Elmshorn/Itzehoe. Oliver K. aus Elmshorn wird für unbestimmte Zeit in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen. Die Erste große Strafkammer des Landgerichts Itzehoe unter Vorsitz des Richters Johann Lohmann hat den 40-Jährigen am Donnerstagnachmittag dazu verurteilt, sich in einer geschlossenen Einrichtung behandeln zu lassen, weil er zum Tatzeitpunkt vermindert schuldfähig gewesen sei. In ihren Plädoyers hatten in der vorigen Woche Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Nebenklägerin das gleiche Urteil gefordert.
Elmshorner bleibt in Haft
Bis das Urteil rechtskräftig ist, bleibt der Elmshorner in Haft, weil die erhebliche Gefahr bestehe, dass er wegen seiner unberechenbaren, abnormen Persönlichkeitsstörung in Kombination mit seiner hypersexuellen Störung wieder straffällig werde, urteilte Richter Lohmann.
Der Angeklagte hatte im August 2017 eine 21 Jahre junge Frau in Elmshorn mitten am Tag im Krückaupark plötzlich von hinten gepackt, gewürgt und in ein Gebüsch gezerrt, wo er sein Opfer vergewaltigen wollte (wir berichteten). Zum Glück für die junge Frau tauchten Passanten auf, was den Täter in seinem Tun innehalten ließ und der sich kräftig wehrenden Frau die Möglichkeit zu fliehen bot.
War Angeklagter schuldfähig?
Damit hob die Erste Strafkammer des Landgerichts das Urteil der Zweiten Strafkammer am selben Gericht gegen Oliver K. auf, das den Täter im vorigen Jahr zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt hatte, der sich eine Sicherungsverwahrung des Täters anschließen sollte. Diese Haftstrafe überprüfte der Bundesgerichtshof und urteilte, das Landgericht möge sich nochmals eingehend mit der Schuldfähigkeit des Angeklagten auseinandersetzen.
Das ist jetzt geschehen. So stützt sich das Urteil nun auf ein zweites Gutachten des Sachverständigen Hartmut Bosinski, der nach einem Gespräch mit dem Angeklagten zu dem eindeutigen Schluss kam, dass K. sich bei der Tat nicht unter Kontrolle gehabt habe und somit sein Handeln nicht habe steuern können, weshalb er vermindert schuldfähig sei. K. habe sich in seiner aufgestauten Wut aus seiner Persönlichkeitsstörung in Verbindung mit dem sexuellen Reiz „in einem Tunnel befunden“, zitierte Richter Lohmann den Gutachter. Im ersten Verfahren kam der Gutachter nicht zu diesem eindeutigen Schluss.
Keine Impulskrontrolle
Auch wenn dem Angeklagten bei der Tat sein unrechtes Handeln bewusst zu sein schien, habe er nicht davon ablassen können, weil er über keinerlei „Impulskontrolle“ mehr verfügte, hieß es in der Urteilsbegründung. Dass er am helllichten Tag in dem belebten Park erwischt werden könnte, habe ihn deshalb nicht davon abhalten können, die junge Frau anzugreifen. „Wegen seiner Wut und sexuellen Erregung hat der Straftäter alles andere ausgeblendet“, so der Richter. Erst als er „Stimmen hörte“, ließ er von seinem Opfer ab.
Es war nicht das erste Mal, dass K. zum Täter wurde. So ist er 2002 zu drei Jahren Haft verurteilt worden, weil er die erst drei Jahre alte Tochter seiner Schwester missbraucht hatte. Und 2016 wurde er zu 14 Monaten wegen Nötigung und Freiheitsberaubung auf Bewährung verurteilt, weil er in einem Hamburger Mehrfamilienhaus, wo er als Hausmeister arbeitete, ein elfjähriges Mädchen in einen Keller eingeschlossen hatte. Aufgrund dieser Vorgeschichte und seiner offensichtlichen psychischen Erkrankung, die einer „seelischen Abartigkeit“ gleichkomme, dürfe K. aber, ohne vorher austherapiert zu sein, zum Schutz der Allgemeinheit nicht wieder auf freien Fuß. Unbehandelt stelle er eine große Gefahr für die Gesellschaft dar, da ähnliche Straftaten von ihm zu erwarten wären, führte der Richter aus. Darum müsse er bis zur Einweisung in die Klinik in Haft bleiben.
„Dieses Urteil ist sachgerecht"
„Dieses Urteil ist sachgerecht“, sagte Anwältin Franziska Hammer, die das Opfer als Nebenklägerin vertrat. Oliver K. sei offensichtlich schwer krank und müsse deshalb auch in einer Fachklinik behandelt werden. Dabei werte sie es als „erfreulich, dass der Angeklagte sich bereit erklärte, sich behandeln und therapieren zu lassen“, sagte die Nebenklage-Vertreterin. Diese Einsicht sei bei sexuellen Straftätern nicht oft vorhanden.
Das Urteil, gegen das K. innerhalb von einer Woche schriftlich Revision einreichen kann, nahm er ruhig und gelassen hin. Am letzten Verhandlungstag hatte er in seinen letzten Worten der Anwältin Hammer gesagt, sie möge dem Opfer ausrichten, dass ihm die Tat „unheimlich leid“ tue. Das habe sie getan, sagte die Anwältin. Ihre Mandantin hätte es zur Kenntnis genommen. Für sie sei der Überfall ein schweres traumatisches Erlebnis. Dennoch sei diese Art der Entschuldigung außergewöhnlich.
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