Kreis Pinneberg

Ausstellung: Coronakrise als Quelle der Inspiration

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Nico Binde
Künstlerin Karin Weißenbacher in ihrem Galerie-Atelier-III (hier auf einem Archivfoto zur Eröffnung der Ausstellung "Entrevista").

Künstlerin Karin Weißenbacher in ihrem Galerie-Atelier-III (hier auf einem Archivfoto zur Eröffnung der Ausstellung "Entrevista").

Foto: Burkhard Fuchs

In Barmstedt stellt Künstlerin Karin Weißenbacher ihr aktuelles, vom Virus beeinflusstes Werk aus. Galerie-Atelier-III öffnet wieder.

Barmstedt. Aus der Not macht sie jetzt einfach eine Tugend. Eigentlich sollte an diesem Sonnabend eine spannende Schau der in Georgien geborenen Künstlerinnen Liana Nakashidze und Mirian Gomelli auf der Schlossinsel Rantzau eröffnet werden. Farbenprächtige Meeresbilder und kraftvolle Skulpturen waren geplant. Doch diese Ausstellung muss – wie so vieles – auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Was also tun mit dieser Lücke, dieser entsetzlichen Lücke?

Die Malerin und Bildhauerin Karin Weißenbacher, gleichzeitig Betreiberin des Galerie-Atelier-III, stellt einfach selbst aus. Qualitativ dürfte das keine Spannungsverluste bedeuten, obwohl das Sujet natürlich ein ganz anderes als das geplante ist. Es geht nämlich auch um das beherrschende Thema dieser Zeit, das Coronavirus und seine Umstände. Weißenbachers brandaktuelle Bilder und Skulpturen sind von der morgigen Vernissage an in den geöffneten Räumen des Barmstedter Gerichtsschreiberhauses zu sehen. Die Werke können als Spiegel des Zeitgeistes interpretiert werden, das Wirken sei durchaus vom grassierenden Erreger, nun ja, infiziert.

Unter Beachtung der allgemeinen Richtlinien können Besucher somit erleben, was die Künstlerin in den vergangenen Wochen beschäftigt und inspiriert hat. Die Einschränkungen etwa waren gedankliche Basis für die Figurengruppe „Die Gebundenen“. Weißenbacher will damit das Gebundensein an Richtlinien oder soziale Isolation zum Ausdruck bringen. Die einzelnen Plastiken wurden dafür in der Formfindung mit einem Seil gebunden, was Spuren und Eindrücke auf der Oberfläche hinterlassen hat.

Diese Figuren stünden im Kontext und Dialog zueinander, so die Künstlerin. Eine Reflexion von Geschichte und Stimmung der Corona-Zeit. Das Seil, das die Figuren prägt, sei aber auch gleichermaßen als große Verbindung zwischen allen zu verstehen. Das Werk mache deutlich, dass trotz Vereinzelung und Abstand die Verbindung immer da war – und ist. Ein gewisser Schutz des Einzelnen gehe mit dem Gebundensein einher.

Um diese Gedankenwelt auch praktisch betreten und nachvollziehen zu können, sind Besucher eingeladen, in Weißenbachers Künstleratelier das Entstehen der Werke live und – zumindest manchmal – auch in Farbe mitzuerleben. Die deutsch-brasilianische Künstlerin arbeitet derzeit bevorzugt mit Ton, Öl und Holz. Plastische Arbeiten wie die sogenannten keramischen Plastiken und Ölmalerei auf unterschiedlichen Holzarten sind die momentanen Medien der seit 1994 hauptberuflichen Kunstproduzentin. Generell ist ihr Wirken aber enorm vielseitig – und durchaus von beeindruckender Opulenz.

Ausdruck dessen ist etwa ein Wandrelief aus Ton mit einem Durchmesser von 1,3 Metern. Unterschiedliche Elemente ergeben dabei das große Ganze, eine keramische Großplastik, die von Floralornamentik geprägt wird. Wie frisch das Werk ist, zeigt sich daran, dass die Arbeit derzeit noch ungebrannt zum Trocknen ausliegt. Weiterhin zeigt Weißenbacher in der nun startenden Schau aus ihrem aktuellem Schaffen einen 1,6 Meter hohen barocken Wandbrunnen, ebenfalls aus keramischen Elementen.

Daneben hat sich die Künstlerin auch zunehmend der Malerei gewidmet. Diese malerischen Arbeiten bilden einen neuen Zyklus, in dem durchscheinende Motive auf Birkenholz sich mit der feinen Holzmaserung zu einem sensiblen, vielschichtigen Werk verbinden. Vielfach gibt das Werk den Blick auf darunterliegende Strukturen frei oder lässt sie auf ästhetisch wertvolle Weise erahnen.

Wer das alles über einen längeren Zeitraum genießen möchte, möglicherweise in Ruhe auf dem heimischen Sofa, bekommt dazu ebenfalls die Möglichkeit. Zwei druckfrische Kataloge ergänzen die Schau, die nicht wie gewohnt feierlich eröffnet wird, sondern von 12 Uhr an einfach da ist. Die Kataloge zeigen das aktuelle Wirken unter den Titeln „Weißenbacher Malerei 2020“ und ,‚Weißenbacher Plastische Werke 2020“. Sie dürften die ersten Bände sein, die das neuartige Coronavirus als maßgeblichen Quell der Inspiration in sich tragen.

Ausstellungseröffnung am Sonnabend, 16. Mai, von 12 Uhr an. Aus aktuellem Anlass wird auf eine klassische Vernissage verzichtet. Karin Weißenbacher ist aber anwesend und freut sich auf den Dialog mit dem Publikum. Wo? Karin Weißenbacher, Galerie Atelier III im Gerichtsschreiberhaus der Schlossinsel Rantzau, Barmstedt. Geöffnet dienstags, mittwochs, donnerstags: 14 - 18 Uhr, sonnabends und sonntags: 12 - 18 Uhr. Die Schau ist bis 12. Juli zu sehen.

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