Kreis Pinneberg. Was ist es, das die Städte und Gemeinden lebens- und liebenswert macht? Elvira Nickmann hat einige Tangstedter gefragt.
Abendblatt-Serie
Liebeserklärung an... die Gemeinde Tangstedt
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Lesezeit: 1 Minute
Von Elvira Nickmann
Erst war es nur eine Wohnung, die Claudia Vollmer und ihr Mann Frank suchten. Durch Zufall führte sie ihre Suche nach Tangstedt. Das war vor etwa 15 Jahren und muss wohl so etwas wie Schicksal gewesen sein – genauso wie ihre Liebe zu Pferden, die das Paar überhaupt zusammenbrachte. Das Haus, das die beiden später im Ort bauten, besitzen sie inzwischen nicht mehr. Sie haben es getauscht – gegen einen ganzen Hof. „Zu diesem Zeitpunkt standen unsere eigenen Pferde noch in Appen“, sagt Claudia Vollmer. „Wir wollten ursprünglich nur mit fünf Ponys hierher, aber innerhalb von vier Jahren ist das dann auf 60 Pferde angewachsen.“ Mittlerweile haben sich die Eheleute selbstständig gemacht mit dem Pferdehof. Tangstedt sei schön zentral gelegen und ein bisschen dörfliche, findet Claudia Vollmer. Sie lobt das gute Verhältnis der Gemeindearbeiter zu den Bürgern, die kurzen Wege in der Verwaltung und den Zusammenhalt unter den Bauern. „Alle helfen sich gegenseitig.“
© HA | Elvira Nickmann
Egon Ehrich (l.) ist gebürtiger Hamburger, der in Tangstedt ein Haus gebaut und eine neue Heimat gefunden hat. „Alleine die himmlische Ruhe hier in Tangstedt“, schwärmt der 88-Jährige. Die Skatrunde, der er angehört, hat sich aus dem örtlichen Kegelverein formiert und besteht seit 5 Jahren, alle 14 Tage treffen sich die Mitglieder. „Der Zusammenhalt ist das, was hier auf dem Dorf erhalten wurde“, sagt Egon Ehrich. Auf der einen Seite werde sehr viel für die Vereine getan, aber auch diese wie beispielsweise die Jugendfeuerwehr trügen zur Gemeinschaft bei. „Sie machen viel für die Jugendlichen, daher haben sie im Gegensatz zu anderen auch keine Nachwuchssorgen.“ Sein Skatpartner Rolf Niedrig wohnt zwar nicht mehr in Tangstedt, fühlt sich dem Ort aber immer noch verbunden und pflegt seine Freundschaften hier. Dafür spielt er nicht nur Skat und klönt mit Freunden, sondern schmückt wie jedes Jahr die Stube des Gasthofs schön weihnachtlich, damit alle in die richtige Adventsstimmung kommen.
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„Natürlich ist unser Ort schön“, findet Martina David. „Ich bin definitiv Tangstedterin.“ Mittlerweile lebe ihre Familie in der siebten Generation hier. Viele Dinge hätten ihre Eltern angestoßen, so habe ihr Vater auch den Lumpenball mit ins Leben gerufen, der inzwischen Kultstatus erlngt hat und im Januar gefeiert wird. In dem sogenannten Straßendorf von 3,2 Kilometern Länge werde für Familien viel geboten, es sei für diese so etwas wie ein Nonplusultra. „Die Wohnqualität ist da“, sagt sie. „Es lebt sich hier gut.“ Die Anbindung zu den beiden Autobahnen sei gut. „Da wir am Stadtrand von Hamburg liegen, ist man auch schnell dort.“ Trotz der Tatsache, dass die Gemeinschaft der Alteingesesssenen langsam durch den Rückzug ins Private verdrängt werde, will sie das nicht so einfach hinnehmen. Daher steht sie nicht nur als Wirtin hinter dem Tresen, sondern auch im Sozialausschuss der Gemeinde ihren Mann. Dort engagiert sie sich für die Themen, die ihr besonders am Herzen liegen, und das sind vor allem die Senioren und die Kinder, die im Dorf leben.
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Susanne Reumann stammt aus Elmshorn und hat in den Milchzuchtbetrieb ihres Mannes Karsten eingeheiratet. „Man wird erst einmal getestet auf dem Hof“, umschreibt sie ihre Anfangszeit als Bäuerin. Drei Söhne haben die beiden, der mittlere soll einmal den Hof übernehmen und die Familientradition fortsetzen, das steht jetzt schon fest. Besonders gut gefalle ihr die Gemeinschaft in den Vereinen und dass viele alteingesessenen Familien einiges für das Dorf täten. „Ich fühle mich gut aufgehoben in Tangstedt“, sagt Susanne Reumann und betont: „Wir haben einen guten Kontakt zu den Nachbarn.“ Man helfe sich gegenseitig aus, wenn Zucker oder Kaffee gerade mal ausgegangen seien. Das gelte auch für die Neuen im Dorf, von denen viele in den Ort zögen, um ein bisschen Ruhe zu haben.
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Gerade mal schnell zum Friseur? Das geht noch in der kleinen Pinnau-Gemeinde. Auch wenn Birgül Aga „nur“ in Tangstedt arbeitet, findet sie vieles gut, was die Bürger auf die Beine stellen. „Von unseren Kunden höre ich vom Lumpenball und von Theatervorstellungen, außerdem Veranstaltungen mit Pferden und die Feuerwehr bietet auch ganz viel an“, sagt die Friseurin mit einem Lächeln. Wenn sie nicht gerade Haare schneidet, verkauft sie schon mal Karten für die örtlichen Kulturveranstaltungen in dem kleinen Haarstudio, das verkehrsgünstig an der Hauptstraße liegt. Heute muss sie eine Kundin allerdings zu einer anderen Verkaufsstelle weiterschicken, denn ihr Kontingent ist verkauft. Tangstedt habe so manches, was andernorts verschwunden sei. „Ich hole meine Frischmilch direkt vom Bauern. Morgens bringe ich die Kannen hin und abends hole ich sie wieder ab“, diesen Service findet Birgül Aga einfach nur gut.
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Sönke Zorn kann schon beim Blick aus seinem Büro entspannen: Er sieht direkt auf eine kleine Terrasse und einen Vorgarten. Grün ist es hier, die Straße davor eine ruhige Seitenstraße. Für den gebürtigen Tangstedter ist das nichts Besonderes im Büroalltag, denn er hat alles an einem Ort: den Hof, die familiären Bindungen, die eigene Firma. Bereits seine Eltern hatten einen landwirtschaftlichen Betrieb. Als selbstständiger Landschaftsgärtner erschließt er sich von hier aus auch den Hamburger Westen. „Wir sitzen hier mitten im Speckgürtel an der A 23 strategisch günstig“, sagt er. Rellingen liege „direkt vor der Tür“ und Pinneberg habe eine S-Bahn-Anbindung. Ruhe allerdings finde er dann in seiner Heimatgemeinde. Ins Gemeindeleben sei er einfach hineingewachsen, sagt Sönke Zorn, der sich in der Jugendfeuerwehr engagiert. „Man kennt sich eben hier aus.“ Dann ist da noch ein ganz wichtiger Faktor, der nicht zu unterschätzen ist: die Zufriedenheit. Dazu trägt nicht unwesentlich die wirtschaftliche Situation der Tangstedter bei. „Tangstedt hat eines der höchsten Pro-Kopf-Einkommen im Kreis Pinneberg“, weiß Gärtner Zorn.
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Anja Siegmund ist viel mit ihrer Hündin Carlotta unterwegs. Diese stammt aus Spanien, ihre Halterin aus Hamburg. Die beiden Zugezogenen fühlen sich sichtlich wohl und gut integriert im Dorf. „Ich bin im Grundschulalter mit den Eltern von Hamburg hierher gezogen“, sagt Anja Siegmund. Das ist inzwischen über 40 Jahre her und bereut hat sie es nicht. Als Lokalpatriotin und Mitveranstalterin der legendären Tangstedter Rasenmäher-Rennen bedauert sie, dass diese inzwischen nach Bilsen verlegt werden mussten. Im Umfeld wohnen viele Bekannte und Freunde. Man kennt sich eben. Dass das Landleben Gerüche und auch mal Geräusche von Tieren mit sich bringt, stört sie nicht. „Ich mache sogar extra im Frühjahr das Fenster auf, um die Lämmer auf der Wiese zu hören“, bekennt sie und lacht. Woanders hinzuziehen, kann sich Anja Siegmund überhaupt nicht vorstellen: „Ich möchte hier nicht wieder weg.“
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