Wedel. Das Wedeler Pharmaunternehmen Medac steuert unverändert auf Wachstumskurs. Gerade hat die Firma, die sich auch mit mittlerweile knapp 1150 Mitarbeitern immer noch als Mittelständler sieht, eine Gesellschaft in Japan gekauft. „Wir wollen eruieren, wie das Geschäft auf dem japanischen Markt funktionieren könnte“, sagt Medac-Sprecher Volker Bahr. Geschäftsführer Jörg Hans spricht von einem „kleineren Millionenbetrag“ als Investitionssumme. Medac setzt auf neue Märkte. Und auf neue Produkte.
Gerade ist es wieder so weit, in den Katakomben unter der Firmenzentrale an der Wedeler Theaterstraße laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Was da geschieht, wirkt auf den ersten Blick vor allem: altmodisch. In diesem Unternehmen, in dem der Automatisierungsgrad weit fortgeschritten ist, in dem das riesige Logistikzentrum in Tornesch weitgehend ohne Menschen funktioniert, ist dieser Tage wieder pure Handarbeit angesagt.
Daymonn Karic und drei Kollegen sitzen unter Neonlicht um einen großen Tisch herum, sie tragen weiße Kittel, Schutzkappen über dem Haar und Latexhandschuhe. Ihr Job: Sie setzen etwas zusammen, das herkömmlichen Spritzen ähnelt. Gefüllt sind die mit einer violetten Flüssigkeit. Fünf Einzelteile, eine Spritze, immer wieder den ganzen Tag lang. Es ist ein Job, den mittelfristig eine Maschine übernehmen wird, doch dafür wäre es jetzt, noch vor der Markteinführung, zu früh.
„Das sind Spritzen mit einem Nadelschutzsystem“, erklärt Medac-Sprecher Bahr. Gefüllt sind sie an diesem Tag mit Metex, einem Präparat mit dem Wirkstoff Methotrexat, das zur Behandlung von Rheuma verwendet wird, aber auch bei Morbus Crohn und Schuppenflechte hilft. Patienten müssen sich die Spritzen selbst setzen, ein Umstand, der im Hause Medac in der Vergangenheit zu einigen Neuentwicklungen geführt hat.
Doch der Reihe nach: „Irgendwann hatten wir die Idee, dass sich ein Patient die Spritze ja nicht immer aus einem Behältnis selbst aufziehen muss. Also haben wir die Fertigspritze erfunden“, sagt Bahr. Die nächste Neuerung war dann noch viel besser: der sogenannte Autoinjektor, vor gut drei Jahren am Markt positioniert. Es ist ein Plastikzylinder, der wie ein sehr großer Kugelschreiber aussieht – und auch ein bisschen so funktioniert: Auf Knopfdruck schießt eine Nadel heraus, injiziert das Medikament und schnellt dann wieder zurück. Der Patient sieht die Nadel nicht, er muss sich auch nicht selbst pieksen. „Das ist unser Pen“, sagt Bahr, das Ding heißt sogar fast so wie ein Kugelschreiber. Die Pen-Produktion ist gerade von Wedel nach Tornesch verlegt worden.
1970 gegründet
Dagegen wirkt so eine neuartige Spritze mit Nadelschutzsystem weitaus weniger innovativ. Technisch mag das auch so sein, unternehmerisch erscheint sie dennoch sinnvoll. Zielmärkte sind jene, in denen die Standards geringer sind als in Deutschland. Bahr: „Das ist aber immer noch High-End.“ Die Spritze kann auch mit anderen gängigen Präparaten aus dem Hause Medac gefüllt werden. Die Markteinführung steht unmittelbar bevor. In welchen Ländern, wollen die Wedeler mit Rücksicht auf den Wettbewerb noch nicht preisgeben.
Die klare Botschaft aus der Theaterstraße lautet: Wir wollen den Standort weiter ausbauen. Es werde weitere Investitionen geben, kündigt Firmensprecher Bahr an. Die Zahl der Mitarbeiter steigt unterdessen geradezu explosionsartig an. Vor zehn Jahren war Medac 430 Menschen ein Arbeitgeber, 2014 vermeldete das Unternehmen den Sprung über die 1000er-Marke. Aktuell stehen 1149 Namen auf der Gehaltsliste. 976 Mitarbeiter arbeiten in Wedel und Tornesch, die übrigen sind Vertriebler in den Niederlassungen und Tochtergesellschaften weltweit.
Eine Herausforderung bei einer weiteren Expansion sieht die Firma darin, künftige Mitarbeiter für die Vorzüge des Standorts Wedel zu begeistern. Volker Bahr: „Wir suchen Fachkräfte längst in den etablierten Pharmaregionen Rhein/Main und München.“
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