Kreis Pinneberg

ADFC: Das sind die drei schlimmsten Radwege

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Burkhard Fuchs
Auf der Schlaglochpiste: Ulf Brüggmann nähert sich auf der Kreisstraße 21 der Gemeinde Kummerfeld

Auf der Schlaglochpiste: Ulf Brüggmann nähert sich auf der Kreisstraße 21 der Gemeinde Kummerfeld

Foto: Burkhard Fuchs

80 der 100 Kreisstraßenkilometer haben einen Radweg. Der Zustand etlicher Strecken bringt Radfahrer unnötig in Gefahr.

Kreis Pinneberg.  Der Zustand der Radwege entlang der Pinneberger Kreisstraßen ist mancherorts schlicht mangelhaft: Zu diesem Ergebnis ist Ulf Brüggmann vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) gelangt; 80 der 100 Kreisstraßenkilometer haben einen Radweg. Silke Dräger, die zuständige Fachdienstleiterin vom Straßenverkehrsamt, räumt ein: „Es besteht Handlungsbedarf, keine Frage.“

Hauptmangel ist laut Brüggmann der schlechte Zustand der Fahrbahnen auf den Radwegen, die oft wahre Stolperfallen seien. Er selbst fährt täglich mit dem Rad von seinem Wohnort Appen nach Hamburg. Dem ADFC lägen 200 aktuelle Meldungen vor. Aber auch Bedarfsampeln, schlechte Einsehbarkeit an Kreuzungen und kombinierte Geh- und Radwege vergraulten es den Radfahr-Freunden vielerorts, auf den Drahtesel zu steigen. Wenn Radler sogar gezwungen würden, auf der falschen, weil linken Seite eines Radweges zu fahren, komme es oft zu Unfällen, warnt der ADFC-Experte.

Und das sind laut ADFC die schlechtesten Radwege im Kreis:

K21 (Kummerfeld–Bilsbek–Elmshorn)

Am Ortsausgang von Kummerfeld komme es zu erheblichen Mängeln, die die Sicherheit der Radler ernsthaft gefährdeten, sagt Brüggmann. Er nennt zunächst die Bushaltestelle „Gemeindehaus“ der Linie 185. Dort stiegen Fahrgäste direkt auf dem Radweg aus, was oft zu gefährlichen Brems- und Ausweichmanövern führe. Brüggmann: „Wenn ich schnell fahre und fünf Leute aussteigen, liegen alle sechs.“

Dann zwinge das blaue Radverkehrsschild die Radfahrer aus Richtung Ellerhoop, in Kummerfeld sofort auf die linke Seite zu fahren, was zu unnötigem Begegnungsverkehr und oft zu Irritationen der Autofahrer führe, kritisiert Brüggmann. Und tatsächlich, als er mit seinen ADFC-Kollegen Hans Peter Spurk und Wolfgang Rabe aus Pinneberg an der K21/Ecke Dorfstraße steht, übersehen viele Autofahrer die Radler, kommen ihnen plötzlich und sehr gefährlich in die Quere.

Zudem sei die Fahrbahn unmittelbar am Ortsausgang der K21 so schlecht, dass der ADFC dafür nur ein „Ungenügend“ zu vergeben hat. Silke Dräger vom Straßenverkehrsamt kündigt zumindest in diesem Punkt Abhilfe an. „Hier ist die Deckensanierung des Radweges zwischen Kummerfeld und GAB zeitnah geplant.“ Am besten noch in diesem Jahr. Das hänge aber von der Verfügbarkeit der Baufirmen ab.

K13 (Appen–Appen-Etz):

Auf seiner Hausstrecke in Appen gebe es zahlreiche Asphaltschäden, beklagt Ulf Brüggmann. An der Bushaltestelle sei der Radweg nur noch 1,50 Meter breit, also einen Meter schmaler als vorgeschrieben. Auch innerorts machten die Bordsteine den Radweg ständig schmaler, am Stromkasten zum Beispiel auf nur noch 1,60 Meter. „Das ist an dieser Stelle besonders gefährlich, weil vor dem Altenpflegeheim viele alte Leute mit Rollator oder im Rollstuhl den Radweg kreuzen.“

Auch eine gepflasterte Rinne über die gesamte Breite des Radweges, die so tief wie eine Euro-Münze ist, zwinge die Radfahrer unnötig zum Absteigen. Insgesamt also auch an der K13 „unzählige bauliche und Alterungsmängel“, kritisiert der ADFC-Experte. „Die Kreisverwaltung kommt auch hier ihrer Pflicht nach regelmäßiger Überprüfung der Radwegebenutzungspflicht nicht nach.“ Auf seinen entsprechenden Antrag vom 19. März 2013 habe er bislang nur eine Eingangsbestätigung erhalten.

K2 (Kreisel Lutzhorn–Bokel)

Hier sei der Radweg eine reine Buckelpiste, beklagt der ADFC. Die Verkehrsführung des Radweges am Kreisel vorbei sei noch in Ordnung. Für den Zustand der Asphaltdecke gebe es aber nur ein Urteil, nämlich eine „glatte Sechs“, eigentlich „unbefahrbar“. Das kann Radfahr-Freund Thomas Rohde aus Bokel nur bestätigen, der jeden Tag diese Strecke zur Arbeit nach Barmstedt fährt. „Der Radweg an der K2 ist in einem katastrophalen Zustand.“ Ständig müsse er Baumwurzeln und Schlaglöchern ausweichen.

Dazu sagt Silke Dräger vom Straßenverkehrsamt: „Der Zustand dieses Radweges wird oft kritisiert. Auch die Verwaltung sieht an dieser Stelle Handlungsbedarf.“

Damit Radler und Bevölkerung sich einen schnellen Überblick über den Zustand der Radwege verschaffen können, schlägt der SPD-Kreispolitiker Ulrich Rahnenführer ein sogenanntes Ampel-Bewertungssystem vor: grün gleich gut, gelb gleich mittel, rot gleich schlecht. Der ADFC fordert zudem den Kreis Pinneberg auf, ein Radverkehrskonzept zu erarbeiten, das die Mängel systematisch erfasst und einen Handlungsfaden aufzeigt. So haben es bereits die Kreise Segeberg und Stormarn und die Städte Elmshorn und Schenefeld gemacht.

Zudem wäre es laut ADFC-Mann Ulf Brüggmann hilfreich, wenn sich der Kreis Pinneberg dem Verein Rad SH anschlösse, was 4000 Euro Beitrag im Jahr koste. Dies würde zu einem regen Austausch, Experten-Veranstaltungen und Informationen über Fördermöglichkeiten führen. Die Städte Itzehoe, Glückstadt und Norderstedt seien diesen Weg bereits gegangen.

Weitere Infos finden Radfahrer auch auf der Internetseite https://wiki.openstreetmap.org/wiki/Kreis_Pinneberg

Weitere Infos: Kreis Pinneberg leitet Velorouten-Studie

Der Traum vieler Radfahrer im Kreis Pinneberg könnte schon bald in Erfüllung gehen: ohne abzusteigen oder an Ampeln anhalten zu müssen, von Elmshorn nach Hamburg zu radeln. Die Metropolregion Hamburg hat jetzt die 32 Kilometer lange Strecke Elmshorn–Pinneberg–Hamburg als eine von acht Velorouten ausgewählt, auf ihre Umsetzbarkeit zu untersuchen. Auch die Trasse Bad Bramstedt–Kaltenkirchen–Norderstedt–Hamburg gehört dazu, die die Stadt Quickborn mit einschließen wird. Eine Million Euro kostet die Machbarkeitsstudie. Ziel sei es, die Radschnellwege im Stadtgebiet Hamburgs fortzusetzen und mit dem dortigen Radverkehrsnetz zu verknüpfen, sagt Metropolregion-Sprecherin Marion Köhler.Federführend ist der Kreis Pinneberg, der das Gesamtprojekt leitet und nun auch die europaweite Ausschreibung in Auftrag gegeben hat. Für den Radschnellweg von Elmshorn nach Hamburg, der oberste Priorität habe, sei ein Hamburger Büro beauftragt, das auch dänische und niederländische Büros dabei miteinbeziehe. „So können wir auf die Erfahrungen aus dem Ausland zurückgreifen“, sagt Projektleiter Hartmut Teichmann. Ende 2019 sollen erste Ergebnisse vorliegen. Im Mai 2020 werde die Studie vorliegen. 2025 könnte die Strecke fertig sein.

Weitere Infos: Fahrrad-Klimatest

Noch bis zum 30. November sind die Bürger aufgerufen, sich am Fahrrad-Klimatest zu beteiligen, zu dem der ADFC jedes Jahr aufruft. Darin werden dem Teilnehmer 32 Fragen zur Fahrradfreundlichkeit in seiner Stadt oder Gemeinde abgefragt, ob und wo es Spaß mache zu radeln, welche Probleme sich auftäten und ob es ratsam sei, dort mit der Familie zu fahren. Pinneberg bekam beim letzten Mal die Schulnote 4,4, Elmshorn und Quickborn bekamen je eine 4,0, Wedel eine 4,1.Mitmachen ist ganz einfach: Im Internet die Adresse https://www.adfc.de/artikel/adfc-fahrradklima-test-2018/ anwählen – und los geht’s.

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