Tourismus

Geschichten über die Welt zwischen Uetersen und Shanghai

| Lesedauer: 5 Minuten
Anne Dewitz
Buchautor Rainer Neumann, gebürtiger Uetersener, mit seinem Buch "Passiert. Notiert. Bedacht. Gelacht.", das in der zweiten Auflage erscheint

Buchautor Rainer Neumann, gebürtiger Uetersener, mit seinem Buch "Passiert. Notiert. Bedacht. Gelacht.", das in der zweiten Auflage erscheint

Foto: Anne Dewitz

Der Reisebürokaufmann Rainer Neumann hat die zweite Auflage seines Buchs im Handel. Tourismuskrise hin oder her.

Uetersen. Wie nennt ein Vielreisender seine Erzählungen über das Vielreisen? Na, klar: „Momentaufnahmen des Alltags von Uetersen bis Shanghai“. Klingt weltgewandt und heimatverbunden. Und das passt ja zu Rainer Neumann und seinen Geschichten.

Der Reisebürokaufmann ist von Berufs wegen viel unterwegs, entdeckt in der Ferne und vor der Haustür in Hamburg Skurriles, hat die Unterschiedlichkeiten der Menschen im Blick. Das Geschichtenerzählen liegt ihm wohl in den Genen. „Mein Großvater war ein unheimlich fantasievoller Geschichtenerzähler“, sagt Neumann. Als Kind fragte er nie, ob der Opa ihm was mitgebracht habe, sondern ob er ihm wieder eine Geschichte erzähle.

Obdachlos an der Alster

Seit vierzig Jahren schreibt er Reiseberichte und sinniert in kleinen Erzählungen über Beobachtungen und liebenswerte Menschlichkeiten. So erzählt der gebürtige Uetersener in einer Geschichte von Harry, den er auf einer Bank an der Alster kennen lernt. Der Obdachlose ist nicht mehr gut zu Fuß. Also bittet er Neumann, ihm irgendwo einen Kaffee zu besorgen und drückt ihm zwei Euro in die Hand. Am Imbiss kauft Neumann diesem Harry dann für 1,80 Euro Kaffee und Brötchen und bringt es ihm samt Wechselgeld. Der lässt sich nicht lumpen und besteht darauf, dass Neumann das Restgeld einsteckt: „Trinkgeld. Fürs Besorgen. Muss sein.“

„Die erste Auflage mit 1500 Buchexemplaren ist fast vergriffen“, freut sich Autor Rainer Neumann über seine Kurzgeschichten mit dem Titel: „Passiert. Notiert. Bedacht. Gelacht.“ Jetzt hat der Norderstedter Kadera-Verlag sich entschlossen, eine Neuauflage des Buches mit fünf neuen, heiteren Episoden herauszubringen. Die Illustrationen stammen von Rudolf Wernitz, der im vergangenen Jahr verstorben ist. Er zeichnete früher unter anderem Karikaturen für den Stern und die Welt. „Ein Illustrator mit Schalk im Nacken“, nennt ihn Neumann.

Bucheinnahmen werden gespendet

Das Honorar vom Buchverkauf spendet der 64-Jährige komplett an zwei Obdachlosen-Projekte in Hamburg, die Suppengruppe St. Georg und das CaFeé mit Herz. Bislang kamen immerhin so 750 Euro zusammen. Bei seinen Kontakten vor Ort hat er erkannt, dass die Hilfe sehr wichtig ist. „Auch der kleinste Betrag kann helfen“, sagt Neumann. Seit mehr als 35 Jahren wohnt er in der Nachbarschaft zu St. Georg, dem Hamburger Stadtteil, der ihm am Herzen liegt. Auch wenn er beruflich viel reist. „Ich bin wie Strandgut, ich komme immer wieder zurück“, erklärt Neumann seine Heimatliebe.

Sein Büchlein im Schaufenster von der Traditionsbuchhandlung Wohlers in St. Georg zu sehen, macht ihn glücklich. Auch andere Buchhandlungen verkaufen es. „Es ist mir wichtig, den stationären Buchhandel zu unterstützen“, sagt Neumann. Seine erste Lesung hielt er bei Lavorenz in Uetersen, ein Heimspiel. Gut erinnert er sich an jenen stürmischen Oktobertag. „Als ich ankam, saßen da zwei Zuhörer“, sagt er.

Tipp von Mario Adorf

Ein Schreck sei das schon gewesen, auch für die Buchhändlerin. In dem Moment habe er an ein Gespräch mit Mario Adorf denken müssen, den er mal in Wien traf. „Jeder, der sich die Zeit nimmt, dir zuzuhören, verdient deinen Respekt“, habe der Schauspieler ihm gesagt. „Zu seiner Lesung waren einmal nur neun Menschen erschienen, trotz seiner Berühmtheit“, sagt Neumann. Adorf habe sie durchgezogen.

Doch dann seien mit einem Schwung alle Uetersener reingekommen. 70 seien es am Ende gewesen und die Lesung ein Erfolg. Eintritt nimmt Neumann nicht, aber er bittet um eine Spende. Das Geld, an jenem Abend kamen 400 Euro zusammen, kommt dann einem gemeinnützigen Projekt zu, dass sich die Buchhandlung zuvor überlegen darf. Auch in der Drostei in Pinneberg hat er schon gelesen.

52 heitere Geschichten

Dabei manövriert er sein Reisebüro, das auf Trips nach Nord- und Osteuropa spezialisiert ist, seit Corona selbst durch wirtschaftliche Engpässe. „Meine 13 Mitarbeiter sind in Kurzarbeit, entlassen werden musste aber noch niemand“, sagt Neumann. Als vor einem Jahr im April über Nacht alle Reisen storniert werden mussten, ging es um sechsstellige Beträge, die zurückgebucht wurden. Ein Alptraum für jeden Geschäftsmann.

Trotzdem bleibt Neumann optimistisch. „Das wichtigste ist die Gesundheit.“ Sowieso ginge es ihm beim Schreiben nie darum, ein zweites wirtschaftliches Standbein aufzubauen. Das Schreiben erde ihn und helfe derzeit, sich mental mit etwas anderem zu beschäftigen als mit der allgegenwärtigen Pandemie. „Es bereitet mir einfach Freude, gemachte Beobachtungen in Worte zu fassen.“

Insgesamt 52 heitere, schräge, komische, skurrile und nachdenkliche Kurzgeschichten präsentiert der Autor in seiner erweiterten Neuauflage. „Es ist ein Buch für Humorlose und für diejenigen, die Humor haben“, preist Rainer Neumann sein Werk an. Er hofft zudem auf weitere Lesungen in diesem Jahr, die leider 2020 aufgrund der Corona Pandemie ausfallen mussten.

Das Buch „Passiert. Notiert. Bedacht. Gelacht.“ von Rainer Neumann (ISBN 978-3-948218-32-4), Kadera-Verlag, 120 Seiten, 15 Euro ist in jeder Buchhandlung oder im Netz unter www.kadera.de erhältlich.

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