Fridays for Future

Warum sich Pinneberg jetzt einen Klimaschutzberater leistet

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Katja Engler
Im vergangenen Jahr erreichten die Fridays-for-Future-Demonstrationen auch Pinneberg. Etwa zur gleichen Zeit rief Pinneberg den Klimanotstand aus. Viel passiert ist seitdem nicht.

Im vergangenen Jahr erreichten die Fridays-for-Future-Demonstrationen auch Pinneberg. Etwa zur gleichen Zeit rief Pinneberg den Klimanotstand aus. Viel passiert ist seitdem nicht.

Foto: Anne Dewitz

Nach dem Ausrufen des Klimanotstandes wurden 25.000 Euro für einen Experten freigegeben. Die Hintergründe.

Pinneberg.  Den Klimanotstand in Pinneberg auszurufen war im vergangenen Jahr vielleicht auch eine Reaktion auf die jugendlichen Massenproteste der Bewegung Fridays For Future. Von konkreten Konsequenzen, um dieser alarmierenden Zustandsbeschreibung etwas Sinnvolles entgegenzusetzen, ist die Stadt Pinneberg aber nach wie vor weit entfernt. Immerhin hat die Ratsversammlung eine erste Entscheidung getroffen: 25.000 Euro werden bereit gestellt, um einen externen Berater zu engagieren. Denn mit der Notstands-Ausrufung allein ist noch kein CO2 gespart, noch kein Baum gepflanzt, noch kein Mobilitätsverhalten verändert worden. Sie steht nur auf dem Papier.

Dort steht auch das, woraus künftig ein Klima- und Umweltschutzkonzept für die Stadt erwachsen könnte. In dem zugrundeliegenden Papier der Verwaltung, das in den Augen von Ratsfrau Gesine Sibbertsen von den Bürgernahen „sehr gut vorbereitet“ ist, wird zunächst die steigende Erwärmung und die Zunahme von extremen Wetterlagen und damit verbunden das Ziel des Weltklimarates konstatiert, die weitere Erwärmung nicht über 1,5 Grad steigen zu lassen.

Klimaberater? Jugend findet, es sei ein guter Schritt

Durch ein Konzept solle die Stadt Pinneberg dementsprechend „eine auf Klimaneutralität und Nachhaltigkeit ausgerichtete Stadtentwicklung vorbereiten, um sich zukunftsfähig aufzustellen“.

Julia Dinse, stellvertretende Vorsitzende des Jugendbeirates, findet ein Klima- und Umweltschutzkonzept grundsätzlich gut: „Das ist der erste Schritt. Es ist klar, dass das nicht das Ende ist“, sagt sie. Ihr Kollege Felix Tranziska ergänzt: „Ich finde, dass das ein sehr guter Schritt ist. Jetzt ist das noch alles sehr dünn. Danach kommt hoffentlich etwas zustande.“ Darüber, wie generell mit der Mitarbeit des Kinder- und Jugendbeirates verfahren wird, ist Julia Dinse ziemlich wütend: „Als Jugend hat man keine Stimme. Man darf Anträge stellen, aber hat eigentlich keine Möglichkeit, mit der CDU richtig zu diskutieren.“

In dem betreffenden Papier lehnt die Stadt die Verantwortung dafür ab, ein solches Konzept vorzubereiten. Mit bloßem Ankreuzen der Klimarelevanz bei Planungsvorgängen sei es nicht getan: „Nahezu jede Maßnahme wirkt sich in irgendeiner Form auf Luft, Wasser oder Boden, auf das Klima und die Umwelt der Stadt und die Umgebung aus“, ist darin zu lesen. Dazu gehöre ja schon die Einstellung von Mitarbeitern, die unter Umständen zu einem höheren CO2-Ausstoß führe.

SPD forderte die Expertise ein

Aufgrund nicht vorhandener Fachkenntnisse und mangels personeller Ressourcen könne die Verwaltung so komplexe Maßnahmen in deren Zusammenhängen nicht beurteilen. Sie empfiehlt deshalb, einen Berater zu beauftragen, wofür die Ratsversammlung jetzt die Finanzierung genehmigt hat. Die SPD hatte im Juni in einem Antrag darauf gedrungen, dafür und für die folgenden Schritte Fördermittel einzuwerben.

Der externe Berater soll künftig den Austausch innerhalb der Klimaschutz-Arbeitsgruppe moderieren. Als Ergebnis würden verbindliche Klima- und Umweltschutzziele für die Stadt festgelegt, diese sollten dann in Hauptausschuss und Ratsversammlung endgültig beschlossen werden. Daraus soll im nächsten Schritt dann das Konzept erarbeitet werden.

Klimanotstand sei eine „Alibi-Reaktion“

„Den Klimanotstand auszurufen ist erst mal eine Alibi-Reaktion“, urteilt Joachim Dreher, Fraktionsvorsitzender der Grünen & Unabhängigen. „Wenn man so was ausruft, muss man auch Maßnahmen ergreifen. Der Entscheidung für einen Berater haben wir als Kompromiss zugestimmt“, sagt Dreher. In puncto Klimaschutz müssten die künftigen strategischen Zielen der Stadt ganz klar formuliert werden. Das will er aber nicht auf die lange Bank schieben: „Die Ausrede, wir seien keine Experten, lasse ich nicht gelten. Vieles geht auch mit gesundem Menschenverstand. Wir sind also dafür, das konkreter zu machen.“

Nach Ansicht der Grünen & Unabhängigen soll eine bei der Bürgermeisterin angesiedelte Stabsstelle mit Weisungsbefugnis eingerichtet werden. „Im Moment ist das ein Papiertiger“, so Dreher. Im Sinne des Klimaschutzes gehe es bereits jetzt darum, die Flächenversiegelung zu reduzieren (in Wirklichkeit passiert seit geraumer Zeit das Gegenteil), den Verkehr zurückzufahren, „denn wir produzieren neuen Verkehr durch unsere Beschlüsse“, oder Gebäude energetisch zu sanieren.

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