an der verhältnismäßig hohen Impfquote.

Mehr als die Hälfte der Bevölkerung im Kreis Pinneberg sei inzwischen ein drittes Mal geimpft, also „geboostert“, sagte Roschning. Bei den Über-60-Jährigen liege dieser Anteil sogar schon bei 77 Prozent. „Auch die Kinder-Impfungen werden im Kreis Pinneberg gut angenommen“, sagte die Gesundheitsamtschefin. Genaue Zahlen dazu lägen ihr aber noch nicht vor.

Extrem hohe Inzidenz in den jüngeren Jahrgängen

Im Vergleich zum Vorjahr wird die Impfwirkung deutlich. So erreichte die Zahl der Corona-Patienten im Januar 2021 in den Regio Kliniken mit 75 Patienten, davon acht auf der Intensivstation, bislang ihren jeweiligen Höchststand. Da lag die Corona-Inzidenz im Kreis Pinneberg zwischen 170 und 190, also um rund zwei Drittel niedriger als heute.

Die höchsten Inzidenzen gebe es aktuell vor allem in den jüngeren Altersgruppen, sagte Roschning. Bei den Kindern, Schülern und jungen Erwachsenen läge sie zwischen 700 und 900. „Wir haben vermehrt Fälle aus den Kitas und Schulen.“

Nicht grundlos hat das Gesundheitsamt personell wieder aufgestockt. Demzufolge arbeiten zurzeit in der Kreisverwaltung etwa 100 Kollegen, die mit dem Thema Corona befasst sind, so Kreissprecherin Katja Wohlers. Dazu gehörten auch wieder acht Bundeswehrsoldaten und vier THW-Kräfte sowie Mitarbeiter aus anderen Abteilungen der Kreisverwaltung. „Wir haben das Personal deutlich aufgestockt, können aber trotzdem nicht mit der exponentiellen Lage mithalten“, sagte Angelika Roschning.

Kontaktpersonen werden nicht mehr angerufen – mehr Eigenverantwortung

Darum habe die Verwaltung es auch aufgegeben, die einzelnen Kontaktpersonen von infizierten Menschen aufzuspüren und sie zu erreichen, damit sich diese in Quarantäne begeben. Dazu sei jetzt jede infizierte Person selbst verpflichtet. Sie müsse ihre unmittelbaren Kontaktpersonen informieren und sich in Isolation begeben. Nach sieben Tagen könnten sie sich dann wieder mit einem negativen Antigen- oder PCR-Nachweis freitesten. „Es geht jetzt mehr in Richtung Eigenverantwortung der Menschen“, sagte die Fachdienstleiterin Gesundheit.

Die Politik hat diesen Bereich personell kräftig aufgestockt. So hat der Kreistag bereits 30 zusätzliche Stellen bewilligt. Darunter sind zwölf Ärzte, sechs medizinische Fachangestellte, vier Hygieneexperten, und je drei Sozialpädagogen und Verwaltungskräfte. Von den 30 genehmigten Stellen sind 13 allerdings noch nicht besetzt.

Das könnte auch dauern, sagte Martin Keck, Leiter des sozialpsychiatrischen Dienstes, dem Sozialausschuss. Zumal es sich zu einem langfristigen Problem auswachsen könnte, sagt er. „Für den letzten Psychologen, den wir eingestellt haben, brauchten wir fünf Jahre.“ Der Ausschussvorsitzende Hans-Peter Stahl (SPD) versprach: „Die Politik wird alles dafür tun, dass das gute Konzept für den öffentlichen Gesundheitsdienst umgesetzt und das dafür benötigte Personal auch bewilligt wird.“

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