Vielerorts wird verzweifelt nach Flüchtlingsunterkünften gesucht. In Bönningstedt preist Politikerin Wohnung vergeblich an

Bönningstedt. Die Wohnung steht leer, ist 126 Quadratmeter groß, hat 4,5 Zimmer, zwei Bäder und eine geräumige Küche. Gegenüber sind Kindergarten und Grundschule. Darum wäre sie ideal, um eine Flüchtlingsfamilie aufzunehmen, dachte sich Resy de Ruijsscher und bot sie im Juni vorigen Jahres ihrer Heimatgemeinde Bönningstedt zur Anmietung an. Doch dazu kam es nicht. Die Bedingungen, die die Vermieterin stellte, seien für die Gemeinde unannehmbar gewesen, heißt es dazu in einem schriftlichen Vermerk der Stadtverwaltung Quickborn, der dem Abendblatt vorliegt. Auch ein zweites modifiziertes Mietangebot von Resy de Ruijsscher, das die Warmmiete von 1260 auf 1800 Euro im Monat erhöhte und die Kündigungsfrist von drei auf einen Monat verkürzte, konnte nicht akzeptiert werden, heißt es in dem Papier.

Die Bönningstedter Fraktionschefin der Grünen, die auch dem Kreisverband der Grünen vorsitzt, kann das nicht verstehen. Sie wollte nur helfen und sei dem Aufruf des Bürgermeisters Peter Liske gefolgt, der Mitte 2014 die Bönningstedter aufforderte, Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. Nun plane sie, die Wohnung direkt an eine Flüchtlingsfamilie zu vermieten, wie dies in Kaltenkirchen gehandhabt werde. „Dann ist die Gemeinde raus, und ich trage das Risiko allein.“ Um den Zeitablauf und den gegenseitigen Schriftverkehr zwischen ihr, der Verwaltung und dem Bürgermeister nachvollziehen zu können, gestattete sie dem Abendblatt Einblick in die umfangreiche E-Mail-Korrespondenz in dieser Sache, aus der mit ihrem Einverständnis hier zitiert wird.

Demnach bot sie die Wohnung in dem alten Bauernhaus ihres Mannes am 23. Juni der Gemeinde zur Anmietung an. Am 9. Oktober stimmte der Bönningstedter Gemeinderat der Anmietung zu, wobei de Ruijsscher wegen persönlicher Befangenheit an der Abstimmung nicht teilnahm. Nach einer Ortsbesichtigung mit der Quickborner Verwaltung einigten sich die Beteiligten auf eine Nettokaltmiete von 760 Euro monatlich zuzüglich von 500 Euro für Neben-, Betriebs- und Heizkosten. Ende November schickte de Ruijsscher daraufhin ihren Mietvertragsentwurf an die Quickborner Verwaltung.

Diese antwortete ihr sofort am nächsten Morgen und teilte ihr und ihrem Mann mit, dass ein bestimmter Passus im Vertrag „so nicht zu akzeptieren“ sei und geändert werden müsse. Damit waren jene Bedingungen gemeint, die als sonstige Vereinbarungen in das Vertragswerk aufgeführt waren: „Die Wohnung wird zum Zweck der Unterbringung einer Flüchtlingsfamilie vermietet. Die Wohnung wird maximal von sieben Personen bewohnt. Ein Bewohnerwechsel findet nur in Absprache mit dem Vermieter statt.“

Das berge die Gefahr, dass die Gemeinde die angemietete Wohnung nicht nutzen könnte, wenn ihr vom Kreis Pinneberg keine Familie, sondern nur Einzelpersonen zugewiesen würden, wie dies bislang überwiegend der Fall sei, argumentierte die Verwaltung. „Die Gemeinde muss – sofern nicht zeitnah eine siebenköpfige Familie bereitsteht – die Möglichkeit haben, vorübergehend andere Flüchtlinge dort unterzubringen, um einen längeren Leerstand zu vermeiden.“ Zudem habe „unser Gemeinwesen die Verantwortung und Pflicht, allen zugewiesenen ausländischen Flüchtlingen – unabhängig, ob es sich um Familien oder Einzelpersonen handelt – geeigneten Wohnraum zur Verfügung zu stellen.“

Weil zwei Räume nur durch Schiebetüren getrennt sind, böte sich die Wohnung aber eher für eine Familie an, so de Ruijsscher. „Die Unterbringung von Einzelpersonen, quasi als Sammelunterkunft, halten wir nicht für sozialverträglich.“ Um eine Familie könne sie sich noch kümmern. Bei sieben einzelnen Personen sei das nicht mehr möglich. Dass der Bewohnerwechsel nur in Absprache zu erfolgen habe, sollte „kein Vetorecht“ sein, betont de Ruijsscher. „Ich bin doch kein Miethai.“ Vielmehr habe sie sicherstellen wollen, dass nicht plötzlich andere Personen dort untergebracht würden. „Die Wohnung sollte kein Verschiebebahnhof werden.“

Da beide Seiten auf ihren Positionen beharrten, kam es nicht zum Vertragsabschluss. Das fand de Ruijsscher sehr bedauerlich, da sie aus guter Quelle wusste, dass Bönningstedt nun tatsächlich eine siebenköpfige Familie aus Syrien zugeteilt wurde, die nun in einer Wohnung in Elmshorn untergebracht werden musste. Im Februar wagte sie einen weiteren Vorstoß, indem sie die Wohnung doch für bis zu sechs einzelne Flüchtlinge anbot. Da sie dafür aber umbauen und einige Wände einziehen müsste, wollte sie dafür 300 Euro Warmmiete pro Monat für jede der sechs Personen haben. Wegen dieses höheren Preises habe sie die Kündigungsfrist auf einen Monat gesenkt, damit die Gemeinde flexibler handeln und notfalls kurzfristig kündigen könnte, wenn sie davon keinen Gebrauch mehr machen wollte.

Doch auch das könnte für die Gemeinde bei einer plötzliche Kündigung durch den Vermieter nach hinten losgehen, warnte die Verwaltung, „weil die Gemeinde aufgrund der außerordentlich kurzen Frist mit hoher Wahrscheinlichkeit die Asylbewerber wieder pensionsähnlich unterbringen muss“. Dieses Argument wundert nun wiederum Resy de Ruijsscher: „Warum sollte ich das tun, wenn ich gerade so viel Geld in die Renovierung der Wohnung investiert hätte.“

Fakt ist, dass die Gemeinde Bönningstedt wie auch alle anderen Kommunen im Kreis sich verpflichtet hat, alle ihnen zugeteilten Flüchtlinge möglichst in ihren Ortsgrenzen unterzubringen. Das sei bislang für acht der 24 Flüchtlinge gelungen, sagt Bürgermeister Liske. Bis Ende April könnte es komplett umgesetzt sein, wenn die vier bereits angemieteten Wohnungen alle möbliert seien.