Pinneberg. Der US-Konzern Apple schickt in diesen Tagen Kamerawagen auf deutsche Straßen. Die hellen Kleinwagen mit großen, festmontierten Kameras auf dem Dach kommen auch nach Schleswig-Holstein. Und, wenn man der Homepage des Konzerns Glauben schenken darf, auch in den Kreis Pinneberg. Fotografiert werden sollen Straßenzüge und Verkehrszeichen, aber auch Häuser und Privatgrundstücke. Marit Hansen, die Datenschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, rät Haus- und Grundstückseigentümern zum Widerspruch.
„Wir haben inzwischen etwa 50 Beschwerden und Nachfragen erhalten“, sagt Hansen auf Abendblatt-Anfrage. Auch aus Wedel hätten sich Bürger bei ihr gemeldet. „Die meisten wollen wissen, wie sie Widerspruch einlegen können.“ Die Ersten hätten dies bereits getan – und auch Antwort von Apple erhalten. „Die Antworten stimmen mich eigentlich ganz positiv“, so Hansen weiter. So sichere Apple den Widersprechenden zu, „jegliche Aufnahmen deines Hauses zum frühestmöglichen Zeitpunkt aus unserer Datenbank zu löschen, sollte die Bilderfassung jemals stattfinden“. Auch eine Löschungsbestätigung will der Konzern angeblich versenden.
Doch trotz dieses Lichtblicks: Die Datenschutzbeauftragte hält das Abfahren von Straßenzügen mit Kameraautos nicht nur für kritisch, wenn Menschen auf den Wegen erkennbar sind oder gar in private Häuser hineingefilmt wird. „Apple verspricht zwar, dass Gesichter und Autokennzeichen vor der Veröffentlichung unkenntlich gemacht werden und die dafür eingesetzte Software ziemlich zuverlässig arbeitet. Doch nicht jeder ist damit einverstanden, dass die Aufnahmen vom Privatgrundstück über Jahre abrufbar sind und etwa darauf zu erkennen ist, dass man seinen Vorgarten nicht perfekt gepflegt hat, dass teure Autos vor dem Haus stehen oder wo Einbrecher leichtes Spiel haben könnten.“
Apple will nach eigenen Angaben durch die Analyse von Wegen und Verkehrszeichen das Datenmaterial des eigenen Kartendienstes verbessern. Zudem könnten die Bilder der Straßen und Häuser künftig im geplanten Dienst „Look Around“ im Internet zu sehen sein – Apples Antwort auf Googles Street View, das bereits jetzt detaillierte Bilder deutscher Großstädte zeigt. „Apple hat ,Look Around‘ noch nicht mal in Amerika eingeführt und angeblich noch gar nicht entschieden, ob dieser Dienst jemals in Deutschland angeboten werden soll“, berichtet Hansen.
Konzern muss sein Vorhaben nirgendwo anmelden
Dennoch habe in Deutschland die Datenerfassung begonnen – laut Apple-Informationen derzeit in München, Stuttgart und Frankfurt. „Wir wissen nicht, wann Schleswig-Holstein an der Reihe ist und auch nicht, ob tatsächlich das ganze Land abgefahren werden soll“, so die Datenschutzbeauftragte. Apple habe die Fahrten – auch die im Kreis Pinneberg – zwischen Juli und September 2019 avisiert, in einer detaillierten Liste sei Schleswig-Holstein jedoch gar nicht aufgeführt.
Inzwischen habe sie auch gehört, dass die Kamerawagen erst nächstes Jahr kommen könnten. Doch gesichert sei das nicht. „Es besteht für Apple keine Notwendigkeit, sich vorher anzumelden“, sagt die Datenschutzbeauftragte. Weder bei den kommunalen Behörden noch bei den Datenschützern. Hansen: „Datenschutzrechtlich ist Irland zuständig. Und Apple hat für seine Fahrten ein berechtigtes Interesse, weil es seinen öffentlich zugänglichen Kartendienst verbessern will und zugesichert hat, schutzwürdige Interessen zu wahren.“
Schon als Google vor zehn Jahren die Kamerawagen losschickte, hätten einige Kommunen ein Verbot erwogen. Hansen: „Dafür gab es aber keine Rechtsgrundlage.“ Dies habe sich nicht geändert. Hansen kritisiert, dass Apple zwar die aufgenommenen Daten gegen unberechtigten Zugriff verschlüsseln will, jedoch die Weiterverarbeitung auf amerikanischen Servern erfolgen soll. Außerdem behalte sich der Konzern vor, die Daten bis zu drei Jahre zu speichern.
Marit Hansen hat im Internet unter der Adresse www.datenschutzzentrum.de ein Musterformular für Widersprüche erstellt. Diese sind ausschließlich per E-Mail möglich und an die Adresse mapsimagecollection@apple.com zu richten, die zu einem Postfach in Irland führt. „Einige Bürger machen sich Sorgen, dass sie auf Englisch kommunizieren müssen. Das müssen sie aber nicht“, so Hansen. Apple habe zunächst auf Englisch, inzwischen auch in einem – wenn auch etwas holprigen – Deutsch geantwortet.
Ein Bürger hat sich zu dem Thema mit einer ungewöhnlichen Anfrage an die Datenschutzbeauftragte gewandt: „Er wollte sicherstellen, das Apple sein Haus auch wirklich zeigt. Das wird Apple aber nicht versprechen können – und muss es auch nicht. Es gibt keinen Rechtsanspruch darauf, dass so ein Bild veröffentlicht wird.“
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