Heute vor einem Jahr ermordete Lukas M. die zwei Jahre ältere Lisa Marie B., die er aus der Jugendfeuerwehr kannte

Tornesch. Heute vor einem Jahr wurde in Tornesch die 18-jährige Lisa-Marie B. ermordet. 365 Tage, nachdem zunächst das Verschwinden des Mädchens und später der Fund ihrer Leiche die Stadt erschütterte, ist diese auf dem besten Wege, die schreckliche Tat zu verdrängen und zu vergessen. Nichts erinnert vor Ort mehr an das Geschehen vom Frühjahr 2014.

Es war der 19. März, als der damals 16 Jahre alte Lukas M. die ihm aus der Jugendfeuerwehr bekannte Lisa Marie B. in sein Haus – nur wenige Meter von der Feuerwache Ahrenlohe entfernt – lockte und sie von hinten erwürgte. Die Leiche versteckte er auf einem Feld hinter dem Grundstück der Familie. Obwohl dort in den Tagen nach Lisa Maries Verschwinden intensiv gesucht wurde, fanden Einsatzkräfte die Tote erst am 24. März. Am gleichen Tag nahmen die Ermittler Lukas M. als Täter fest, der den Mord schnell gestand.

Das Todeshaus soll weiterhin von der Familie M. bewohnt sein. Der Täter selbst war im Oktober in einem nicht öffentlichen Jugendverfahren vom Landgericht Itzehoe zu neun Jahren Jugendstrafe und einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus verurteilt worden. Er habe sich des Mordes aus Heimtücke schuldig gemacht, befanden die Richter damals. Das Urteil wurde sofort rechtskräftig.

Auf dem Computer des 16-Jährigen waren Videos entdeckt worden, in denen Frauen aus sexuellen Motiven bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt werden. Lukas M. war bereits mehrfach vor der Tat durch Würgeattacken auf Mitschüler aufgefallen. Drei Opfer wurden im nicht öffentlichen Prozess vernommen, ein Vorfall davon soll ebenfalls schwerwiegend gewesen sein.

Zwei Gutachter hatten den 16-Jährigen in dem Verfahren als weiterhin gefährlich bezeichnet und die Aussichten für eine erfolgreiche Therapie skeptisch beurteilt. Derzeit befindet sich Lukas M. in einer geschlossenen therapeutischen Klinik, die auf jugendliche Sexualstraftäter spezialisiert ist. „Die Einrichtung liegt in Mecklenburg-Vorpommern“, teilt Oberstaatsanwalt Uwe Dreeßen von der Staatsanwaltschaft Itzehoe auf Anfrage mit. Weitere Angaben dazu würden nicht gemacht.

Vor einem Jahr saß der Schock bei den Feuerwehrkameraden in Tornesch tief. Sogar das traditionelle Osterfeuer, das ein paar Wochen später entzündet werden sollte, wurde abgesagt. In diesem Jahr findet die Traditionsfeier am Karfreitag wie gewohnt statt. Die Kameraden beider Ortswehren in Esingen und Ahrenlohe werden gegen 19 Uhr das Osterfeuer auf den Parkflächen der Esinger Wache entzünden.

„Eine Gedenkfeier für Lisa Marie soll es am Jahrestag nicht geben, darauf haben wir uns mit der Stadt Tornesch verständigt“, sagt Wehrführer Dirk Lolies. Die Tornescher Feuerwehr habe 2014 nicht nur Lisa Marie verloren, sondern auch zwei weitere Kameraden. Allen dreien sei auf der Jahreshauptversammlung mit Gebeten und Gedenkminuten gedacht worden. Auch auf der Jahreshauptversammlung des Kreisfeuerwehrverbandes (KFV) im März 2015 fiel der Name Lisa Marie – als die Namen aller toten Kameraden aus dem Kreis Pinneberg vorgelesen wurden.

„Wir versuchen, die Routine von früher wieder reinzubekommen, dass wir sagen, wir machen alles, was wir früher auch gemacht haben“, hatte Vater Nico B. unmittelbar nach der Urteilsverkündung in einem Fernsehinterview gesagt. Ob das gelungen ist, überhaupt gelingen kann? Am Mittwoch war die Familie für eine telefonische Anfrage nicht erreichbar.