Bauarbeiten

Am Pinneberger Bahnhof wird’s richtig eng

| Lesedauer: 4 Minuten
Xenia Haensen und Valentin Kraner

Foto: Xenia Haensen

Pinneberger sprechen über die Einschränkungen, die die Baustelle derzeit bringt. Vorfreude auf neuen Bahnhof überwiegt.

Pinneberg.  Berbel Hotop steht an der rot-weißen Absperrung an Gleis 2 und blickt auf einen großen Sack Zement. Hin und wieder weht eine kleine Wolke Staub über den Bahnsteig, Trubel und Baulärm machen eine Unterhaltung nahezu unmöglich. Dreimal in der Woche kommt die ältere Dame an den Pinneberger Bahnhof, um die Bauarbeiten zu verfolgen. „Ich habe hier noch nie einen Bauarbeiter einfach so rumstehen sehen, die Baustelle scheint gut durchgeplant und umgesetzt zu sein“, sagt die 77-jährige Pinnebergerin, während im Hintergrund ein Schienenbagger über die Gleise rollt. Die pensionierte Diplomhandelslehrerin freut sich schon auf den fertigen Bahnhof. „Endlich mal ein Großprojekt, das reibungslos über die Bühne geht“, hofft sie.

Reibung entsteht allerdings vor allem durch die engen Wege auf den Bahnsteigen. Nach Messungen des Hamburger Abendblattes ist zwischen Baustellenabsperrung und dem markierten Sicherheitsbereich, der eigentlich nicht betreten werden darf, zum Teil weniger als ein Meter Platz.

Bahn verpasst, weil das Gedränge so groß war

Das wurde auch für den Halstenbeker Elektriker Kai Boldtmann zum Problem. „Neulich habe ich sogar meine Bahn verpasst, weil das Gedränge auf dem Bahnsteig zu groß wurde. Da war ich schon ein bisschen sauer“, sagt er.

So wie dem 37-Jährigen geht es auch den rund 20.000 Pendlern, die an jedem Werktag den drittgrößten Bahnhof Schleswig-Holsteins nutzen. Viele freuen sich aber darauf, dass er endlich aufgewertet wird. Neben einem neuen Tunnel, von dem aus man die einzelnen Gleise erreichen kann, wird es auch neue Treppen, drei Aufzüge und 1000 zusätzliche Fahrradstellplätze geben.

Allein 400 Räder sollen in einem Fahrradparkhaus mit Mini-Supermarkt auf der Fahlt-Seite unterkommen, dieser Bau ist allerdings noch nicht finanziert. Auf die zukünftige Barrierefreiheit hofft auch der 18-Jährige Ozan Mert: „Ein guter Freund von mir ist Rollstuhlfahrer, allein konnte er bisher gar nicht ab Gleis 4 oder 5 fahren“, sagt der Pinneberger, der 2019 sein Abitur machen will. „Das wird sich nach den Bauarbeiten hoffentlich ändern.“ Drei neue Fahrstühle gehen dann in Betrieb.

Während der Bauphase ist die Barrierefreiheit teilweise noch eingeschränkter als zuvor: Mareike Lorenz lenkt ihren Kinderwagen vorsichtig an einem Haufen Pflastersteine vorbei. Neben ihr gehen ihre beiden drei und fünf Jahre alten Söhne. „Mit dem Kinderwagen ist es auch so schon manchmal eng, bei einem einfahrenden Zug habe ich dann Angst, dass meine Kinder zu nah an den Gleisen sind und vielleicht sogar hinunterfallen“, sagt die 35-Jährige besorgt.

Auch Rentnerin Gertrud Schilke (72) ärgert sich darüber: „Gerade wenn man nicht mehr die Jüngste ist, fühlt man sich bei einfahrenden Zügen einfach nicht mehr so sicher“, klagt die Pinnebergerin. „Dazu kommt, dass ich aufgrund der Verzögerungen zu spät zu Verabredungen nach Hamburg komme“. Ähnlich ergeht es auch dem Wirtschaftsmathematikstudenten Malte Stöhr (19), der morgens auf die S-Bahnen zurückgreifen müsse, da die Nordbahn zu unregelmäßig fährt.

Ingesamt scheint aber die Vorfreude auf den neuen Bahnhof zu überwiegen. Dass neue Gastronomiebetriebe dort Einzug halten, sei schon toll, sagt Malte Stöhr. „Wenn ich von der Uni komme, habe ich häufig Hunger, ein Angebot am Bahnhof wäre schon eine gute Sache.“

Bahnanlagen sollen Ende 2019 fertig sein

Bis Gastronomie in das historische Empfangsgebäude einziehen kann, wird es allerdings noch dauern. Derzeit laufen die Planungsarbeiten, gebaut und saniert wird voraussichtlich ab 2020.

Bereits Ende 2019 soll aber der erste Bauabschnitt fertiggestellt werden. Dann sind die Bahnanlagen wieder normal benutzbar, und die neuen Treppen, Fahrstühle und Tunnel sollen den Passagieren einen besseren Komfort ermöglichen. Das ganze Bahnhofsquartier kann vom Sommer 2020 an, wenn alles bis auf das alte Gebäude fertig ist, zu einem neuen Stadtmittelpunkt werden – allein schon wegen der vielen Sitzmöglichkeiten zum Quellental und durch die neuen Cafés und Restaurants.

Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Pinneberg