Kreis Pinneberg

Eltern-Geschenk für vernachlässigte Kinder

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Burkhard Fuchs
Teamleiter Jasper Jensen vom Jugendamt: Wir vermitteln jedes Jahr etwa zehn Pflegekinder

Teamleiter Jasper Jensen vom Jugendamt: Wir vermitteln jedes Jahr etwa zehn Pflegekinder

Foto: Burkhard Fuchs

195 Pflegeeltern kümmern sich im Kreis Pinneberg derzeit um 255 Kinder aus zerrütteten Familien. Donnerstag nächste Info-Veranstaltung.

Kreis Pinneberg.  Sie kümmern sich so intensiv um diese Kinder, als wären es ihre eigenen. 195 Eltern und Alleinerziehende im Kreis Pinneberg haben 255 Kinder und Jugendliche bei sich aufgenommen, deren leibliche Eltern sie vernachlässigten, weil sie sie nicht haben wollten oder wegen Krankheit, Alkoholsucht oder aus anderen sozialen Gründen nicht in der Lage waren, sie zu erziehen. Das Kreis-Jugendamt sucht ständig Paare oder Familien, die sich diese wichtige Erziehungsaufgabe zutrauen, sagt Teamleiter Jasper Jensen.

Die größte Erfahrung hat Walter Zahn aus Elmshorn, der auch Vorsitzender des Pflege- und Adoptiveltern-Vereins Kreis Pinneberg ist. „In 30 Jahren haben meine Frau und ich 14 Pflegekinder aufgenommen und groß gezogen“, erzählt er. Das sei am Anfang nicht immer einfach und problemlos abgelaufen, gibt der vielfache Ersatzvater zu. Manche Kinder seien traumatisiert von den schwierigen Verhältnissen in ihren leiblichen Elternhäusern und mussten Gewalt erfahren. „Das Wichtigste für diese Kinder ist, einfach für sie da zu sein.“

Die Pflegeeltern werden bei der Bewältigung dieser Aufgabe nicht allein gelassen, betont Jensen. In akuten Fällen stehe ihnen der allgemeine ambulante Sozialdienst zur Seite. Zudem gebe es monatliche Treffen mit anderen Pflegeltern. Und wenn es zu viel zu werden droht, reiche auch ein Telefonat mit dem Jugendamt, um wieder Land zu sehen, sagt Pflegemutter Susanne Eulrich aus Barmstedt.

Für manche Familien ist das Pflegekind der ideale Ersatz für einen Kinderwunsch, der sich nicht erfüllen lässt. Etwa für Stefanie Kalweit aus Bönningstedt, die nach der Geburt ihrer Tochter vor zehn Jahren keine Kinder mehr bekommen konnte. So hat sie sogar zwei Geschwister aufgenommen, die das Jugendamt kurz nach der Geburt in Obhut nahm, um sie vor den Folgen eines zerrütteten Elternhauses zu bewahren. „Eigentlich wollten wir ein Kind adoptieren“, erinnert sich Kalweit. „Dann haben wir uns mit dieser Lösung arrangiert“, sagt sie. „Und unsere leibliche Tochter kümmert sich geradezu rührend um die beiden Jüngeren.“

So ähnlich erging es auch Susanne und Torsten Eulrich aus Barmstedt, die drei Pflegekinder, jetzt zwischen fünf und neun Jahre alt, aufgenommen haben. Sie habe immer vorgehabt, neben eigenen auch Pflegekinder aufzuziehen, erklärt die Barmstedterin. Nachdem sie keine eigenen bekommen konnten, hätten sie sich auf die Pflegekinder konzentriert. Dabei gingen sie offen mit den Kindern um, die genau wüssten, dass sie nicht die leiblichen Eltern seien, erzählt die Mutter. Das mache den Kindern nichts aus. „Unser Großer sagte jetzt zu seinen Freunden: ‘Das sind nicht meine richtigen Eltern. Ich wurde ihnen geschenkt’.“ Diese Beschreibung habe sie als eine rührende Liebeserklärung empfunden, sagt Susanne Eulrich.

Auch die leiblichen Eltern, zu denen die Kinder möglichst Besuchskontakt pflegen sollten, wie Teamleiter Jensen sagt, seien oft dankbar, ihre Kinder bei Pflegeeltern in den richtigen Händen zu wissen. „Das Vertrauensverhältnis zu den leiblichen Eltern muss natürlich wachsen“, sagt Pflegemutter Kalweit. „Sie sind ganz glücklich, dass es uns gibt und es ihren Kindern gut geht.“

Nächstes Treffen für Pflegeeltern am Donnerstag, 22. September. Anmeldung bei Ute Huckfeldt, Telefon: 04121/45 02 34 22.

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