Pinneberg. Bei Bauplanungen fällt der Begriff „Jahrhundertchance“ nicht gerade häufig. Die Begehrlichkeiten sind im Allgemeinen zahlreich, das Geld knapp. Jetzt aber wittern alle Fraktionen eine solche einmalige Chance. Sie wollen herausfinden, wie sich die Stadt möglichst kostengünstig in eine Brückenerneuerung einklinken kann, die in den Verantwortungsbereich der Deutschen Bahn (DB) fällt. Die Rede ist von der Unterführung, die das Quellental (Übergang Osterholder Allee und An der Mühlenau) mit der Fahlt-Seite verbindet. Ein schmaler Fußgängertunnel, der viel genutzt wird. Die Bahn beziffert ihre Projektkosten auf rund 14 Millionen Euro.
Am Dienstagabend haben die Mitglieder des Stadtentwicklungsausschusses nun ihr grundsätzliches Interesse bekundet und beschlossen, die Stadt mit der näheren Prüfung einer möglichen Kostenverteilung und -schätzung zu beauftragen. „Das Ganze ist juristisch sehr kompliziert“, sagt Gerhard Thomssen (SPD). „Wenn wir jetzt nicht grundsätzlich zugestimmt hätten, wäre das tot.“ Vor dem Hintergrund, dass durch Nachverdichtung und die vielen Neu-Pinneberger, die in den ILO Park ziehen werden, immer mehr Menschen die beiden bahnhofsnahen Unterführungen nutzen werden, erscheint der Tunnel, um den es geht, noch unzureichender, als er schon ist.
Die DB Netz AG hat mit der Unterführung selbst nichts zu tun
Bisher dürfen Radler dort nicht durchfahren, weil er zu niedrig ist. Oft entstehen deshalb Konflikte. Alle Politiker sind daher für eine Verbreiterung auf sechs Meter mit einer Höhe von mindestens 2,50 Metern. „Im Zuge des Brückenneubaues wäre das sinnvoll“, sagt Birgit Klampe (FDP). Auch ihr Fraktionskollege Werner Mende will Näheres erfahren: „Bevor ich etwas ablehne, muss ich erst mal wissen, was ich mir nicht leisten kann. Die Idee ist jedenfalls toll.“
Der Bauherr DB Netz AG hat mit der Unterführung selbst nichts zu tun. Gemäß dem Eisenbahnkreuzungsgesetz ist er lediglich für die Erneuerung der Gewölbebrücke über die Mühlenau zuständig, die aus dem Jahr 1907 stammt. Es geht um die Tragekonstruktion unter den Schienen. Und die ist sehr teuer. Mit der Ausführungsplanung dazu soll im nächsten Jahr begonnen werden.
Radschnellweg könnte Geld für Tunnelverbreiterung bringen
„Wir haben in Pinneberg zu wenige Bahn-Querungen. Deshalb sollten wir die Möglichkeit ergreifen“, sagt Carl-Eric Pudor (CDU), Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses. „Ob es etwas werden kann, hängt davon ab, wer was bezahlen muss. Man sollte das also nicht von vornherein abbiegen. Allerdings geht es um unwahrscheinlich viel Geld“, sagt Gerhard Thomssen. Und Pudor ergänzt: „Mit Kita- und Schulbauprojekten und der Straßensanierung haben wir ja ohnehin schon viel vor der Brust.“ Weil der neue Radschnellweg zwischen Hamburg und Elmshorn direkt an der Bahnquerung vorbeiführt, sieht der CDU-Mann darin eine Chance: „Ob sich der Kreis dann an den Kosten beteiligen würde, hängt davon ab, wie der Fahrradschnellweg gestaltet wird. Wenn der Kreis als Auftraggeber aufträte, säße er mit im Boot. Das ist unser Ziel“, so Pudor.
Bahn will 2026/2027 bauen
Die Crux sieht Tafin Ahsbahs (Grüne & Unabhängige) derzeit darin, dass „sobald wir einen Änderungswunsch anmelden, die Stadt an den Kosten beteiligt wird“. Auch seine Fraktion begrüßt den Vorstoß. Den Tunnel, wie sie vorschlug, lediglich zu vertiefen, um kostengünstiger mehr Höhe zu gewinnen, traf im Ausschuss auf keine Mehrheit.
Ohne dass die Kosten klar sind, „besteht für die Stadt keine Entscheidungsgrundlage für ein etwaiges Änderungsverlangen“, schreibt die Verwaltung ausdrücklich in ihrer ausführlichen Vorlage. Im Juristendeutsch heißt das Zauberwort „Änderungsverlangen“. Da die Deutsche Bahn nichts ändern will, geht sie davon aus, dass ein solches „Änderungsverlangen“ einseitig wäre, was dazu führt, dass die Kosten nicht aufgeteilt werden, sondern die Stadt sie allein zu tragen hat. Auf Bitte der Verwaltung hat die Deutsche Bahn auf Grundlage ihrer Erfahrungen eine grobe Schätzung der Kosten für die Vergrößerung der Unterführung vorgenommen. Diese unzuverlässige Schätzung liegt zwischen fünf und 13 Millionen Euro.
Die Bahn setzt den Baubeginn auf 2026/27. Ein späterer Einstieg der Stadt wäre möglich, wenn sie eine Parallelplanung finanzieren würde. Dies könnte mit bis zu 350.000 Euro zu Buche schlagen.
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