Wedel

Zu spät auf Notruf in Klinik reagiert?

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Burkhard Fuchs

Foto: Burkhard Fuchs

Tochter Ariane Möller klagt an: Mutter wäre in Wedel beinahe erstickt. Krankenhausleitung: Es bestand keine Lebensgefahr.

Wedel.  Es sind schwere Vorwürfe, die Ariane Möller gegen die Regio Kliniken erhebt. „Meine Mutter, die im Krankenhaus Wedel in der Lungenfachabteilung liegt und ein Sauerstoffgerät zum Atmen braucht, wäre beinahe erstickt.“ Auf den Notruf ihrer Mutter mitten in der Nacht sei keine Hilfe gekommen. Erst nachdem sie in ihrer Not die Tochter telefonisch um Hilfe bat und diese die Notaufnahme im Haus informierte, sei der Patientin geholfen worden. Ariane Möller: „So etwas darf doch nicht passieren.“

Kliniksprecher Sebastian Kimstädt widerspricht dieser geschilderten Dramatik. Zu keiner Zeit habe die Patientin in Lebensgefahr geschwebt. Wegen des Datenschutzes müsse er sich mit konkreten Angaben zurückhalten. Aber eine Krankenschwester und ein Pfleger seien ihr nach kurzer Zeit zu Hilfe gekommen. „Es ist nichts passiert.“

Was war geschehen? Die Mutter von Ariane Möller leidet an einer chronischen Lungenkrankheit, die abgekürzt COPD („chronic obstructive pulmonary disease“) genannt wird. Das bedeute, sie leide ständig unter Atemnot, erklärt ihre Tochter. Seit Dezember müsse sie mit einem Sauerstoffgerät verbunden sein, weil sich sonst die Lunge zu sehr mit Kohlendioxid anfülle. „Die Sauerstoffzufuhr reinigt quasi die Lunge ständig.“

In der zentralen Notaufnahme fand die Tochter Gehör

Vorvergangenen Montag hätte das Beatmungsgerät nicht mehr ausgereicht. „Morgens um 4 Uhr bekam sie zu Hause keine Luft mehr, und mein Vater rief den Rettungsdienst.“ Der fuhr die 71 Jahre alte Patientin ins benachbarte Klinikum Elmshorn, wo sie auf die Intensivstation kam. „Dort musste sie reanimiert werden“, berichtet Ariane Möller. „Ich war so glücklich und unendlich dankbar, dass sie ins Leben zurückgeholt wurde. Wie gut, dass sie einen Schutzengel hatte.“

Dass sie selbst wenige Tage darauf erneut der Schutzengel ihrer Mutter sein würde, ahnte sie nicht. Inzwischen war die Rentnerin ins Krankenhaus Wedel verlegt worden, wo sie auch zunächst intensiv behandelt wurde. Vorigen Freitag kam sie dort in die pneumologische Station, wo es dann in der Nacht zu dem dramatischen Vorfall kam, wie ihn Ariane Möller beschreibt.

Ihre Mutter, die allein nicht aufstehen kann, sei mitten in der Nacht aufgewacht, weil sie plötzlich keine Luft mehr bekam. Sie habe nach der Nachtschwester geklingelt, die sich aber nicht habe blicken lassen. In ihrer Not wandte sie sich zunächst an ihre Bettnachbarin um Hilfe, die nachts um 4 Uhr auf dem Flur auch niemanden sehen konnte. Daraufhin rief die Mutter über das Telefon am Bett ihre Tochter zu Hause an. „Sie war völlig verzweifelt, sagte, sie bekäme keine Luft mehr, ihr Beatmungsgerät funktioniere nicht, niemand sei da, der ihr helfen könnte.“

Ariane Möller kam geistesgegenwärtig auf die Idee, statt der Durchwahlnummer die Null zu wählen und erreichte so einen Krankenpfleger in der zentralen Notaufnahme. Der sei dann sofort zur Mutter auf der Pneumologiestation geeilt und habe die Schwester in einem anderen Zimmer vorgefunden, berichtet Ariane Möller. „Erst jetzt kümmerte sich die Schwester um meine Mutter und stellte fest, dass sich der Schlauch von der Beatmungsmaske am Gerät gelöst hatte. Er wurde wieder befestigt. Endlich bekam sie wieder Sauerstoff und konnte richtig atmen“, sagte die Tochter und fügt hinzu: „Ein Glück, dass meine Mutter wieder einen Schutzengel hatte.“

Anklagend fragt sie, ob überhaupt genügend Pflegepersonal auf der Station war. „Das darf auf keinen Fall noch mal passieren.“

Kliniksprecher Kimstädt kann die Aufregung der Tochter nicht nachvollziehen. Es gebe regelmäßige Kontrollgänge, innerhalb von wenigen Minuten nach dem Klingelrufen seien die Pfleger beim Patienten. Das sei auch in diesem konkreten Fall so gewesen.

Klinik: Personelle Versorgung auf der Station normal

„Es bestand aber zu keiner Zeit Lebensgefahr für die Patientin.“ Hätte die Patientin künstlich beatmet werden müssen, wäre sie ja noch auf der Intensivstation gewesen, betont Kimstädt. Vielmehr verfügte sie über ein Heimbeatmungsgerät. Der Ausfall eines solchen Gerätes könne für den Patienten unangenehm sein. „Ein Ausfall stellt aber auch über einen längeren Zeitraum keine Gefährdung für die Patienten dar, weil es die Atmung des Patienten nicht ersetzt, sondern unterstützt.“

Die Klinik werde den Fall aber in aller Ruhe mit der Patientin und ihren Angehörigen besprechen. Die personelle Versorgung auf der Station sei normal und angemessen. Es seien zwei Pflegekräfte für 23 Patienten im Einsatz gewesen. „Die Patienten sind in den Regio Kliniken sicher aufgehoben.“

Allerdings soll der Betriebsrat unabhängig von diesem Fall noch für diese Woche ein Gespräch mit Klinikleitung und Ärzten über den Bereitschaftsdienst und die Notaufnahme in Wedel vereinbart haben.

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