Wedel. Auffallend groß ist es, das„Geburtstagskind“ – im Quadrat bestimmt um die 25 Meter und gute 20 Meter hoch. Freundlich hell und … bemerkenswert ruhig. Der komplett glasüberdachte Lichthof der Medac GmbH nötigt dem Betrachter bei dessen erstem Besuch im Hauptsitz des Wedeler Pharmaunternehmens schon eine gewisse Bewunderung ab. Von irgendwoher ist ein leises Plätschern zu vernehmen, im Hintergrund ist ein Aggregat am Surren. Aber sonst? Hört sich so geschäftiges Treiben an?
Oder doch eher gespanntes Warten. Immer wieder öffnen sich in den vier Geschossen, die an drei Seiten den Lichthof umgeben, Fenster oder Türen zu den angrenzenden Büros. Eine Mitarbeiterin oder ein anderer Kollege schaut kurz suchend heraus. Der Takt der sich öffnenden Türen und Fenster erhöht sich mit zunehmender Wartezeit. Dann kommt er, dynamisch, die offene Wendeltreppe hinuntereilend – der Grund für die Ungeduld. Ministerpräsident Daniel Günther ist im Hause, um dem Unternehmen zum 50-jährigen Bestehen zu gratulieren.
Eine Stunde lang hat der Landesvater im Obergeschoss mit der Medac-Geschäftsführung gesprochen. Zum Ausklang lässt sich Günther an der Stirnseite des Foyers von Diagnostik-Abteilungsleiter Ralf Tönnies und Geschäftsführer Heiner Will ein Medac-Analysegeräte und einen Teil der Produktpalette zeigen. Die Wedeler haben sich jüngst mit einem erprobten Antikörpertest auf das SARS-CoV-2-Virus hervorgetan.
Nach Dankesworten von Gesellschafter Nicolas Mohr an den Gast für „den angenehmen Dialog“ ist Günther an der Reihe, seine Eindrücke in Richtung der Mitarbeiter zu formulieren. „Ich wäre gern zur Party erschienen“, sagt der Ministerpräsident bedauernd mit Blick auf die wegen der Pandemie abgesagten Feierlichkeiten. „Aber vielleicht holen wir das im kommenden Jahr zum 51. Geburtstag nach. Jetzt aber muss ich Ihnen allen meine Anerkennung aussprechen: Was Sie hier in diesen ungewöhnlichen Zeiten, teils vom Homeoffice aus, geleistet haben, ist bemerkenswert. Als schleswig-holsteinischer Ministerpräsident bin ich stolz auch auf die 1901 tollen Mitarbeiter der Medac-Gruppe.“
Doch ganz so leicht mit dem reinen Austausch von Höflichkeiten wollen es die „Medacianer“ ihrem Gast nicht machen. Sie haben ihrem Ministerpräsidenten einen „Wunschzettel“ auf den Weg nach Kiel gegeben. „Unsere Geschäftsführung hat Herrn Günther im Gespräch die Wichtigkeit dargelegt, dass sich in Deutschland wieder Industrie ansiedeln müsse; dies gelte auch in hohem Maß für uns in der Arzneimittelproduktion“, sagt Medac-Sprecher Volker Bahr. „Schleswig-Holstein ist stark, hat tolle Mittelständler, die es in Deutschland zu halten oder gar auszubauen gilt. Hierfür haben wir Herrn Günther einige Anregungen mitgegeben, wie er auf Bundesebene für uns aktiv werden könne. Wir jedenfalls planen in jede Richtung der Produktionserweiterung. Das kann hier in Tornesch stattfinden, aber vielleicht auch in unserem tschechischen Werk in Brno...“
Ohne konkret zu werden, wie er der Medac und anderen Industriebetrieben des Landes das Leben erleichtern könne, lässt Günther dann doch durchblicken, in welche Richtung dies gehen soll.
„Wir wollen von der Politik her die Produktion vor Ort unterstützen, wollen in den Standort Deutschland beziehungsweise Schleswig-Holstein investieren“, sagt der Ministerpräsident und entgegnet diplomatisch auf die plakative Zwischenfrage, ob Produktion künftig also lieber wieder hier als in China stattfinden solle: „Die Erfahrungen der letzten Jahre, aber auch ganz aktuelle, haben uns gezeigt, dass es nicht klug ist, sich von einzelnen Regionen abhängig zu machen.“
Zumal vor der eigenen Haustür zurzeit ja Großes geleistet werde. Mit Blick auf den sehr schnell entwickelten Antikörpertest der Medac und nur wenige 100 Meter zur Wedeler Dependance des britischen Pharmaunternehmens AstraZeneca, das mit der EU einen enormen Vertrag über die Lieferung von bis zu 400 Millionen Dosen eines Covid-19-Impfstoffs abgeschlossen hat, kommt im Foyer das Wortspiel von „Wedel als ,Silicon Valley‘ der Coronabekämpfung“ auf. Ein Schmunzeln spiegelt sich um die Mundwinkel das Landesvaters. „Als Lokalpatriot würde ich bei dem Vergleich jetzt nicht zu laut protestieren“, sagt Günther und begibt sich nach einem letzten Lob zur Dienstlimousine, die bereits vor der Tür wartet. „Wir stehen in Sachen Covid-19-Bekämpfung und auch allgemeinwirtschaftlich vor einer großen Herausforderung. Die können die Menschen hier aber hochmotiviert angehen – diese Belegschaft ist ein Juwel.“
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