Stadtwerke schließen bundesweit ersten Kooperationsvertrag mit der Telekom und nutzen deren aufgerüstetes Netz

Wedel. Jetzt steigen auch die Stadtwerke Wedel in den lukrativen Markt von Internet-, TV- und Festnetztelefondienstleistungen ein. Dabei geht die Rolandstadt jedoch einen Sonderweg. Anders als beispielsweise die Werke in Pinneberg, Barmstedt oder Halstenbek investiert Wedel nicht in ein eigenes Glasfasernetz, sondern setzt als Kooperationspartner der Telekom auf deren Vectoring-Technik. „Das Investitionsvolumen ist für uns deutlich geringer, das Risiko überschaubar“, sagt dazu Stadtwerkeleiter Adam Krüppel.

Fünf Jahre hätte das stadteigene Unternehmen überlegt, welche Variante für Wedel die richtige sei. „Für den Aufbau eines eigenen Glasfasernetzes hätten wir 40 Millionen Euro investieren müssen“, erläutert der Stadtwerkechef. Diese Summe wäre kaum wieder einspielbar gewesen. „Bezogen auf unsere Bilanzsumme hätte uns keine Bank das finanziert“, so Krüppel weiter. Daher hätte die Stadt als Eigentümerin der Werke in Vorleistung treten müssen.

Vor zwei Jahren sei der erste Kontakt zur Telekom entstanden. Krüppel: „Für das Unternehmen ist es ein neues Geschäftsfeld. Wir sind bundesweit das erste Stadtwerk, das auf diesem Gebiet als Partner der Telekom agieren darf.“ Die Investitionssumme für die Stadtwerke betrage 500.000 Euro.

„Wir haben einen Kooperationsvertrag mit der Telekom geschlossen und werden als Reseller agieren.“ Das bedeute, dass die Stadtwerke das Netz der Telekom nutzen und eigene Produkte über dieses Netz vertreiben dürfen. Eine exklusive Nutzung beinhalte der Vertrag jedoch nicht. „Wir sind einer der Mitbewerber auf diesem Gebiet“, so formuliert es Krüppel.

Laut dem Vertrag können die Stadtwerke Kunden in Wedel und Holm versorgen. Zum vereinbarten Gebiet gehören auch Teile von Hetlingen sowie die Hamburger Stadtteile Rissen, Iserbrook, Sülldorf und Blankenese. Die Leistungen unter dem Namen „WedelNet“ können voraussichtlich ab Ende 2015/Anfang 2016 angeboten werden. Surfen ist mit bis zu 50 Mbit, in einigen Bereichen sogar mit bis zu 100 Mbit möglich. Die Preise, die von den Stadtwerken Wedel für das Paket aus Internet, Telefon und TV aufgerufen werden, stehen noch nicht fest. „Wir sind in der Endkalkulation. Sobald genaue Preise feststehen, werden wir sie kommunizieren.“ Dann sei auch der Abschluss von Verträgen möglich. Ab sofort würden die Stadtwerke jedoch Interessenbekundungen möglicher Kunden entgegen nehmen. „WedelNet“ werde als eigene Sparte der Stadtwerke betrieben, nicht als eigenständiges Unternehmen.

Bevor es losgehen kann, muss zunächst die Telekom das Breitbandnetz mit der Vectoring-Technologie ausbauen. Für diese Technik werden Glasfaserkabel bis zu den Hauptkabelverzweigern verlegt. Von dort an kommt Vectoring zum Einsatz, das heißt, dass die vorhandenen Kupferkabel ertüchtigt werden. Auf diese Weise kann die Geschwindigkeit vervierfacht werden. Der Vorteil dieser Methode ist, dass keine Glasfaserkabel in die Häuser verlegt werden müssen, was extrem aufwendig und teuer ist. Beim Vectoring kann der bisherige Hausanschluss inklusive der Verteilerdose genutzt werden.

„Von der Telekom-Verteilerdose an übernehmen wir die Installation“, erläutert Krüppel. Die Stadtwerke würden den Kunden notwendige technische Geräte wie etwa Router zur Verfügung stellen und diese auch anschließen. „Wenn wir das Haus verlassen, funktioniert alles“, wirbt Krüppel. Die Stadtwerke würden einen Kundendienst anbieten, der sieben Tage die Woche rund um die Uhr erreichbar sei. „Wir kommen auch Heiligabend, wenn es ein Problem gibt.“ Sollte das Problem jedoch netzbedingt sein, müsse es von der Telekom behoben werden. „Die Kunden profitieren davon, dass wir als Stadtwerke durch den Ortsvorteil mehr Service anbieten können“, sagt Heike Witzel, die Projektleiterin der Stadtwerke Wedel.

Die Entscheidung für eine Kooperation mit der Telekom wird auch von Bürgermeister Niels Schmidt begrüßt. „Ich freue mich, dass unsere Stadtwerke mit diesem Projekt einen nachhaltigen Beitrag zur Verbesserung unserer Infrastruktur leisten.“ Die Attraktivität Wedels als Wohn- und Wirtschaftsstandort werde weiter steigen, wenn eine flächendeckende Versorgung gewährleistet sei. „In einigen Bereichen wie etwa dem Moorweggebiet ist die bisherige Versorgung nicht mehr zeitgemäß.“ Michael Kissig, CDU, der Aufsichtsratsvorsitzende der Stadtwerke, hebt die große Chance hervor, die das neue Geschäftsfeld für die Stadtwerke bedeuten kann. „Dennoch muss sich die Investition unter dem Strich rechnen.“ Dank des überschaubaren Investitionsvolumens sei das Risiko gering.