Wegzug, Verzicht auf Kinder oder Arbeit – Kreiselternbeirat schlägt Alarm nach Umfrage. Nächste Erhöhung im August

Kreis Pinneberg. Drei Hilferufe in drei Wochen: Bei Nadine Mai melden sich immer mehr verzweifelte Eltern, die Unterstützung beim Kreiselternbeirat suchen. Mai ist stellvertretende Vorsitzende des Gremiums. „Das sich so viele melden, ist neu“, stellt Mai fest. Während die Zahl der Anrufer zunimmt, ist das Problem immer das gleiche. Es geht um die Betreuungskosten im Kreis Pinneberg, unter denen die Eltern leiden. Zu den in der Metropolregion ohnehin hohen Mietpreisen kommen die aus Sicht der Eltern viel zu hohen Kosten für die Kinderbetreuung. Oft kommt eine Summe zusammen, die manches Paar fast verzweifeln lässt.

Die Folge ist laut Kreiselternbeirat, dass Eltern wegziehen oder auf weitere Kinder verzichten. Einige würden ihren Job ganz aufgeben, andere ihre Arbeitszeit so reduzieren, dass sie Zuschüsse zu den Kita-Kosten bekommen und am Monatsende mehr auf dem Konto haben, als wenn sie voll arbeiten. „Das ist ein volkswirtschaftlicher Irrsinn“, sagt Mai. Was sie bislang nur durch persönliche Schilderungen von Eltern wusste, hat der Kreiselternbeirat durch eine Umfrage nun schriftlich vorliegen.

„Das Ergebnis zeigt, was wir bereits seit längerem spüren“, so Mai. Von den 160 Elternpaaren, die sich an der Umfrage beteiligten, gebe jedes zweite an, sich kein weiteres Kind leisten zu können. Laut Mai, die besonders mit Blick auf Wedel die Bögen ausgewertet hat, denken 25 Prozent der befragten Eltern wegen der hier höheren Betreuungskosten sogar über einen Umzug nach Hamburg nach.

Was die Umfrage nicht berücksichtigt und was die Situation die Eltern im Kreis Pinneberg noch verschärfen wird, ist die ins Haus stehende Erhöhung der Kita-Gebühren. Der Kreis Pinneberg, der den Städten und Gemeinden eine Richtlinie an die Hand gibt, hat kürzlich die neuen Sätze für die rund 11.730 genehmigten Kita-Plätze im Kreis verschickt. Für einen Ganztagsplatz müssen Eltern demnach ab dem 1. August 296Euro pro Monat zahlen. Das sind drei Euro mehr als bislang.

„Die Erhöhung in diesem Jahr ist relativ hoch“, räumt Oliver Carstens als Sprecher der Kreisverwaltung ein. Allerdings orientiere sich die Gebühr am Verbraucherpreisindex und der sei im Vergleich zu den Vorjahren eben höher. „Diese Anpassung wird in Elternkreisen sicher zu Unmut führen. Es ist damit zu rechnen, dass erneut die Frage aufgeworfen wird, ob das Erhöhungssystem und die Elternbeiträge noch korrekt sind“, sagt Carstens. Doch die Erhöhung der Elternbeiträge sei nicht zu verhindern, da zudem die laufenden Kosten bei den Kita-Trägern stiegen.

„Die Belastungen sind unproportional verteilt und viel zu hoch für Normalverdiener“, kritisiert Mai. Für die Betreuung von zwei Kindern in der Zeit von 8 bis 17 Uhr plus Essengeld zahle eine Familie 800 Euro pro Monat, rechnet sie am Beispiel Wedel vor. Aufgrund der angespannten Haushaltslage der Stadt durch weggebrochene Gewerbesteuereinnahmen in Millionenhöhe beschlossen die Politiker hier Einschnitte, die die Kita-Eltern zusätzlich zu der Erhöhung durch den Kreis belasten.

Unter anderem wurde der Beitrag für die Mittagsversorgung angehoben und Zusatzkosten für die Ganztagsbetreuung von mehr als acht Stunden beschlossen. Allein Letzteres kostet die Eltern pro Kind und pro angebrochener halber Stunde 27 Euro extra. „Wedel gehört mit diesen Gebühren zu den Spitzenreitern in Schleswig-Holstein“, kritisiert Mai, die sich mit anderen Eltern gegen die Beitragserhöhung wehrt, Demos und Aktionen organisiert. Bislang mit überschaubarem Erfolg.

Laufen dem Kreis Pinneberg wirklich die Eltern weg, besonders da Hamburg mit einer kostenlosen Fünfstundenbetreuung lockt und der Kreis auch im Vergleich zu anderen Städten wie Neumünster oder Itzehoe, wo Eltern nur annähernd die Hälfte zahlen, für Familien viel teurer ist?

Carstens verweist darauf, dass man den Kreis Pinneberg schlecht mit Hamburg vergleichen könne. „Hamburg ist als Stadtstaat vom Finanzierungssystem völlig anders aufgestellt“, sagt er. Im Kreis werden die Kosten eines Kita-Platzes durch Land, Kreis und Gemeinde finanziert. Hinzu kommen die Elternbeiträge, die in der Regel nicht höher als 33 Prozent der Gesamtkosten betragen sollen. Laut Kreisverwaltung liegen sie in Pinneberg und Wedel bei etwa 35 Prozent. Außerdem seien die Kosten für einen Kita-Platz in der Metropolregion allgemein höher als in der Hansestadt.

In Wedel steht das Thema am Mittwoch, 25. März, wieder zur Debatte. Dann befasst sich der Bildungsausschuss in seiner Sitzung in der Rist-Mensa, Am Redder, von 19 Uhr an mit der Beitragsordnung und der Erhöhung der Kita-Gebühren in der Stadt.